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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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würde er sein Leben teuer verkaufen.
    Es schien ihm eine Unendlichkeit zu dauern, bis er das Gemäuer zwischen dem Gebüsch endlich ausmachen konnte. Zweimal verlor er den Beutel und musste zurückkriechen. Als er die rechteckigen, bemoosten Steine endlich mit den Händen ertasten konnte, war ihm schwarz vor Augen. Keuchend blieb er liegen, ruhte eine kleine Weile aus, dann schleppte er sich über Wurzeln und gefallene Stämme, um sich vor dem höchsten, noch stehenden Mauerrest zu verschanzen. Auf dem Bauch liegend, den Schwertgriff mit der Rechten umklammernd, wartete er auf den Kampf, der wohl sein letzter sein würde.
    Er musste eingeschlafen, oder in einem Fiebertraum versunken sein, denn er schrak heftig zusammen, als plötzlich eine helle Stimme neben ihm erklang.
    »Meine Güte - fast wäre ich tatsächlich meiner Wege gezogen. Wieso verkriecht Ihr Euch in diesem muffigen Gemäuer?«

Kapitel 5
    Die Sonne war schon untergegangen, und das letzte, schwache Tageslicht ließ den Wald in Dämmerung versinken - war das der Grund, dass er solche Mühe hatte, sie zu erkennen? Auf jeden Fall starrte er sie mit solch ungläubigem Entsetzen an, dass sie erschrak.
    »Brianna«, flüsterte er. »Du?«
    Sie warf ihre Last auf den Boden und setzte sich auf einen halbhohen Mauerrest, der mit einem weichen Polster aus Moos bewachsen war.
    »Wen habt Ihr erwartet? Die Königin von England?«
    »Gewiss nicht …«
    Wieso fasste er jetzt sein Schwert und sah angestrengt in alle Richtungen? War das Fieber schon so heftig gestiegen, dass er Wahnvorstellungen hatte?
    »Wo sind deine Kumpane? Ich weiß, dass du nicht allein bist.«
    Er sprach mit schwerer Zunge, und sie beschloss, ihm das Gerede nicht übelzunehmen, es war klar, er fantasierte.
    »Lasst Euch nicht stören, ich bin gleich wieder da.«
    Sie schnürte eines der beiden gut gefüllten Bündel auf und brachte eine irdene Kanne und einen Topf zum Vorschein, damit lief sie zum Bach hinunter, um Wasser zu schöpfen. Als sie zurückkehrte, lag er noch in der gleichen Stellung am Boden, die rechte Hand am Griff seines Schwertes, in seinen Zügen war allergrößte Verwirrung zu lesen.

    »Mir scheint, Ihr hattet wilde Träume, Angus«, meinte sie schmunzelnd und füllte einen Becher mit kühlem Bachwasser. »Trinkt, das wird fürs erste helfen.«
    Er leerte fast die halbe Kanne, denn sein Fieberdurst war groß. Dann sah er schweigend zu, wie sie Brot, Käse, Äpfel und ein Säckchen mit Hafer aus einem der Bündel hob und loses Gestein zu einem Kreis legte, um ein Feuer zu entzünden.
    »Es tut mir leid …«, hörte sie ihn heiser stammeln. »Ich hätte dir vertrauen sollen …«
    Sie brauchte einige Augenblicke, um seine Worte zu begreifen. So war das also! Der Herr Ritter hatte angenommen, sie sei mit seinen Münzen auf- und davongelaufen.
    »Wenn ich Euch hätte betrügen wollen, dann hätte ich schon den ganzen Beutel mitgenommen und nicht nur ein paar lumpige Pennys«, schimpfte sie erbost. »Aber Ihr seid wie alle Männer Eures Standes, eine Bardin ist in Euren Augen nur eine geldgierige Person, die weder Ehre noch Treue kennt und sich mit jedem, der sie bezahlt, aufs Lager legt. Ist es nicht so?«
    »Es gibt Bardinnen, auf die deine Beschreibung gut passen würde«, meinte er kleinlaut.
    »Aber nicht auf mich, Herr Angus.«
    Er sah zu, wie sie Stein und Feuerstahl zusammenschlug und trockenes Laub zum Glimmen brachte und machte eine schwachen Ansatz, es ihr zu verbieten, doch sie hörte nicht auf ihn.
    »Ich will Euch einen Sud gegen das Fieber bereiten«, sagte sie energisch. »Und dazu Haferbrei, damit Ihr wieder auf die Beine kommt. Wer soll den Rauch schon sehen? Es ist fast Nacht.«
    Sie war ungeheuer stolz auf das, was ihr im Laufe
des Tages gelungen war, eigentlich hatte sie es ihm alles haarklein erzählen wollen, doch nun schwieg sie erst einmal beleidigt. Welch ein misstrauischer Bursche er doch war, es verletzte und enttäuschte sie. Während sie den Topf auf die heißen Steine setzte und etwas Brennholz nachschob, sah sie immer wieder zu ihm hinüber. Der Schein des Feuers fiel rötlich auf sein Gesicht und ließ es weniger bleich aussehen, doch die dunklen Schatten unter seinen Augen traten nur umso tiefer hervor. Ihr Ärger verging langsam. Immerhin - es tat ihm leid und er hatte sich entschuldigt. Wahrscheinlich hatte er seine Gründe, so misstrauisch zu sein, man wurde in diesem Leben häufig übers Ohr gehauen und nicht jeder, der sich freundlich gab,

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