Herzgefaengnis
über mich lustig machen. Das ist gemein.“ Ich drehte mich zu ihm herum, und sein Lächeln hatte etwas so Zynisches, dass ich mit mir kämpfen musste, um ihm keine zu knallen.
„Nichts, was du machst, wird sich je so anfühlen wie irgendetwas, das jemand anders je getan hat“, fauchte ich. „Und zwar egal, ob es gut ist – oder – so fies wie gerade jetzt.“
Mit diesen Worten stolzierte ich in Richtung Schlafzimmer, wo ich wütend meine Kleider zusammenfaltete und in meine Tasche packte. Mein Herz schlug so laut, dass ich Angst hatte, er könnte es noch im Nebenzimmer hören. Tränen tropften auf meine Tasche. Was bildete er sich eigentlich ein? Dass er sich ein Urteil über mein Vorleben bilden durfte? Eines, in dem er keinerlei Rolle gespielt hatte – weil es ihn da noch nicht gab? Ich knirschte mit den Zähnen, dass meine Kiefermuskeln schmerzten.
Als ich den Reißverschluss zuzog und die Tasche neben das Bett stellte, stand er im Türrahmen.
„Bitte verzeih´ mir.“ Er kam auf mich zu und griff nach mir. „Ich bin leider furchtbar eifersüchtig. Bitte sieh´ mir das nach – es ist nur …“, er zog mich in seine Arme, und ich fühlte, wie meine Wut verdunstete.
„Es ist nur was?“, fragte ich brummig.
„Es ist nur, dass ich diese Vorstellung von dir mit jemand anderem nicht aushalte. Ich will dich für mich haben.“
Oh Gott.
„Niemand hat bisher so etwas Schönes zu mir gesagt wie du eben. Und das, obwohl du gerade wütend bist. Bitte bleib hier.“
Das klang beinahe flehend. Ich hob den Blick, und in seinen Augen stand diese Sehnsucht, die mich jedes Mal dahinschmelzen ließ.
Er will mich für sich haben.
„Es gibt doch niemanden. Und es gab niemanden. Niemand Wichtigen. Verstehst du das denn nicht.“
Ich fühlte schon wieder Tränen aufsteigen. „Was glaubst du denn, warum ich um 5 abhaue – nur bei dir nicht?“ Ich schlug die Augen nieder und verwünschte mich für meine Geständnisse.
„Ah. Ich gebe zu, das schmeichelt mir.“ Seine Stimme hatte einen warmen, weichen Klang angenommen. „Und wie oft haust du so durchschnittlich um 5 ab? Ich meine – im Jahr?“
„Du weißt es. Ich habe es dir in Menzow gesagt“, grollte ich.
„ Tesoro , da hast du nur gesagt, dass du seit einem Jahr – ähh – grundlos verhütest und deinen Körper malträtierst.“ Er küsste meinen Scheitel.
Ich blickte ihm in die Augen. „Ich sage dir nicht, wie oft. Oder doch: drei Mal. In zwei Jahren. So viel darf man in meinem Alter zugeben. Und ich sage dir auch nicht, warum. Denn das weißt du mit Sicherheit selbst. Das hast du bestimmt selbst schon hundert Mal gemacht. Und ich hab es dir nicht vorgezählt.“
Ich verbarg meinen Kopf an seiner Schulter.
„Ich weiß nicht, ob ich mich dadurch geschmeichelt fühlen soll“, murmelte er an meinem Scheitel. „Glaubst du wirklich, ich lege alles flach, was nicht bei drei auf den Bäumen ist?“
„Keine Ahnung. Aber Angebote kriegst du mit Sicherheit genug. Mehr als genug für hundert Mal.“
Er lachte leise. „Oh Mann, Sabina, die kriegt jeder, der nicht gerade wie Quasimodo aussieht oder sich irgendwie wie ein Penner aufführt. Du hast ja eine schöne Meinung von mir. Sag´ mir, warum. Warum bist du abgehauen?“
Ich stöhnte. Aber was half das schon. „Ich wollte nicht, dass sie mich – so sehen. So wie du mich siehst. Ich erlaube niemandem, mich so zu sehen.“
Er legte eine Hand in meinen Nacken und streichelte mich. „Liebebedürftig? Sinnlich? Total süß und verführerisch?“
Ich schnaubte. „Das geht diese Typen einen Scheißdreck an. Nur weil ich mal ein bisschen …“
„… einsam war. Mal ein bisschen Nähe brauchte. Ist doch nichts Schlimmes .“
Oh Leo. Kannst du wirklich Gedanken lesen? Ich wusste nicht, ob ich mich schämen oder ihm für sein Verständnis danken sollte.
„Doch. Es waren die Falschen. Aber sie waren eben da.“
„Hast du das bei mir auch einkalkuliert? Dass ich der Falsche bin?“
Hatte ich nicht. Nicht im geringsten. Aber sollte ich das jetzt wirklich zugeben?
„Wenn ich ja sage, bist du beleidigt. Wenn ich Nein sage, glaubst du, du hast mich. Was soll ich antworten?“ keifte ich.
Er nahm mir den Wind völlig aus den Segeln: „Bitte sag´ Nein. Ich bin richtig für dich. Das weiß ich.“
„Und wie sieht es mit deiner Bettflucht aus? Hast du damit gerechnet, dass du weglaufen müsstest – bei mir?“
„Sabina, mein lieber Schatz, glaubst du wirklich, ich wäre an diesem Abend
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