Herzensstürme - Roman
begeistert zugehört, wenn Logan die Sackpfeife dazu geblasen hätte.«
Er schwieg und sah sie nachdenklich an. Glaubte er ihr vielleicht nicht? Was wusste ein Ritter schon vom Leben der Barden? Gar nichts. Aber immerhin hörte er ihr zu.
»Dann hast du also auch Ursache, vorsichtig zu sein«, meinte Angus nach einer Weile. »Denn falls dein Gefährte dich irgendwo findet, würde er dir wohl viel Ärger machen.«
»Er findet mich nicht«, sagte sie verächtlich. »Wie ich ihn kenne, liegt er noch in Conworth Castle auf dem Stroh und schläft seinen Rausch aus. Außerdem hat er kein Pferd und wird zu Fuß gehen müssen.«
»Richtig - du hast das Pferd, Brianna.«
»Allerdings«, gab sie rasch zurück. »Und ich gedenke nicht, es zu verkaufen.«
»Ich weiß, ich weiß …«
Seine grauen Augen blickten heiter, aber dahinter lag ein Ausdruck, der ihr sagte: Warte nur ab, ich habe noch lange nicht aufgegeben.
Das werden wir ja sehen, Herr Ritter«, dachte sie vergnügt, doch sie sagte nichts. Stattdessen kündigte sie an, dass sie sehr müde sei und jetzt gern schlafen wolle. Sie suchte sich einen Schlafplatz im Schutz der Mauer, der einige Schwertlängen von Angus entfernt war, legte ihre Bündel zurecht und wickelte sich in ihren Mantel.
»Gute Nacht, Brianna«, hörte sie ihn flüstern. »Und
habe Dank für alles, was du für mich getan hast. Ich bin noch nie zuvor einem Mädchen begegnet, das so gutherzig und so liebenswert ist, wie du es bist.«
Es war gewiss nur eine Schmeichelei, schließlich war er ein Ritter und kannte sich in solchen Dingen aus. Und dennoch klang es in ihren Ohren aufrichtig und zugleich auch so zärtlich, dass sie gerne gehofft hätte, er habe es ernst gemeint. Sie musste schlucken, um ihre Rührung zu verbergen, als sie dann antwortete, war ihre Stimme ein wenig heiser.
»Gute Nacht …«
Sie konnte nicht sofort einschlafen und lauschte noch eine Weile auf die Geräusche des nächtlichen Waldes, das Rascheln der kleinen Mäuse im Vorjahreslaub, das leise Knarren der Bäume, deren Kronen ein sanfter Nachtwind bewegte, das Knacken trockenen Geästs unter den vorsichtigen Tritten des Wildes. Als der Schlaf sie dann endlich seine dunkle, warme Decke über ihr ausbreitete, träumte sie allerlei verworrenes Zeug. Reiter kämpften gegeneinander, ihre bunten Waffenröcke flatterten über den dunklen Panzerhemden, die Spitzen ihrer Lanzen blitzten. Sie hörte die Kampfrufe und sah Pferde und Ritter stürzen, dann plötzlich stand der Barde Logan vor ihr, einen breiten Knüppel in der Hand und holte aus, um sie zu schlagen.
»Undankbares Balg«, kreischte er. »Ich habe dich aufgezogen und durchgefüttert - zum Dank dafür hast du mich bestohlen. Gib mir das Pferd zurück, du Luder!«
Sie stand wie festgenagelt, unfähig dem Schlag auszuweichen, der Knüppel traf sie mitten auf die Stirn, und sie hatte das Gefühl, in einen tiefen, schwarzen Abgrund zu stürzen. Stattdessen jedoch drang blendend
helles Licht an ihre Augen, sie blinzelte und fuhr auf ihrem Lager hoch.
Es war schon Tag, Sonnenflecken spielten im Laub der Baumkronen und schossen gleißend auf den Waldboden hinab. Dicht neben ihr hatten zwei Mäuse nach Brotkrumen gesucht, als sie sich bewegte, huschten sie blitzschnell in ihren Bau hinein, den sie zwischen den Mauerresten gegraben hatten. Brianna streckte wohlig die Arme und blickte sich dann suchend um.
»Angus?«
Die Stelle, wo er in der Nacht gelegen hatte, war leer. Auch das Schwert war fort, allerdings hatte er den Beutel mit dem Geld liegen gelassen.
»Verdammt!«
Sie raffte sich auf, nahm sich nicht einmal die Zeit, das dürre Laub aus ihrem Haar zu sammeln, und warf noch einen raschen Blick über die Lagerstelle, bevor sie davoneilte. Nein, er hatte nichts mitgenommen, weder Topf noch Becher, auch die Kanne stand noch an der gleichen Stelle, Käse, Brot und Hafersäckchen waren ebenfalls unberührt.
Es war nicht weit bis zum Waldrand, doch auch am Bachufer, dort, wo sie ihn gestern halb verschmachtet und fiebernd gefunden hatte, konnte sie Angus nicht entdecken. Keuchend vom raschen Lauf blieb sie stehen und sah sich nach allen Seiten um.
»Dieser Mistkerl. Schmeichlerischer Betrüger.«
Angus stand neben ihrem Pferd, das mit zusammengebundenen Vorderhufen unweit des Bachlaufs graste. Man sah es dem Ritter an, dass er noch recht unsicher auf seinen Beinen war, doch er strich dem Wallach sanft über Maul und Hals, und wenn sie sich nicht täuschte, redete er
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