Herzgefaengnis
eben hier gehalten? War es ein anderes Taxi gewesen?
„Du glaubst wohl, es reicht, dass du mir deinen Typ auf den Hals hetzt, um mich loszuwerden!“
Ihre Stimme traf mich völlig unvorbereitet, und ich schreckte zusammen.
Heimke. Sie war hier. Nicht das Taxi.
Ihre Finger bohrten sich schmerzhaft in meine Schulter, als sie mich festhielt und zu sich herumdrehte. Ihr meinen Typ auf den Hals hetzt? Meinte sie meine Strafanzeige? Plötzlich wusste ich, was Leute meinten, wenn sie sagten, sie machen sich in die Hosen vor Angst.
Ihr Gesicht war wutverzerrt. Unter ihrer Sonnenbräune war eine unnatürliche Röte in ihren Wangen zu sehen, und in ihren Augen war ein einziger Ausdruck von Hass. Sag´ nichts, hatte Leo mir geraten. Daran hielt ich mich. Banges Schweigen stattdessen. Ich erwiderte nur ihren Blick, so ausdruckslos wie möglich. Das irritierte sie für einen Moment. Ihr Blick wurde unstet.
Vorsichtshalber ließ ich die Haustür ins Schloss fallen. Nicht, dass sie auch noch ins Haus käme. Mein Herz schlug bis zum Hals, aber ich machte einen Schritt auf sie zu. Starrte sie dabei weiter an. Sie ließ die Hand sinken.
„Sabina - ich ... du ... du willst es nicht verstehen.“ Ihr Gesicht nahm einen weinerlichen Ausdruck an.
„Komm hier weg“, erwiderte ich. Ich wollte nicht direkt vor meiner Haustür dabei ertappt werden, wie eine verrückte Frau auf mich eindrang. Ihre Augen flackerten, aber sie ließ sich von mir auf die andere Straßenseite dirigieren, wo der Park anfing. Das Adrenalin pulsierte durch meinen Körper und verlieh mir sogar etwas Mut.
„Warum machst du das mit mir?“
Die Frage hätte ich stellen sollen, aber es war Heimke, die das sagte.
„Ich mache nichts mit dir.“ Ich versuchte, ruhig zu bleiben. Wenn ich sie reizte, würde sie mir etwas tun. Das spürte ich.
„Doch. Du verletzt mich, trittst mich mit Füßen.“ Ihre Augen wurden dunkler, ein Ausdruck des Schmerzes erschien auf ihrem Gesicht. „Dabei magst du mich doch. Das hast du selbst gesagt.“
Das war, bevor du mein Auto abgefackelt und mir tote Mäuse durch den Briefschlitz gesteckt hast. Ich blieb stumm. Sie musste doch wissen, dass ich ihr nichts getan hatte.
Tränen begannen, an ihren Wangen hinabzulaufen. Ihr attraktives Gesicht rötete sich noch mehr. Sie gab sich Mühe, die Beherrschung wiederzuerlangen, doch es gelang ihr nicht. Mit zitternden Lippen sagte sie: „Und ich hätte alles für dich gemacht. Wenn du nicht so ... so unsagbar ...“
„Bitte, Heimke. Sei doch vernünftig.“ Trotz meiner Angst fing sie an, mir leidzutun.
„Oh, ich bin vernünftig. Sehr vernünftig“, entgegnete sie höhnisch. „Vernünftig genug, um zu wissen, dass du mit mir gespielt hast. Dass du niemals mit einer Lesbe etwas anfangen würdest. Du hast mich verarscht. Mit Absicht.“
Das stimmte nicht. Laut schrie mein Gewissen mir zu, dass das nicht stimmte.
„Heimke. Ich habe dich niemals verarscht.“ Ihre Augen durchbohrten mich, als ich das sagte.
„Alles, was du für mich hast, ist Mitleid.“
Damit hatte sie leider recht. Es gab kein anderes Gefühl, und es würde auch nie ein anderes geben. Ich schwieg vorsichtshalber. Tränen liefen weiter ihr Gesicht hinab, doch sie ignorierte es trotzig. „Wahrscheinlich machst du dich im Stillen über mich lustig. Wie ich mich an dich ´rangemacht habe. Blöd von mir, ausgerechnet eine Hetero anzuquatschen.“
Sie war lustig gewesen und wir beide etwas angetrunken. Na und? Ich hatte keine Vorurteile gehabt. War nur neugierig gewesen. Sie war hübsch. Sie war temperamentvoll. Und ich solo. Allein und ungebunden. Was soll´s?
„Heimke, das war nicht blöd. Es war auch nicht falsch. Es ist nur nicht das daraus geworden, was du dir erhofft hast. Ich dachte, du willst nur flirten.“ Das stimmte. Niemals hätte ich gedacht, dass es ihr so ernst war. Vielleicht hätte sie selbst das ebenfalls nicht vermutet.
„FLIRTEN?“ Ihre Gesichtszüge entgleisten. „Du redest von flirten?“ Sie packte mich an den Oberarmen. „Das ist Verarschen. Das ist Hohn. Wer flirtet, tötet. Wer flirtet, kann nicht lieben.“
Oh du meine Güte. Das war irre. Es ging nicht mehr um sie oder mich.
„Heimke, bitte. Sei doch vernünftig.“
Ich fing an, mich zu wiederholen. Völlig überflüssig. Vernunft gab es nicht.
„Ich bin vernünftig“, sagte sie. Ihre Augen sagten etwas anderes. Fast hätte ich sie in die Arme geschlossen, so traurig sah sie auf einmal aus. Wie konnte das sein –
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