Herzflimmern
Mann sich leisten. Der hat eine Frau zu Hause, die ihm das Essen kocht, den Haushalt macht und die Kinder bekommt. Für eine Frau ist das unmöglich. Da bin ich lieber nur zwei Jahre auf die Schwesternschule gegangen. Jetzt haben wir unser eigenes Haus und die drei Kinder, die wir uns gewünscht haben.«
Ruth schaffte es dennoch. Aber zu welchem Preis? Ihre Briefe waren immer kurz und sachlich. Arnie erwähnte sie selten; alles drehte sich um Rachel. Mickey erinnerte sich an Arnies Gesicht, als Ruth ihr Diplom unter ihrem Mädchennamen Shapiro in Empfang genommen hatte, und fragte sich, was für eine Ehe die beiden führten.
Sie faltete Sondras Brief und steckte ihn wieder ein. Jeder muß seinen Weg gehen.
»Hallo! Ich hab’ dich gesucht.«
Sie sah auf und beschattete die Augen mit der Hand. »Hallo, Gregg. Du hättest mich über den Piepser erreichen können.«
»Ach, ich wußte doch, daß ich dich hier finden würde.« Er setzte sich zu ihr auf die Bank. »Ich hab’ um vier eine Brustbiopsie und mögliche Amputation. Hast du Lust, mir zu helfen?«
»Das fragst du noch? Aber natürlich. Dir ist hoffentlich klar, daß die anderen dir bald vorwerfen werden, daß du mich bevorzugst. Das ist schon der dritte gute Fall zu dem du mich in dieser Woche zugezogen hast. Parker schäumt immer noch wegen der Gallenoperation.«
»Laß ihn schäumen. Ich tue es aus rein egoistischen Gründen. Meine zukünftige Partnerin soll neben mir der beste Chirurg am Ort sein.« Gregg bückte sich, pflückte einen Grashalm ab und drehte ihn zwischen den Fingern. »Ich hab’ mich eben mit Jay Sorensen unterhalten. Er erzählte mir von eurer heißen Operation heute morgen.«
»Ja, das war was.« Mickey spürte, wie ihr Zorn wieder aufflammte. Gleich nach der Operation war sie in die Notaufnahme hinuntergelaufen und hatte Eric Jones gründlich die Meinung gesagt.
»Na, vielleicht kann das Nakamura endlich dazu veranlassen, ihn rauszusetzen. Es war schließlich nicht die erste Schlamperei, bei der Eric erwischt worden ist. Aber weißt du, Mickey, du hättest bei der Frau vorher auf jeden Fall einen Schwangerschaftstest machen sollen. Das gehört doch bei Verdacht auf Eileiterschwangerschaft zur Routine.«
{160}
»Ich weiß. Ich habe mich einfach auf das Wort der Patientin verlassen, die sagte, sie hätte keinen Geschlechtsverkehr gehabt, und in Erics Aufzeichnungen war eine Abdominaluntersuchung eingetragen. Ich wollte die Frau nur möglichst schnell auf dem Operationstisch haben. Das passiert mir bestimmt nicht wieder.«
Gregg nickte. Er schätzte es an Mickey, daß sie Kritik vertragen konnte und nicht wie viele andere mit Gekränktheit oder Feindseligkeit reagierte, wenn man ihr etwas sagte.
»Zwei Dinge mußt du dir merken: Verlaß dich nie darauf, daß der Patient dir die Wahrheit sagt, und verlaß dich nie darauf, daß ein Assistenzarzt wie Eric Jones eine ordentliche Untersuchung vornimmt.«
»Weißt du, Gregg, die Frau bat mich, ihrem Mann nichts zu sagen, falls es eine Eileiterschwangerschaft sein sollte. Sie wollte, daß ich ihn belüge und sage, es wäre der Blinddarm gewesen.«
»Dann hast du ja Glück gehabt, daß es wirklich der Blinddarm war. Was hättest du getan, wenn er’s nicht gewesen wäre?«
»Ich weiß es nicht.« Sie sah ihn an. »Was hättest du denn getan?«
Er erwiderte einen Moment lang ihren Blick, dann wandte er sich ab.
»Mickey, ich möchte was mit dir besprechen.«
Sie hörte den Ernst in seinem Ton. »Was denn?«
»Es geht um Mason. Er will eine schriftliche Entschuldigung von dir.«
»Und was hast du ihm gesagt?«
»Daß sie heute nachmittag auf Nakamuras Schreibtisch liegt.«
»Nein!« sagte Mickey scharf. »Ich schreibe keine Entschuldigung, Gregg. Ich bin bereit, mich in Nakamuras Büro mit ihm zu treffen, wenn er das will. Ich stelle mich jedem Schiedsgericht, das er auswählt, ich laß’ mich auch auf einen Kampf mit ihm ein, wenn es sein muß. Aber entschuldigen werde ich mich nicht!«
»Mickey, du hast keine andere Wahl. Denk’ doch an deine Karriere hier am Great Victoria. Denk’ daran, was für ein Rückschlag es für dich und mich wäre, wenn man dich hier rauswirft.«
»Das kann ich mit meiner Integrität nicht vereinbaren, Gregg. Ich hatte recht, und er hatte unrecht.«
Gregg trommelte mit den Fingern auf sein Knie. Er wußte aus Erfahrung, wie dickköpfig Mickey sein konnte. Nach einem Moment der Überlegung hob er den Kopf und sah sie mit dem Lächeln an, das immer
Weitere Kostenlose Bücher