Herzgefaengnis
noch was drin“, sagte Max und deutete auf einen Zettel, der nicht mit herausgefallen war. Mit einem weiteren Küchentuch zog ich ihn heraus.
„So wirst du auch bald aussehen und riechen, wenn du nicht mit mir redest.“
In säuberlichen Druckbuchstaben stand es da. Mein Herz schien still zu stehen. Max musste den Zettel umdrehen, meine Hände zitterten zu sehr. Doch mehr stand nicht darauf. Ihren Namen hatte sie wohlweislich weggelassen.
Nachdem wir alles fotografiert hatten, packten wir es in einen Gefrierbeutel. Ich steckte den Beutel noch in zwei weitere, um nicht zu sehr damit in Berührung zu kommen.
„Wir bringen es zur Polizei. Dein Typ hat doch ´ne Anzeige aufgenommen. Das hier ist das Beweismittel dazu.“
Wollten mich in letzter Zeit alle Leute über Strafrecht und Strafprozessrecht belehren?
„Ich kann doch mit dem ekligen Ding nicht durch die halbe Stadt gurken“, stöhnte ich. Außerdem scheute ich davor zurück, Leo bei der Arbeit zu stören. Sicher hatte er meine Anzeige längst weiter geschickt.
„Doch, das kannst du. Wir fahren da jetzt hin.“ Max schaute streng, was ich von ihm überhaupt nicht kannte. „Das hier ist schlimmer als ich dachte. Die Frau spinnt nicht, die ist gefährlich.“
„Na gut. Wir können das Vieh ja schlecht wegwerfen.“ Ich holte die Visitenkarte von Leo, auf der seine Dienststelle stand. Max drehte sie um und zog die Augenbrauen hoch.
„Wow. Die Masche muss ich mir merken. ‚Anruf erwünscht‘. Der Mann geht ja ganz schön ´ran.“
„Max!“
„Schon gut, schon gut. Warum rufen wir nicht einfach seine Handynummer an? Dann kann er das Päckchen hier abholen.“
„Auf keinen Fall! Das mute ich ihm bestimmt nicht zu.“
„Mensch Sabina, der ist bestimmt weit Ekligeres gewöhnt. Mordkommission! Vergessen?“
„Ich. Will. Das. Nicht.“
„Na gut. Dann ruf´ wenigstens seine Dienstnummer an und frag´ ihn, was wir machen sollen.“
Max seufzte, während ich die Nummer vorne auf Leos Karte wählte.
„Landeskriminalamt, Apparat von Leo König. Hier ist Dana Kanther.“
War das nicht seine superschöne Kollegin? Oh Mann. Wieso ging die an Leos Telefon?
Ich erzählte ihr von der Maus und der Anzeige.
„Ach ja, ich hab´ so etwas auf Leos – ähh Herrn Königs Schreibtisch liegen sehen. Aber der ist gerade nicht hier. Möchten Sie trotzdem kommen? Wir können dann alles zur PTU schicken. Der Vorgang … warten Sie …“ Sie schien auf Leos Schreibtisch zu kramen. „Ja, der ist noch hier. Kommen Sie einfach vorbei. Vielleicht ist Herr König dann auch fertig und kann sich selbst darum kümmern.“
Wir fuhren zum LKA, um eine tote Maus dort abzugeben. Na toll.
Ein imposantes Gründerzeit-Gebäude. Lange Gänge, viele Türen. Die meisten davon offen. Polizisten, über Akten gebeugt. Jeansträger die meisten. Bänke in den Gängen, wie im Krankenhaus. Nervöse Menschen gingen davor auf und ab, manche mit einer ungerauchten Zigarette in der Hand. „Rauchen verboten“ stand überall dran. Blöd, wenn man Zeuge war.
Leos Kollegin Dana Kanther begrüßte uns sehr höflich. Ihr weizenblondes Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten, der über ihre Schulter hing. Sie trug Wimperntusche, aber keinen Lippenstift. Obwohl sie nur Jeans und Jeanshemd anhatte, sah sie atemberaubend aus. Max stand der Mund offen, als er sie sah, und ich musste ihm meinen Ellenbogen in die Rippen rammen, damit er aufhörte zu starren.
„Tut mir leid, aber Leo ist immer noch in einer Vernehmung. Ich darf ihn nicht stören“, sagte sie mit bedauerndem Blick. Sie wusste, wer ich war. Leo hatte ihr von mir erzählt.
Sie teilten sich ein Büro. Zwei 08/15 Behördenschreibtische, ein paar Stühle, die unvermeidliche Kaffeemaschine. An den Wänden mehrere Kalender. Die einen mit Bildern, die anderen mit 3-Monats-Einteilung. Persönlichere Dinge gab es nicht, wenn man von einer staubigen Zimmerpflanze mit langen, schmalen Blättern absah, die ein wenig beneidenswertes Dasein auf einem Fensterbrett fristete. Hier verbrachte Leo also seine Arbeitszeit. Mit dieser Frau, die jede Dekoration des Dienstzimmers überflüssig machte. Mein Herz sank ein wenig.
Dana nahm uns das eklige Beweisstück ab, ohne mit der Wimper zu zucken, und legte es in einen Kühlschrank. Nicht, ohne es vorher sorgfältig zu beschriften.
„Keine Angst, unser Frühstück lagern wir in einem anderen Kühlschrank. Der hier ist nur für die Asservate“, grinste sie. „Die Maus wird wahrscheinlich
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