Herzflimmern
flache Hand aus. Die Schwester legte ihr die Klemme hinein, und wieder hob Mickey automatisch die andere Hand. Diesmal packte Dr. Hill die erste Gefäßklemme und schlug ihr damit auf die Fingerknöchel.
»Noch mal«, befahl er.
Wütend starrte Mickey ihn an. Sie ließ die Klemme fallen, streckte die flache Hand aus, spürte, wie das Instrument auf ihren Handteller gedrückt wurde, und versuchte dann, ohne die linke Hand auch nur zu bewegen, ihre Finger in die Ringe zu schieben. Die Klemme fiel ihr aus der Hand, landete auf den keimfreien Tüchern, rutschte ab und schlug klirrend zu Boden.
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»Noch mal«, sagte Dr. Hill, sie mit kaltem Blick fixierend.
Die nächste Klemme fiel Mickey auf den Boden, sie bekam noch einen Schlag auf die Knöchel, aber beim sechsten Versuch gelang es ihr endlich, die Finger in die Ringe zu schieben.
»Bravo«, sagte Dr. Hill ironisch. »Das sind die falschen Finger.«
Am liebsten hätte sie ihm die Klemme ins Gesicht geschleudert und ihm gesagt, er könne ihr den Buckel runterrutschen. Statt dessen jedoch streckte sie wieder die Hand aus, erhielt die Klemme, schob eilig Daumen und Zeigefinger in die Ringe und senkte dann die Spitze zur Wunde hinunter.
»Na endlich.« Dr. Hill legte sein Instrument aus der Hand und sagte: »Der Vorteil beim McBurney Schnitt, Miss Long, ist, daß man den Muskel nicht zu schneiden braucht, man teilt ihn einfach.« Damit schob er die beiden ersten Finger jeder Hand in die Wunde, zog die Ellbogen hoch und die Wunde auseinander.
»Also, Miss Long, welcher Art sind die Krankheitserscheinungen bei akuter Appendizitis?«
Sie überlegte einen Moment, dann antwortete sie: »Unbestimmte Bauchschmerzen, die im allgemeinen im Epigastrum beginnen, Appetitverlust und Erbrechen. Nach einigen Stunden lokalisiert sich der Schmerz im rechten Unterbauch. Im allgemeinen nur leichtes Fieber. Häufig Muskelkrampf im rechten Unterbauch, eine Erhöhung der Leukozytenzahl und die Senkungsgeschwindigkeit kann –«
»Mit der Senkungsgeschwindigkeit arbeite ich bei meinen Appendizitis-Patienten nicht, Miss Long, sie ist im allgemeinen nicht diagnostisch.«
Während er in die Bauchhöhle griff, um den Wurmfortsatz zu suchen, sagte er: »Man muß hier sehr vorsichtig zu Werke gehen, wenn nämlich der Appendix zu mürbe ist, bricht er bei Beugung, und dann wird die Basis zuerst vom Zäkum getrennt anstatt umgekehrt.«
Nachdem das rosige, wurmähnliche Gewebestück entfernt war, nähte Dr. Hill den abgebundenen Appendixstumpf mit einer Tabaksbeutelnaht.
»Können Sie mir sagen«, fragte er dabei, »warum ich gerade dieses Nahtverfahren wähle und nicht ein anderes, Miss Long?«
»Ich würde denken, Doktor, wenn sich an der Stelle ein Abszeß bilden sollte, dann besteht bei dieser Naht eher die Chance, daß er sich, wenn er aufgeht, in das Zäkum entleert und nicht in die Bauchhöhle.«
»Sehr gut, Miss Long«, sagte er langsam. »Sie sind heller als die meisten.« Dann wandte er sich dem Anästhesisten zu. »Ich mach jetzt zu, Chuck.«
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»Herz und Atmung stabil, Jim«, kam es hinter dem Vorhang hervor.
»Nadel«, sagte Dr. Hill zur Operationsschwester und hielt ihr die geöffnete Hand hin. »Und geben Sie Miss Long die Schere. Wenn ich darauf warte, daß sie selbst danach fragt, stehen wir nächstes Weihnachten noch hier.«
Der Anästhesist stand hinter seiner Abschirmung auf und zog sich die Ohrenstücke des Stethoskops aus den Ohren. »Und was hältst du von diesem Filmmenschen, Jim?« fragte er. »Der hat das ganze Krankenhaus auf den Kopf gestellt.«
»Mich stört er nicht, solange er mir aus dem Weg bleibt.«
»Haben Sie seinen letzten Film gesehen?« fragte eine der Schwestern.
»Der hat Riesenwirbel verursacht. Es heißt, das Justizministerium hätte versucht, ihn zu verbieten.«
»Ich habe ihn gesehen«, brummte der Anästhesist. »Kommunistische Propaganda von vorn bis hinten, wenn Sie mich fragen.«
»Was ist es denn für ein Film?« fragte die Operationsschwester.
»Er heißt
Nam
. Es ist eine Dokumentation über den Krieg«, erklärte die andere Schwester. »Sehr drastisch, aber auch sehr schön. Er soll direkt an der Front gewesen sein, um die Aufnahmen zu machen. Der Krieg durch die Augen eines GI ’s gesehen.«
»Verdammt noch mal, Miss Long«, schimpfte Dr. Hill heftig, »Sie schneiden sie nicht kurz genug ab. Schwester, schneiden Sie bitte für mich.« Er riß Mickey die Schere aus der Hand und warf sie zornig auf den
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