Herzensstürme - Roman
Angus auch nach seiner Braut ausfragen, erfahren, wer sie war, woher sie kam und ob sie ihm überhaupt ebenbürtig sei. Brianna fühlte sich ausgeschlossen, ein bitteres Gefühl, das auch nicht verging, als Angus sie jetzt bei den Händen fasste, ihr voller Zärtlichkeit in die Augen blickte und lächelnd versicherte, sie morgen früh wiederzusehen.
»Ich werde dir meine Heimat zeigen, Brianna. Mach dich auf einen weiten Ritt gefasst, denn du
sollst sehen, wo ich mich als Knabe mit Gordon herumgetrieben habe.«
Er wagte es nicht, sie zu küssen, denn Caja machte keine Miene, sie miteinander allein zu lassen. Brianna war Gast in dieser Burg, aber dennoch kam sie sich wie eine Gefangene vor, über die Caja verfügte, wie es ihr gefiel. Und sie hatte das deutliche Gefühl, dass Caja über diese überraschende Heiratsankündigung nicht besonders glücklich war.
Ein junges Mädchen mit wildem rotem Lockenhaar wurde herbeirufen, um Brianna in das Gemach zu führen, das die Burgherrin ihr zugewiesen hatte. Die Kleine war nicht älter als elf oder zwölf, hatte hellblaue Augen mit rötlichen Wimpern und eine aufregende Ansammlung brauner Sommersprossen auf der hübschen, kindlichen Nase.
»Ich bin Jodie, und ich kann schon auf einem Pferd reiten«, schwatzte sie. »Das hat Gordon mir im Frühjahr beigebracht. Er hat gesagt, ich würde mich viel geschickter anstellen als meine Schwester Bonnie, die sei zu dick und deshalb fiele sie immer herunter.«
Sie hatte Brianna vertraulich bei der Hand gefasst und zog sie die Treppe hinauf.
»Er hat sie aber immer aufgehoben und getröstet«, erzählte die Kleine weiter. »Das kann er gut, ich glaube, Bonnie fällt nur deshalb vom Pferd, weil sie will, dass Gordon sie danach tröstet. Ich falle nie vom Pferd. Und wenn doch, dann kann ich allein wieder aufstehen.«
»Das ist klug von dir, Jodie.«
»Mama sagt, ich sei dumm und ungeschickt. Weil ich nicht stillsitzen und sticken mag. Stickst du gern, Brianna?«
»N … nein.«
»Mama findet, dass eine Frau weben, nähen und sticken muss. Dazu soll sie den Garten bestellen, alle Pflanzen kennen und sogar wissen, wie man einen Brei aus Gerste kocht. Bonnie kann tagelang nichts anderes machen, als an einem Teppich sticken - aber ich platze schon nach einer Stunde vor Langeweile …«
Das zweite Stockwerk des Turmes war durch hölzerne Wände in verschiedene Gemächer aufgeteilt, Vorhänge verschlossen die Räume, Türen gab es nicht. Hier wohnten einige bevorzugte Burgbewohner mit ihren Familien, die anderen lebten in den kleinen Gebäuden, die sich innerhalb der Burgmauern dicht aneinanderreihten. Brianna erfuhr von ihrer Begleiterin, dass ihr Vater Robin heiße und ein Getreuer des Burgherrn gewesen sei.
»Papa ist im Kampf für Schottland gefallen«, erklärte sie mit wichtiger Miene. »Es ist traurig, dass er nicht mehr bei uns ist, weil nämlich Mama immer nur zu Bonnie hält. Und die Großmutter - die ist sowieso unausstehlich.«
Jetzt erst wurde Brianna klar, dass sie nicht etwa ein Gemach für sich allein erhalten würde - man steckte sie in eine Familie. Als Jodie schwungvoll einen reichlich abgewetzten Vorhang beiseiteschob, blickte man in einen rechteckigen Raum, der von einigen Kienspänen und Hängelampen beleuchtet wurde. Es herrschte eine ziemliche Unordnung, Truhen waren aufgeklappt, Gewänder und angefangene Näharbeiten hingen über den Deckeln, Töpfe und Schalen standen auf dem Boden, auf einem Tuch waren zahllose Bündel mit bunten Fäden ausgebreitet. An der Schmalseite des Gemachs befand sich ein breites Bett, das mit Kissen und Polstern gut ausgestattet war, darin lag eine alte Frau und starrte Brianna
feindselig entgegen, als habe sie vor, ihr den Platz auf der Lagerstätte streitig zu machen.
»Willkommen«, sagte eine füllige Dame, die in ein Plaid gewickelt vor einer Truhe saß und nun geräuschvoll deren Deckel zuschlug.
»Vielen Dank«, murmelte Brianna. »Ich hoffe, es macht keine Umstände, dass ich heute Nacht hier unterkomme …«
»Überhaupt nicht. Sei willkommen bei uns, Brianna. Ich bin Moira, die Witwe des Robin Marlow.«
Es klang alles andere als erfreut, auch sah Moira den Gast mit einem langen, abschätzigen Blick von oben bis unten an und rümpfte dann ein wenig die Nase.
»Du siehst ja reichlich mitgenommen aus - der Ritt war sicher sehr anstrengend. Die Burgherrin hat mich gebeten, dir eines meiner Gewänder und auch Schuhe zu geben - du solltest dich aber besser vorher
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