Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greta Schneider
Vom Netzwerk:
welchem Grund du etwas getrunken hast. Niemand macht Krach oder spricht mit dir. Du kannst sogar kotzen und hinterher das Bad sauber machen, ohne dass jemand davon erfährt (außer Dr. Dr. Jahnke natürlich). Nicht, dass ich darüber dankbar gewesen wäre. Es war nur eine kleine Erleichterung an diesem Samstagmittag.
    Eine lange Dusche, ein Liter Mineralwasser und zwei Kopfschmerztabletten später war ich so weit wiederhergestellt, dass ich sogar meine Stimme in der Gewalt hatte, als das Telefon klingelte. Ich musste mich nur kurz räuspern und konnte ganz normal ´rangehen.
    „Jung, guten Tag?“ Sogar höflicher als sonst.
    „Hallo Frau Jung. Hier ist Dana Kanther. Haben Sie fünf Minuten?“
    Dana Kanther? Mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Was wollte sie? War das dienstlich? Meine Stimme begann jetzt doch zu schwanken, als ich antwortete: „Äh – ja? Warum?“
    „Gut. Ganz kurz nur. Ich rufe mal wieder wegen Leo an. Ich habe heute Wochenenddienst, und er hat vergessen, mir noch ein paar Infos zu geben. Ist er bei Ihnen?“
    „Äh – nein?“ Sie war doch dabei gewesen, wie er kehrt gemacht hatte. Was sollte das?
    „Aber er wollte gestern in Ihre Richtung.“
    Ach was. Ich setzte mich, meine Knie wollten gerade ihren Dienst versagen.
    „Hier ist er nicht gewesen. Versuchen Sie es doch mal auf seinem Handy.“
    „Ist aus. Beide Handys.“
    „Dann weiß ich auch nicht. Ist es dringend?“
    „Nein. Nicht wirklich. Ich dachte nur …“
    „Tut mir leid. Ich kann leider nichts ausrichten. Ich denke nicht, dass er kommt.“ Ich musste meine Stimme besser kontrollieren. Sie zitterte. Scheiße.
    „Frau Jung, er wird kommen. Er wird sich melden. Bestimmt.“
    „Ja, bestimmt. Tschüß, Frau Kanther.“ Ich hatte schon wieder kein Taschentuch. Obwohl ich jetzt dringend eins gebraucht hätte.
    Frustriert stand ich auf und schlug mal wieder ein Buch auf. Strafprozessrecht. Damit kannte ich mich ja inzwischen auch in der Praxis aus. Doch leider musste ich bei diesem Thema immerzu an einen gewissen Rechtsanwalt denken. Daran, wie er mich geküsst hatte. Oh Mann.
    Zur Strafe brummte ich mir noch zwei weitere Stunden Lernen auf. Ich würde wenigstens mein Examen so hinbekommen, wie ich es mir wünschte.
    Abends räkelte ich mich mit steifem Nacken und machte ein paar Dehnübungen, bevor ich mich mit einem dick beschmierten Käsebrot und einer Riesenfassbrause auf dem Sofa niederließ. Mein Kühlschrank war angenehm gefüllt, ich hätte jederzeit Leo mit etwas Leckerem bewirten können. Nur dass er … ach was. Jetzt nicht dran denken.
    Ich checkte meine E-Mails. Max hatte geschrieben, er sei gut in Cottbus angekommen. Er beschwor mich, mir den Termin Ende Juli freizuhalten, um mit ihm auf ein Musikfestival zu gehen. Gerade als ich diesen Termin in meinen Kalender eintrug und ihm antwortete, gab mein Notebook wieder Laut. PINGGG. E-Mail-Alarm.
     
Absender: Krawczyk, Dr. Pawel
Betreff: „Verzeihen Sie mir noch mal?“
„Liebe Sabina,
bitte entschuldigen Sie mein unverzeihliches Verhalten vom letzten Mittwoch. Ich allein trage die Verantwortung dafür, und es würde mich sehr erleichtern, wenn ich wüsste, dass Sie es mir nicht weiter übel nehmen. Es war ein Rückfall in Verhaltensweisen, die ich überwunden glaubte. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur vorbringen, dass Sie sehr bekümmert ausgesehen haben. Und sehr hübsch.
Ich habe mit Dr. Münzer, der Anwältin Ihrer Mitgefangenen Olga, telefoniert, und sie hat mir gesagt, dass Sie alles richtig gemacht haben. Olga hat ihr alles gesagt, und sie hat daraus eine sehr entlastende Einlassung gebastelt. Mit viel Glück kommt Ihre neue Freundin da mit zwei Jahren auf Bewährung ´raus. Ich würde es ihr gönnen, nach dem, was mir Dr. Münzer erzählt hat.
Wenn Sie trotz allem mit mir zusammenarbeiten wollen, würde mich das sehr freuen. Es wird sicher immer ein gewisses Prickeln zwischen Ihnen und mir da sein. Aber ich verspreche, in Ihnen nichts als meine Lieblingskollegin zu sehen. Könnten Sie sich unter diesen Umständen vorstellen, vielleicht doch von meinem Angebot Gebrauch zu machen? Ich verspreche hoch und heilig, Ihre Beziehung zu Leo König zu respektieren. Er weiß es nicht, aber ich schätze ihn durchaus. Und ich bin sicher, er wird Ihnen alles verzeihen. Auch wenn Sie absolut nichts Unverzeihliches getan haben. Noch nicht mal am letzten Mittwoch.
Bitte, bleiben Sie mir gewogen
Ihr Pawel Krawczyk“
     
    Gerührt las ich seine E-Mail vielleicht ein

Weitere Kostenlose Bücher