Herzensstürme - Roman

Boden auf, dumpf schlug ihr Kopf gegen einen Stein.
    Einen Augenblick lang schien es ihr, als erzitterte das Gebirge unter einem mächtigen Erdbeben, die Felsen bröckelten, Staub wirbelte auf, Männer brüllten, keuchten, fluchten. Dann meinte sie Pferdehufe zu hören, und dunkle Reitergestalten flogen wie Schatten an ihr vorüber. Dann wieder vernahm sie nur noch das gleichmäßige Rauschen und Zischen des Bachlaufs.
    »Brianna, dummes, dummes Mädchen. Weshalb bist du nicht davongeritten?«
    Jemand hielt sie im Arm, strich ihr sanft über die Wangen, presste ein nasses, kaltes Tuch auf ihren schmerzenden Hinterkopf.
    »Bist du geblieben, weil du mir helfen wolltest?«, hörte sie ihn flüstern. »Hattest du keine Angst?«
    Etwas berührte warm ihre Lippen, sie spürte seinen heißen Atem in ihrem Gesicht und ihr schien, dass es Angus war, der sie jetzt fest mit beiden Armen umschloss und ihren Mund küsste.

Kapitel 7
    Als ihr Kopf sich langsam wieder klärte, fragte sie sich, ob es nicht ein Traum gewesen war. Angus saß drei Schritte von ihr entfernt am Boden, warf mit ungeduldigen Bewegungen kleine Steinchen in den Bach und als er feststellte, dass sie die Augen geöffnet hatte, verzog er das Gesicht.
    »Na endlich«, sagte er unfreundlich. »Wir müssen weiter - oder hast du geglaubt, ich trage dich bis nach Schottland?«
    »Natürlich nicht«, murmelte sie.
    Sie befühlte ihren Hinterkopf und stellte fest, dass sie eine Beule hatte. Es schmerzte noch, aber der Schwindel und das seltsam taumelige Gefühl waren verschwunden.
    »Versuch auf dein Pferd zu steigen«, befahl er.
    Er legte die Hände zusammen, um ihr einen Tritt zu formen, ansonsten hütete er sich, sie zu stützen, als habe er Furcht, sie zu berühren. Brianna hingegen stellte fest, dass sein Gewand an der Seite Blutflecke aufwies - vermutlich war die Wunde im Kampf wieder aufgebrochen.
    »Es geht mir gut«, meinte sie unsicher. »Wäre es nicht besser, Ihr würdet reiten?«
    »Nein.«
    »Aber ich kann laufen, es macht mir nichts aus. Und Ihr solltet …«
    »Tu was ich sage«, gab er mit harter Stimme zurück. »Wir haben schon genug Zeit verloren.«

    Sie schwieg beleidigt. Wieso war er so unfreundlich? War es vielleicht ihre Schuld gewesen, dass sie diese drei Galgenvögel trafen? Und überhaupt - wäre sie dem Burschen nicht in den Arm gefallen, dann hätte er Angus wohlmöglich erstochen.
    Aber das würde er vermutlich niemals zugeben, dazu war er zu eitel, der Herr Rittersmann.
    Sie überquerten einen Pass, und Brianna erblickte jenseits des Gebirges eine hügelige Landschaft, die im goldfarbigen Licht der Abendsonne glänzte. Sanfte Kuppen und Täler, kleine Kiefernwäldchen, weite, violettfarbige Flächen, auf denen das Heidekraut blühte.
    »Das ist also Schottland«, meinte sie ein wenig enttäuscht. »Es schaut nicht viel anders aus als England.«
    »Das sind nur die Lowlands«, sagte er und zog das Pferd talwärts. »In den Highlands oben ist das wirkliche Schottland. Manche mögen sagen, es sei karg und schroff, aber es ist ein ehrliches Land und in den weiten Seen spiegelt sich der Himmel.«
    »Kommt Ihr etwa von dort?«
    Er zerrte das Pferd voran und brummte vor sich hin, wozu sie solche unsinnige Fragen stelle, er habe ihr doch gesagt, woher er komme.
    Sie verbrachten eine ungemütliche Nacht am Fuß der Berge. Es war kaum noch etwas zu essen da, auch war es bitterkalt und dazu schien Angus’ Laune ausgesprochen düster. Er sprach kaum drei Worte mit ihr, überließ ihr den warmen Schlafplatz neben dem ausglühenden Feuer und legte sich ein gutes Stück von ihr entfernt nieder.
    Er tut ja gerade so, als sei ich aussätzig, dachte sie gekränkt, während sie sich fröstelnd in ihren Mantel
wickelte. Nun ja - morgen früh wird er wohl sowieso seiner Wege ziehen. Seinem Schicksal folgen, in das er mich auf keinen Fall mit hineinziehen will. Wie edelmütig von ihm.
    Sie drehte den Kopf auf die Seite, denn die Beule am Hinterkopf schmerzte, wenn sie darauf lag. Mit solch einem Sturz war nicht zu spaßen - er hatte ihr eine höchst peinliche und alberne Wahnvorstellung beschert. Angus war den Nachmittag über mehr als unfreundlich zu ihr gewesen, zweimal hatte er sie sogar angeherrscht, nicht herumzutrödeln - nie im Leben hatte dieser Mensch sie geküsst. Viel eher hätte er sie geohrfeigt.
    Als sie am Morgen von Vogelrufen und Sonnenstrahlen geweckt wurde, lag Angus noch immer lang ausgestreckt auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf