Herzflimmern
Versöhnung bedeutete, wenn sie einen ihrer Dispute gehabt hatten.
»Ich weiß, daß du’s tun wirst, Mickey«, sagte er leichthin. »Du enttäuschst mich – du enttäuschst
uns
bestimmt nicht. So, und jetzt ab mit dir in den OP . Wir sehen uns dann um vier.«
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»Okay, Koko«, sagte er zu der polynesischen Operationsschwester und zwinkerte ihr zu. »Ich hoffe, Sie haben uns das Messer für heute richtig gewetzt.«
Das Mundtuch der Schwester verzog sich mit ihrem breiten Lächeln. Mit Gregg Waterman arbeiteten alle gern zusammen, er war immer freundlich, geduldig und fair. Und Mickey Long mochten die Schwestern, weil sie selten nervös war und eigenen Mangel an Erfahrung niemals damit zu kaschieren versuchte, daß sie die Schwestern anschrie.
»Das Messer bitte, Koko«, sagte Mickey ruhig, die rechte Hand ausgestreckt, während sie mit der linken die Brusthaut straffzog.
Nachdem Mickey den etwa drei Zentimeter langen Schnitt gemacht hatte, fand sie rasch den Knoten und entfernte ihn so geschickt, daß das Trauma am umliegenden Gewebe minimal blieb. Gregg tupfte für sie, griff nur einmal ein, um eine Klammer etwas anders zu placieren, und überließ ihr, nachdem die Gewebeprobe an die Pathologie weitergegeben worden war, die Wahl der Methode zur Schließung der Wunde. Er wußte, daß Mickey daran gelegen war, gerade im Nähen möglichst viel Übung zu bekommen.
Die Patientin war eine Frau in den Fünfzigern, der Schnitt befand sich dicht bei der Brustwarze und würde niemals zu sehen sein. Gregg hätte sich zum Schließen der Wunde mit einer einfachen Naht begnügt. Doch Mickey arbeitete so sorgfältig, als hätte sie das Gesicht eines Filmstars unter den Händen, und legte mit Nylon eine verdeckte Naht, die später höchstens noch als haarfeine Linie zu erkennen sein würde.
Sie hatten Zeit für solche Präzisionsarbeit; sie mußten sowieso auf den Befund des Pathologen warten.
»Art hat gesagt, wir können dieses Wochenende sein Boot haben, wenn wir wollen«, bemerkte Gregg und tupfte hier und dort ein wenig, während Mickey nähte. »Wir brauchen uns den Schlüssel nur abzuholen.«
Art war Orthopäde. Er hatte seit einem Jahr seine eigene Praxis und verdiente glänzend an den Verletzungen von Wasserskifahrern, Surfern und Vulkankletterern.
Mickey antwortete Gregg nicht. Die meisten Chirurgen werden gesprächig, wenn der Patient erst einmal in Narkose ist und die Operation glatt läuft; Mickey schwieg lieber bei der Arbeit.
Sie arbeitete immer sehr gewissenhaft und mit Gefühl, verwendete, wo es irgend ging nur die kleinsten Klammern und war stets darauf bedacht, nicht unnötig zu verletzen. Gregg sah ihr mit Bewunderung zu. Mickey war ein Greenhorn gewesen, als sie vor 16 Monaten ans Great Victoria gekommen war, aber sie hatte mit erstaunlicher Schnelligkeit gelernt, {162} alles Neue begierig aufgesogen, niemals lockergelassen. Sie hatte das Zeug zu einer erstklassigen Chirurgin. Als Team würden sie – später, wenn sie ihre gemeinsame Praxis hatten – unschlagbar sein.
Als Mickey noch dabei war, die Wunde zu verbinden, schlurfte Dr. Yamamoto in Papierschuhen herein. Wie jeder, der nur vorübergehend im Operationssaal zu tun hatte, trug er einen ganzen Overall aus weißem Papier.
»Okay, Gregg.« Er trat näher an den Operationstisch heran und zeigte den beiden Operateuren die Gewebeprobe, die auf einem Gazeviereck auf seiner offenen Hand lag. »Ihr habt hier eine Präcancerose. Wie alt ist die Patientin?«
»Sechsundfünfzig. Was würdest du tun, Mickey?«
Sie überlegte einen Moment.
»Teilweise entfernen. Und Biopsie auf der anderen Seite.«
Gregg nickte. »Okay, Leute, fangen wir gleich an.«
Die Vorbereitungen waren schnell getroffen, da das Operationsteam mit der Möglichkeit eines weiteren Eingriffs gerechnet hatte. Während neue Instrumente aufgelegt wurden, schlüpften Gregg und Mickey in frische Kittel und Handschuhe und wechselten die Tücher aus, mit denen die Patientin bedeckt war. Sobald das Team am Tisch versammelt war, blickte Gregg zu Mickey hinüber und sagte: »Willst du’s machen?«
»Wenn ich darf.«
»Koko, geben Sie Dr. Long das Skalpell.«
Yvette, die Verbindungsschwester, stöhnte innerlich und zog ein Kreuzworträtsel aus der Tasche ihres grünen Kittels. Wenn ein Stationsarzt operierte, selbst wenn es Dr. Long war, dauerte die Prozedur unweigerlich zwei- oder dreimal so lang wie unter normalen Umständen. Dr. Scadudo, der Anästhesist, schob hinter
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