Herzgefaengnis
Erst hast du diesen Anzugtypen als Anwalt. Mit dem hältst du Händchen. Und dann das mit deinem Kumpel. Das ist für ihn schwer zu verdauen.“
In meinem Innern hatte ein Eisblock angedockt. Die Kälte des Zorns brannte ein Loch in meine Eingeweide. Die ganze Zeit hatte ich Fehler gemacht, mit dem Feuer gespielt und mit dem charmantesten aller Rechtsanwälte geflirtet, als gäbe es kein Morgen. Und jetzt, wo das Ganze zu Ende war, nahm er mir übel, dass – Bernie Hofreiter mich nach Hause begleitet hatte?! Was hatte er überhaupt da zu suchen? Hatte er sich die ganze Zeit hinter der Laterne aufgehalten, die gestern so sehr geschwankt hatte?
„Warum beobachtet er mich, wenn er dann doch nichts von mir will?“ Ich musste blinzeln, damit ich wieder sehen konnte. Johannes drückte mich ein bisschen an sich.
„Er wollte sich mit dir aussprechen. Er ist kein Typ, der per SMS Schluss macht.“
„Hätte er ja machen können. Als Bernie weg war, hätte er ja Zeit gehabt. Oder die ganze Woche davor. Da ist er noch nicht mal an sein Handy gegangen“, konstatierte ich bitter.
„Mensch Sabina. Er würde sich nicht so aufführen, wenn du nur ´ne x-beliebige Tussi wärst. So einer hätte er doch einfach gesagt Schluss, aus, Ende. Du kannst mich mal. Das hat er doch nicht gemacht.“
„Und wie würdest du dann seine E-Mail interpretieren? Als Liebesbeweis? Scheiße!“ schrie ich. Um mich dann schluchzend an Johannes zu klammern. Er strich beruhigend über meinen Rücken. Geduldig wartete er, bis meine Tränen versiegten. Es dauerte allerdings eine Weile.
„Sabina. Er ist einfach nur sauer. Er wollte nicht deswegen ausrasten. Deshalb hat er sich vorsichtshalber ferngehalten von dir.“
„Was ist das für eine Scheiß-Ausrede! Er wollte nicht ausrasten. Ha ha. Er hätte mich doch fragen können, wie es kommt. Wie es kommt, dass ich mich von Bernie Hofreiter trösten lassen muss. Weil er beleidigt ist. Wie es kommt, dass ich … ach Scheiße! Was bildet er sich ein, mich als – als Schlampe zu titulieren!“ Ich war kurz davor, mein leeres Glas an die Wand zu schmeißen.
„Er hat überreagiert. Wenn er darüber nachdenkt, wird es ihm leid tun. Du wirst sehen.“
Johannes blickte mir besorgt in die Augen. „Bitte beruhige dich. Er ist auch gerade nicht er selbst, weißt du.“
Ich sank auf dem Sofa zusammen wie ein Häufchen Elend. Ich hasste ihn, mein Leben und alles, was mich in diese Situation gebracht hatte. Johannes streichelte gedankenverloren meinen Rücken.
„Ich bin doch wegen Leo hier. Damit ihr euch wieder vertragt. Du bist ihm wichtig. Wenn du ihm verzeihst, wird er es auch mit dir tun. Ich habe da eine Idee.“
Ich schaute auf. Johannes lächelte. „Morgen ist bei uns Hausregatta. Der Achter fährt um 15 Uhr. Wie wär´s, wenn du da hinkommst? Du könntest mit ihm reden.“
„Weiß er überhaupt, dass du hier bist?“
Er verneinte.
„Ich will nicht, dass er denkt, ich – ich renne ihm hinterher.“
„Und er will nicht, dass du denkst, er rennt dir hinterher. So wird das nichts.“ Johannes seufzte.
„Du kennst ihn nicht so gut wie ich. Ich wäre nicht hier, wenn ich nicht sicher wäre, dass er dich noch will. Er kann nur nicht so einfach über seinen Schatten springen. Geh´ doch einfach hin und sieh´ ihn dir wenigstens an. Von weitem, von mir aus. Dann kannst du immer noch entscheiden, ob du mit ihm reden willst. Wie wäre es? Ich hole dich auch ab.“
„Damit er gleich wieder ausrastet, wenn ich aus deinem Auto steige?“
Er lachte.
„Blödsinn. Mir vertraut er ja. Zu Recht. Außerdem können wir kommen, wenn er schon am Steg ist. Keiner würde das komisch finden, wenn du mit mir kommst. Die wissen doch, dass ich Leos Freund bin.“
„Warum tust du dir das an – mit mir?“
„Ich mag dich. Und Leo ist nun mal mein bester Freund. Er hat viel für mich getan. Er hat sich um mich gekümmert, als ich ganz am Boden war. Ich hatte einen Schlaganfall. Kurz nachdem meine Freundin mich verlassen hatte. Zu viel Arbeit, zu wenig Zeit für sie, du weißt schon. Ich war allein und er war für mich da. Da werde ich doch wohl mal ein bisschen seiner Beziehung auf die Sprünge helfen können.“
„Johannes, das tut mir leid. Das wusste ich nicht. Bist du jetzt wieder ganz gesund?“
„Fast ganz.“ Er hatte drei Wochen im Krankenhaus und sechs Wochen in der Reha verbracht. Und weil er die Wohnung seiner Ex gelassen hatte, hatte Leo ihn bei sich wohnen lassen. Danach musste er ganz
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