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Herzflimmern

Herzflimmern

Titel: Herzflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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blickte zum Krankenhaus zurück, das er entworfen, gebaut und eingerichtet hatte. Sein Lebenswerk.
    Nur selten noch dachte Derry an Jane und das Kind, das mit ihr im Grab lag; im Lauf der Jahre hatte er gelernt, seinen Schmerz zu zügeln. Doch es gab Momente, in denen die Erinnerungen erwachten, die Vergangenheit und die Trauer sich seiner von neuem bemächtigten. Er hatte Jane geliebt; ihretwegen war er auf die Missionsstation gekommen, ihretwegen war er geblieben. Es kam nicht häufig vor, daß er über sein Leben nachdachte, Reflexionen über sich und seine Arbeit anstellte.
    Sie verurteilen den Jungen zum Tod, hatte Sondra gesagt. Und sie hatte recht damit. Aber er tat es nur, weil er ihm das Leben nicht geben konnte. Wir sind machtlos, trotz all unseres Wissens und Könnens.
    {187}
    Die Nacht war kalt, ein schneidender Wind wehte, aber Derry spürte es nicht. Seine Gedanken wandten sich Sondra zu, und er wünschte, sie wäre nie auf die Missionsstation gekommen.
    Warum geht sie mir so unter die Haut? Warum ist das, was sie sagt, wichtiger als alles, was die anderen sagen? Weil sie mich an mich selber erinnert, wie ich einmal war. Vor einundzwanzig Jahren war er selber jung und idealistisch nach Kenia zurückgekehrt, voller Pläne und Visionen, beschwingt von dem gleichen blinden Optimismus, der jetzt Sondra Mallone zu glauben veranlaßte, sie könne die Welt verbessern. Wann hatte er diese jugendliche Zuversicht verloren, den Kampfgeist und die Lebendigkeit? Wann war dieser müde Zynismus an ihre Stelle getreten? Es war nicht plötzlich geschehen, über Nacht, aufgrund eines einzelnen Ereignisses oder Augenblicks; es war ein langsamer Prozeß der Aushöhlung gewesen. Ohne daß Derry sich dessen bewußt geworden wäre, waren alle Ideale und Hoffnungen allmählich abgebröckelt, bis nur noch eine leere Hülle übriggeblieben war.
    Immer noch war sein Blick auf das Krankenhaus gerichtet. In einem der Fenster erschien eine schattenhafte Gestalt mit einer Lampe. Sondra kehrte an Oukos Bett zurück, um bei ihm zu wachen. Derry erinnerte sich an ähnliche Nächte, in denen er selber an Krankenbetten gewacht hatte. Sondra tat ihm leid. Ein harter Schlag wartete auf sie, und er konnte sie nicht davor bewahren.
    Der Schrei eines Nachtvogels riß Derry aus seinen Gedanken. Er griff in seine Hemdtasche und zog die Zigarettenpackung heraus. Genug, sagte er sich. Mit Selbstmitleid und der Besorgnis um die zartbesaitete Seele einer naiven jungen Frau ist nichts gewonnen. Morgen war wieder ein harter Tag; Schlaf war jetzt das Wichtigste.
    Dennoch wünschte er, während er durch den Hof zu seiner Hütte ging, es gäbe eine Möglichkeit, Sondra den Schmerz zu ersparen.
     
    Sie war gewappnet. Auf Oukos Nachttisch lag alles bereit: das Skalpell, die Klammern und die Gazetupfer, die Trachealkanüle und der Atembeutel zum künstlichen Aufblähen der Lunge.
    Die Schwester verweigerte die Hilfe. Sie kannte Derrys Anweisung und traute Sondras Urteil nicht. Als ein lautes Schnarchen vom Nachbarbett einen neuerlichen Krampf bei Ouko auslöste, heftiger und von längerer Dauer als die anderen, arbeitete Sondra deshalb allein.
    Seine Lippen wurden blau, seine Haut nahm eine beunruhigende violette Färbung an, und Sondra dachte: Jetzt ist es soweit. Dieser Krampf bringt ihn um.
    {188}
    Ein Knie auf die Bettkante gestützt, beugte sie sich über Ouko und drückte seinen Kopf nach rückwärts. Ihre Hand zitterte, als sie das Skalpell über seinen Hals hielt und einen vertikalen Schnitt bis zum dritten Trachealring machte. Sie zog ihn auseinander, führte die Kanüle ein und blies die Manschette mit einer Spritze Luft auf. Nachdem sie sich vergewissert hatte, daß die Kanüle fest saß, befestigte sie an ihrem Ende den Atembeutel und drückte ein paarmal. Oukos Brust hob und senkte sich mit jedem Druck.
    Immer noch zitterten ihre Hände heftig. Sie hatte so wenig Zeit. An seinem Hals und auf dem Laken war Blut, aber er atmete jetzt mit Hilfe des Beutels.
    »Schwester!« rief sie, einen weiteren Krampf riskierend. »Helfen Sie mir.«
    Die Schwester erschien so rasch, daß Sondra vermutete, sie hatte direkt hinter dem Wandschirm gewartet.
    »Kommen Sie her«, sagte sie. »Pumpen Sie, während ich die Blutungen stille.«
    Aber die Frau rührte sich nicht.
    »Bitte! Ich übernehme alle Verantwortung. Sie werden keine Schwierigkeiten bekommen.«
    Die Schwester wich einen Schritt zurück. »Dr. Farrar hat gesagt, wir sollen nichts tun.«
    Ouko bekam

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