Herzensstürme - Roman
sie Brianna sahen, schlugen sie rasch die Augen nieder und ließen die Köpfe hängen, so dass man die hellen Tonsuren auf ihren Schädeln sah. Sie legte rasch das Tuch über ihr Haar und band es fest, ärgerlich, dass ihr diese Maßnahme nicht früher eingefallen war.
Auch der kleine, gebeugte Klosterabt, der sie am Eingang des Hauptgebäudes empfing, vermied es, den Blick allzu lang auf ihr ruhen zu lassen.
»Seid uns willkommen, Connor MacDean und Kelvin Donnley. Gott segne Eure Wege und auch die Zeit, die Ihr als Gast in unserem Kloster verbringt.«
Angus und Kelvin knieten nieder, wie die Sitte es erforderte, um den Ring des Abts zu küssen. Dann erhob sich Angus und schob Brianna nach vorn.
»Ich erbitte Euren Segen auch für meine Braut Brianna, Vater. Sie reitet mit uns in die Highlands und wird dort in wenigen Tagen meine Frau werden.«
Der Abt ließ sich sein Erstaunen nicht anmerken, wohl aber Kelvin, dem vor Verblüffung fast die Augen aus dem Kopf fielen. Doch Brianna kniete nieder, und die Greisenhände des alten Abts legten sich leicht wie Flaumfeder auf ihren Scheitel.
»Der Herr schütze dich, meine Tochter. Er sei mit dir in den Stunden des Lichts, und er gebe dir Kraft, durch die Dunkelheit zu gehen.«
Die Gäste erhielten eine einfache Mahlzeit im Refektorium, einem rechteckigen, von zwei Fackeln nur schlecht beleuchteten Raum, wo der Putz von den Mauern bröckelte und als einziger Schmuck ein hölzernes Kreuz an der Stirnseite angebracht worden war. Man saß auf niedrigen Hockern an einer langen Tafel, vermutlich nahmen hier zu anderen Zeiten die Mönche ihre Mahlzeit ein, jetzt jedoch waren die Gäste mit sich allein.
Der Raum schien Schweigen zu gebieten, und so sprachen sie nur leise miteinander. Kelvin schien bedrückt, er löffelte den Haferbrei aus der hölzernen Schale und gab auf Briannas Fragen nur einsilbige Antworten. Würden sie morgen schon das Gebirge erreichen? Vielleicht. Wie weit war es noch bis in die Highlands? Einige Tage. Würde Mathew Crow ihnen mit seinen Gewappneten bis dorthin folgen? Wenn nicht er selbst, dann taten es andere.
Hilfesuchend blickte sie zu Angus hinüber, der ihr ebenfalls recht wortkarg erschien.
»Je weiter wir nach Norden reiten, desto dichter ist das Netz unserer Freunde«, ermutigte er sie.
Er lächelte sie an, und sie spürte seine Liebe wie ein helles, warmes Licht in diesem düsteren Gemäuer. Natürlich durfte er sie hier nicht berühren, es hätte einer der Mönche, die ihnen die Mahlzeit brachten, hereinkommen und daran Anstoß nehmen können. Schließlich waren sie Gäste in diesem Kloster, und man wagte dort viel, um sie vor den Engländern zu verbergen. Doch weshalb fasste er nicht wenigstens ihre Hand unter dem Tisch, wo es niemand sehen konnte?
Auch Angus schien diesen Gedanken zu haben, denn er ließ seine Rechte in den Schoß sinken, schob sie langsam zu ihr hinüber, und Briannas Hand kam ihm entgegen. Zitternd erwartete sie die Berührung, gleich würde sie den kleinen Schrecken verspüren, wenn ihre Finger aneinanderstießen, das Herzklopfen, wenn seine Hand die ihre umschloss - da räusperte sich Kelvin so laut, dass man glaubte, ein Echo in dem kahlen Raum zu hören. Der Abt war eingetreten, kaum hörbar, denn er ging barfuß, und das Alter hatte seinen Körper ausgezehrt, so dass er leicht wie ein Vöglein war. Angus neigte freundlich den Kopf, doch er fasste Briannas Hand dennoch und hielt sie fest in der seinen, während der Abt sich einen Schemel herbeizog, um noch ein wenig mit seinen Gästen zu plaudern.
Staunend hörte der Mönch sich an, was Angus ihm zu erzählen hatte, lobte Gott für die glückliche Rettung und erklärte dann, dass auch er gute Nachrichten habe. Heute früh sei ihm berichtet worden, dass man Connors Bruder Gordon gesehen habe, er lebe und sei wohlauf.
»Aber wo steckt er?«, rief Angus aufgeregt.
Der Abt lächelte nachsichtig, denn er hatte wohl gesehen, dass der junge Ritter seine Braut heimlich an der Hand hielt, doch er tadelte ihn nicht.
»Er soll bei Inverness gewesen sein und inzwischen weiter hinauf in die Highlands reiten.«
»Bei Inverness?«, meinte Kelvin stirnrunzelnd. »Weshalb ist er so unvorsichtig - dort gibt es eine starke, englische Garnison.«
Connor lachte unbeeindruckt, und Brianna spürte, dass er froh und erleichtert war, denn er drückte ihre Hand so fest, dass sie Mühe hatte, sich nichts anmerken zu lassen.
»Gordon weiß, was er tut«, meinte Connor mit
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