Herzensstürme - Roman
betrachtete, das mit blank geputzten Eisenbeschlägen verziert war. Angus jedoch stieß die Pforte auf, ohne anzuklopfen, und
führte sie in den hell getünchten Raum, dessen Decke von drei geschnitzten Holzpfeilern gestützt wurde.
»Der verloren geglaubte Sohn kehrt zurück«, rief er heiter aus. »Ich grüße dich, Mutter!«
Brianna war einige Schritte hinter ihm stehen geblieben. Hatte sie diese hochgewachsene Frau in dem dunklen, faltenreichen Gewand nicht schon einmal gesehen? Sie riss sich zusammen und schüttelte die düsteren Bilder ab - es musste die Erschöpfung sein, die tagelange Anspannung. Himmel, sie begann schon Traum und Wirklichkeit miteinander zu vermengen.
»Connor, der Herr hat seine Hand über dich gehalten.«
Caja MacDean war keine Frau, die es gewohnt war, offen ihre Gefühle zu zeigen. Auch jetzt zwang sie sich, die Haltung zu bewahren, ihre Stimme war kräftig und klar, doch Brianna hörte sehr wohl die tiefe, innere Bewegung heraus. Angus schritt auf seine Mutter zu und nahm sie in seine Arme, und Brianna sah, wie Caja einen Moment die Augen schloss, als wolle sie auch jetzt noch ihre Empfindungen verbergen.
»Das tat er, Mutter. Obgleich ich nicht weiß, womit ich mir seinen Schutz verdient habe.«
»Vielleicht waren es meine Gebete, Connor.«
Sie löste sich rasch von ihm und wandte sich jetzt Brianna zu. Caja trug Haube und Gebende, die ihr Haar verbargen und nur das Gesicht frei ließen. Sie hatte angenehme Züge, ihre Augen waren grau, wie die ihres Sohnes, ihr Blick war freundlich, und doch schien er sehr tief zu dringen, und eine unausgesprochene Besorgnis lag in ihm.
»Ich habe Brianna nach Glenworth Castle geführt, Mutter«, sagte Connor und nahm Briannas Hand.
»Sie hat mich gepflegt, als ich dem Tode nahe war. Sie hat mir mit Mut und List beigestanden - ich verdanke ihr mein Leben.«
»Sei mir willkommen, Brianna«, sagte Caja, und in ihrem Lächeln lag jetzt eine warme Herzlichkeit. »Du hast mir meinen Sohn wiedergegeben - das ist ein kostbares Geschenk, für das kein Dank zu groß ist. Sei mir wie eine Tochter.«
Brianna wollte auf die Knie sinken, denn so ziemte es sich für eine Bardin, um den Dank der Burgherrin zu empfangen. Doch Angus legte rasch den Arm um ihre Schultern und hielt sie von dieser Geste ab.
»Das wird sie sein, Mutter. Ich bringe Brianna zu dir, damit du sie als deine künftige Schwiegertochter erkennst. Denn ich habe beschlossen, sie zu heiraten.«
Caja musste es geahnt haben, vielleicht noch im gleichen Augenblick, als sie beide den Raum betraten. Sie nahm die Nachricht zurückhaltend auf, widersprach Connor mit keinem Wort, doch sie wies vorsichtig darauf hin, dass die Entscheidung vor allem bei Connors Vater liege.
»Du musst Zauberkräfte haben, Brianna«, meinte sie dann heiter. »Denn bisher hat sich mein Sohn Connor stets allen Eheplänen widersetzt.«
»Es gibt nur einen einzigen Zauber, der mir zu Gebote steht«, erwiderte Brianna ernst. »Es ist der Zauber der Liebe, und Euer Sohn versteht sich darauf ebenso gut wie ich selbst.«
»Eine Ehe, die mit Liebe gesegnet ist, kann lang und glücklich sein…«
Cajas Worte klangen unbestimmt, auch hob sie die Stimme am Ende des Satzes, als wollte sie noch weitersprechen, sie tat es aber nicht. Eine solche Ehe
konnte glücklich sein - unter bestimmten Umständen. Unter anderen Umständen konnte eine solche Verbindung auch tragisch ausgehen.
«Malcolm ist zu Gavin MacMorris geritten und wird in wenigen Tagen zurückkehren - dann werden wir über dein Anliegen sprechen, Connor.«
»So wird es sein. Allerdings sollst du wissen, dass dies kein Anliegen, sondern ein fester Entschluss ist, von dem ich nicht abgehen werde.«
Caja schwieg daraufhin und ihrem Gesicht war nicht anzusehen, ob die energische Rede ihres Sohnes sie verstimmte, oder ob sie im Glück des Wiedersehens leicht darüber hinwegging. Sie wandte sich Brianna zu.
»Du wirst erschöpft von der Reise sein, Brianna. Es soll dir in unserer Burg an nichts fehlen, Speise und Trank, ein weiches Bett und Kleidung werden für dich vorbereitet. Nur gönne mir diesen Abend allein mit meinem Sohn, denn ich habe ihn lange entbehrt.«
»Aber gern, Lady.«
Was sollte sie auch dagegen einwenden? Brianna dankte der Burgherrin für die freundliche Aufnahme, doch sie spürte, dass ihre Worte kühl und förmlich klangen. Natürlich hatte Caja mit ihrem Sohn vieles zu bereden, das sie, Brianna, nichts anging. Aber ganz sicher wollte sie
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