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Herzensstürme - Roman

Titel: Herzensstürme - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verschränkt. Schlief er?
    Sie setzte sich auf, blinzelte ins Licht und beschloss, sich nicht weiter um ihn zu kümmern. Stattdessen suchte sie die Flöte aus ihrem Bündel und begann, eine der vielen Melodien zu spielen, die ihr schon seit Tagen durch den Kopf gingen. Manche ihrer Weisen waren zu kompliziert für die kleine Flöte, die aus Knochen geschnitzt war, und nur wenige Tonlöcher hatte, doch Brianna war eine geübte Spielerin und wusste, wie man aus einem Instrument mehr herausholt, als ihm anzusehen ist.
    Die Vögel schienen Gefallen an ihren Weisen zu haben, hin und wieder mischten sich ihre Rufe in die Flötenklänge, dann versuchte sie, die Vogelstimmen nachzuahmen, doch die klugen Sänger ließen sich nicht täuschen. Angus lag immer noch auf dem Rücken, doch er schlief nicht mehr, sie konnte sehen, dass er ein Knie angezogen hatte.

    Wahrscheinlich ist er zornig, weil er sich meinetwegen mit diesen Burschen herumprügeln musste, dachte sie ärgerlich. Ja, es ist wohl besser, wenn jeder von uns seinen Weg allein weiterzieht. Weshalb fällt es mir nur so schwer, mich von ihm zu trennen? Ich muss verrückt sein.
    Sie blies eine langsame, schwermütige Weise und war ganz in ihre Musik versunken, als er plötzlich neben ihr stand.
    »Hör zu, Brianna …«
    Er sah zum Fürchten aus, die Stirn gerunzelt, die Lippen fest zusammengepresst, düster, als stünde er einem Feind gegenüber.
    »Ihr habt nachgedacht und wollt mir jetzt Euren Entschluss mitteilen«, nahm sie ihm den Wind aus den Segeln.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weil Ihr schon wieder »Hör zu, Brianna« sagt.« Ihr Spott stimmte ihn keineswegs milder. Er bedachte sie mit einem zornigen Blick, dann fuhr er fort.
    »Ich habe allerdings nachgedacht und zwar über dich. Ein Mädchen, das so einfältig und blauäugig ist, sollte auf keinen Fall allein durch die Gegend ziehen.«
    Sie riss die Augen auf, denn so hatte er sie bisher niemals beleidigt.
    »Herzlichen Dank für Eure Meinung, Herr Ritter«, sagte sie spitz. »Aber ich bin für mich selbst verantwortlich und werde …«
    »Nein«, fuhr er dazwischen. »Ich werde dich bis zu einem Marktflecken begleiten. Dort sind häufig Barden zu finden, und du kannst dich einer der Gruppen anschließen.«
    »Ach«, meinte sie gedehnt und tat erstaunt. »Es gibt also doch Barden in Schottland? Und mir sagte man,
die Schotten hätten sie alle zum Frühmahl in ihren Haferbrei gerührt.«
    »Du glaubst doch auch sonst nicht jeden Blödsinn, den die Engländer über uns erzählen«, gab er wütend zurück.
    Aha - er war ein Schotte. Also hatte er sie angelogen, als er sagte, er käme aus dem Süden Englands. Auch Angus war inzwischen bewusst geworden, dass er sich in seinem Zorn verplappert hatte, und er biss sich ärgerlich auf die Lippen.
    »Auf jeden Fall wirst du den Mantel überhängen und dein Haar mit einem Tuch verdecken, während wir unterwegs sind. Sonst haben wir nichts als Scherereien.«
    Er erinnerte sie plötzlich fatal an ihren Gefährten Logan. Wieso hatte sie das nicht gleich gemerkt, sie war vom Regen in die Traufe geraten.
    »Soll ich auch einen Buckel machen und mir das Gesicht mit Lehm beschmieren?«, fragte sie bissig.
    Sie sprang auf und humpelte wie ein altes Weib, krümmte die Finger und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Fassungslos sah er ihr zu.
    »Wenn ich so reise, brauche ich gewiss keinen Beschützer«, kicherte sie.
    »Einen Narrenführer brauchst du«, schimpfte er.
    »Da seid Ihr doch genau der Richtige.«
    »Genug!«, warnte er. »Wenn du willst, dass ich dich begleite, dann tu, was ich dir gesagt habe.«
    »Ich gehorche, Herr Angus«, sagte sie mit einer gespielt tiefen Verneigung.
    »Und gewöhne dich daran, mich »Angus« zu nennen und »du« zu sagen.«
    »Immer, oder nur wenn Leute bei uns sind?«
    Er gab keine Antwort, sondern ging davon, um das
Pferd zu holen. Brianna entschied, dass es genügte, den Mantel umzulegen und das Haar zu einem dicken Zopf zu flechten - falls sie jemanden trafen, konnte sie immer noch die Kapuze über den Kopf ziehen. Er ließ sie gewähren, half ihr aufs Pferd und ging nebenher, bemüht, sie so wenig wie möglich anzusehen. Ihr Angebot, später eine Wegstrecke zu Fuß zu gehen, damit auch er eine Weile reiten könne, lehnte er kurz angebunden ab - sie liefe viel zu langsam und trödele ständig herum.
    »Dann eben nicht«, sagte sie mürrisch.
    Stattdessen begann er, ihr Ratschläge zu erteilen, wie sie in Zukunft Gefahren meiden

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