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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greta Schneider
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von vorne anfangen. Sein Job als Architekt war futsch. Er machte sich selbstständig.
    „Heute geht es mir gut. Ich habe Kunden, ich habe Aufträge und ich trete trotzdem viel kürzer.“ Seine Augen leuchteten. „In wenigen Wochen bauen wir Leos Dachboden aus. Wir warten nur noch auf die Baugenehmigung.“
    „Schön, dass Leo einen Freund wie dich hat.“
    „Und eine Freundin wie dich.“ Er lächelte und drückte mich an sich. „Und jetzt überwinde dich und komm´ morgen mit. Ich verrate ihm auch nichts.“
    Ich seufzte. „Na gut. Wenn du dich dann besser fühlst.“ Er lachte.
    „Du wirst dich auch besser fühlen. Und Leo erst.“

 
    Kapitel 21
     
    Auf dem überfüllten Parkplatz war kein Durchkommen. Johannes musste in einer etwas abgelegenen Seitenstraße parken und wir legten den Weg zum Club zu Fuß zurück. Dass Menschen bei diesem Regenwetter freiwillig ihr Bett verließen, um in einem eiskalten See in ein ungeheiztes, offenes Ruderboot zu steigen und sich von oben und unten durchnässen zu lassen, war mir ein gewisses Rätsel.
    „Fährst du denn nicht mit?“, fragte ich. Johannes schüttelte den Kopf.
    „Ich muss noch an der Technik feilen. Außerdem bin ich immer noch Rekonvaleszent. Ich brauche mehr Kondition.“
    Ich trug trotz Regen eine Sonnenbrille. Musste ja nicht jeder gleich sehen, dass meine Augen über die Maßen gerötet waren. Eine regenfeste Jacke und wasserfeste Stiefel sowie ein Regenhut vervollständigten meine Garderobe. Gut aussehen konnte man bei diesem Wetter sowieso nur in Innenräumen. Trotzdem hatte ich vorsichtshalber meine Wimpern getuscht und einen zartrosé Lippenstift aufgetragen.
    Ich suchte den Parkplatz nach seinem schwarzen Cabrio ab – und ging fast in die Knie, als ich es endlich entdeckte. Er war tatsächlich hier – und keine 100 Meter von mir stieg er womöglich gerade in eins dieser schmalen Rennboote, nur in einem dieser engen Trikots, unter denen man seine Muskeln spielen sehen konnte. Mein Herz stolperte. Johannes beobachtete mich.
    „Wenn du willst, dann gehen wir getrennt rein“, sagte er. „Nicht, dass Leo auf falsche Gedanken kommt.“
    „Ist gut. Bis gleich, Johannes. Und Danke!“
    Einige Ruderer nickten mir zu. Für sie schien es nach dem Osterfeuer keine Überraschung, dass ich als Zuschauerin erschienen war, um Leo anzufeuern. Ich versuchte aber, Ludwig Fuchs auszuweichen. Ihm gegenüber hätte ich die Fassade der lässigen, regenfesten Freundin von Leo König unmöglich aufrechterhalten können.
    Der Club besaß eine kleine Holztribüne an der Regattastrecke, die um diese Uhrzeit voll besetzt war. Daneben war ein Uferweg, der ebenfalls den Blick auf die Regattastrecke freigab. Johannes stand ein Stück entfernt und winkte mir zu. Ich starrte angestrengt aufs Wasser. Die Boote waren ziemlich weit weg, ich stand mehr in der Nähe der Ziellinie. Leos Boot war an den Vereinsfarben der Ruderer zu erkennen. Unter einem ärmellosen Trikot in Rot hatten sie langärmelige, enge Shirts in Weiß an. Ich konnte aus der Entfernung nicht ausmachen, wer von ihnen Leo war, aber er musste der Mann direkt gegenüber der Steuerfrau sein. Der, der als Schlagmann den Rhythmus vorgab.
    Die Ruderer saßen regungslos, als die Boote langsam zur Startlinie glitten. Die Riemen lagen flach auf dem Wasser. Als das Startkommando kam, schoben die Männer die Riemen nach hinten. Beim Startschuss ertönte aus den Kehlen der Steuerleute ein Anfeuerungsruf, und die Männer legten sich ins Zeug. Mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks bewegten sich die Riemen in einem vorgegebenen Rhythmus, angetrieben von den Rufen des Steuermanns. Vor, Eintauchen, Ziehen. Vor, Eintauchen, Ziehen. Jedes Mal, wenn die Ruderer einen Zug taten, senkten sich die Boote um einige Zentimeter unter dem kraftvollen Antrieb. Langsam nahmen die Boote beachtliche Fahrt auf.
    Sie kamen näher, und ich konnte die Rufe hören – „zieht – und zieht …“ Sie bewegten die Riemen mit militärischer Exaktheit durch das Wasser. Ich hörte einige keuchen. Leos Boot lag vorne, einen Meter, zwei Meter, und die Steuerfrau war laut und deutlich zu hören. Ihre Kommandos und Anfeuerungsrufe hallten jetzt über das Wasser, und auf der Tribüne gab es das vielstimmige Echo der Zuschauer, die klatschten und johlten. Noch wenige Sekunden, dann konnte ich die Gesichter der Mannschaft erkennen. Konzentriert atmeten sie im Rhythmus ihrer Ruderschläge, die immer noch so synchron wie die Bewegungen einer

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