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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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werden. Nicht alle von Ihnen, die heute hier sitzen, werden das Diplom bekommen.«
    Sofort hatte jeder im Saal den anderen verstohlene Blicke zugeworfen, als müßten die zum Scheitern Verurteilten durch ein Mal auf der Stirn gekennzeichnet sein; als könne man so im voraus erfahren, ob man bleiben und kämpfen oder lieber gleich das Feld räumen solle. Doch Ruth Shapiro {40} hatte das nicht abschrecken können. Im Gegenteil, je schwärzer die Vorzeichen, desto fester ihre Entschlossenheit.
    Als Ruth diese Gedanken jetzt durch den Kopf gingen und sie sich plötzlich bewußt wurde, daß sie in aller Ruhe in einer Kneipe saß und es sich gutgehen ließ, richtete sie sich mit einem Ruck auf, griff in ihre Handtasche und zog einen Stapel Karteikarten heraus. Sie streifte das Gummiband ab und las die Frage auf der ersten Karte. ›Nennen Sie die spezifischen Eigenschaften des B Lymphozytensystems.‹
    Hinten am Tresen sagte Rick Parsons gerade: »Warum ausgerechnet Afrika?« und Sondra blickte in den großen Spiegel hinter ihm, in dem sie ihre beiden Freundinnen sehen konnte. Mickey schien in einer Trance zu sein, und Ruth ging ihre Karten durch. Sondra wußte, daß es Zeit war, wieder zu ihnen zu gehen; die Eiswürfel in den Getränken begannen schon zu schmelzen.
    »Haben Sie Lust, sich zu uns zu setzen, Dr. Parsons?«
    »Rick, bitte. Ja, mit Vergnügen. Nur einen Augenblick. Ich will meine Jacke holen.«
    Sondra wartete, während er sich durch das Gedränge zu einem Ecktisch durchschlug, wo drei Männer und eine Frau, alle in weißen Jacken, beieinander saßen. Sie sah, wie er mit ihnen sprach, wie sie alle zu ihr herüberschauten, dann nickten und ihn winkend verabschiedeten. Einen Augenblick später kehrte er, eine Wildlederjacke über der Schulter, zu ihr zurück, und Sondra mußte sich eingestehen, daß sie ihn sehr attraktiv fand.
    »Es ist ein ziemlicher Schock, nicht wahr?« meinte Rick ein paar Minuten später, nachdem er und Sondra die Gläser abgestellt und sich zu Mickey und Ruth an den Tisch gesetzt hatten. »Ich meine, zu entdecken, daß hier in einer einzigen Stunde so viel Arbeit steckt wie am College in einer ganzen Woche. Das schmettert einen erstmal völlig nieder. Alle, wie sie hier sitzen«, sagte er mit umfassender Geste, »waren die besten ihrer Colleges. Sie marschieren selbstsicher und siegesgewiß hier ein, und dann – peng! – kommt das rüde Erwachen.«
    Sondra lachte. »Ich kam mir schon in der zweiten Woche vor wie die Königin aus
Alice im Wunderland,
die wie eine Verrückte rennen muß, nur um am selben Fleck zu bleiben.«
    »Gar nicht schlecht der Vergleich«, meinte Rick mit einem Blick auf Ruth, die ganz in ihre Karten vertieft war. »Eine einzige versäumte Vorlesung kann nicht aufgeholt werden. Wenn man nicht ständig auf Trab bleibt, ist man sofort weg vom Fenster.«
    Ruth klappte die nächste Karte um.
    {41}
    »Ist Ihre Freundin immer so?« fragte Rick Sondra. »Ab und zu darf man ruhig mal abschalten.«
    »Ruth schaltet nie ab. Sie ist die absolute Superfrau.«
    Ricks Blick wanderte zu Mickey. Schöne grüne Augen, dachte er, wenn sie sich nur das Haar nicht so weit ins Gesicht kämmen würde. Mickey, die seinen Blick spürte, senkte hastig den Kopf. Es war doch kein so guter Gedanke gewesen, hierher zu kommen. Da rückten einem die Leute zu nahe, sie paßte nicht hierher. Sie wollte in Ruhe gelassen werden, mit ihren Gedanken und Sorgen allein sein. Die Sezierübung am Nachmittag hatte Mickey an einer empfindlichen Stelle getroffen und Angst gemacht, und sie hatte diese Angst noch immer nicht überwunden.
    Der Leichnam auf ihrem Tisch war der einer etwa sechzigjährigen Frau gewesen. Sie war an Komplikationen gestorben, die im Anfangsstadium einer durch Pneumokokken hervorgerufenen Lungenentzündung aufgetreten waren. Was als einfache Infektion der oberen Atemwege begonnen hatte, hatte mit dem Tod geendet.
    Und gerade jetzt lag Mickeys Mutter mit einer Lungenentzündung darnieder. Im vergangenen Jahr war sie nach einem schweren Sturz, bei dem sie sich das Hüftgelenk gebrochen hatte, in das Pflegeheim übergesiedelt. Die Fraktur war, nachdem man die Knochen genagelt hatte, langsam verheilt, und Mrs. Long, eine aktive und bewegungsfreudige Frau, hatte mit Hilfe eines Laufstuhls langsam wieder gehen gelernt, doch vor nunmehr vier Wochen hatte sie ganz unerwartet eine schwere Lungenentzündung bekommen und seitdem fast fünfzehn Pfund abgenommen. Mickey hatte sie am vergangenen

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