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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greta Schneider
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ein Problem darzustellen. Eine Schwester machte sich daran zu schaffen, sagte: „Wir müssen rasieren.“
    Hä? Doch nicht am Kopf – ich wollte nicht aussehen wie Franz.
    Wie durch einen Nebel bekam ich mit, dass man etwas mit mir machte. An meinem Hinterkopf. Ich musste auf dem Bauch liegen. Eine Schwester hielt kurz meine Hand. Was sie machten, wie lange es dauerte … keine Ahnung. War mir auch egal. Alles egal.
    Irgendwann später, es war schon dunkel draußen, lag ich in einem leeren Krankenzimmer mit Fernseher. Wie lange ich dort schon war, wusste ich nicht. Alles in Watte gepackt. Ein dumpfer Schmerz in meinem Schädel ließ mich überlegen, was genau geschehen war. Doch das Denken war zu anstrengend. Es verstärkte den Schmerz noch. Vorsichtig berührte ich meinen Kopf. Hatten sie mich wirklich – rasiert? Nein. Alle Haare waren noch dran. Jedenfalls vorne. Ich tastete nach meinem Hinterkopf. Ich fühlte Verbandsmaterial. Die Naht am Hinterkopf. O. K., ich hatte wahrscheinlich eine kahle Stelle da. In meinem Arm war eine Kanüle befestigt. Ich hing an einem Tropf. Egal.
    An der Tür eine Bewegung. Wie durch eine Milchglasscheibe konnte ich erkennen, dass sich die Tür öffnete. Eine Stimme, die mir bekannt vorkam, sprach gedämpft und leise.
    „Sie lassen mich jetzt fünf Minuten mit ihr allein.“ Die Stimme duldete keinerlei Widerspruch.
    Doch eine andere Stimme sagte: „Keine Fragen. Verstehen Sie? Sie dürfen sie sehen, aber nicht mit ihr reden. Vor allem nicht – darüber.“
    „Ist ja schon gut. Jetzt lassen Sie mich doch endlich zu ihr. Herrgott noch mal, ich werde keine Ermittlungen anstellen.“
    Das klang genervt. Und es klang nach einem Mann, den ich kannte. Wie hieß er doch gleich – ach ja. Leo. Leo König.
    Der Mann kam näher, setzte sich zu mir. Er roch vertraut und so gut, als er mir einen Kuss auf die Stirn hauchte. Aua. Selbst das tat weh. Ich schloss die Augen. Vorsichtig nahm er meine Hand in seine. Ich fühlte, wie mein Puls schneller ging. Er war extra zu mir gekommen.
    Eine Weile saß er so da, meine Hand in seiner. Mit dem Daumen streichelte er meinen Handrücken. Fast war mir, als zitterten seine Hände. Bitte, geh nicht weg.
    „ Tesoro , ich weiß, du kannst mich hören“, raunte er mir zu. Tesoro . Das hatte er schon mal irgendwann zu mir gesagt. Es hieß – Schatz. Das hatte er mir verraten. Ich drückte seine Hand. Ich wollte sehr gerne sein Tesoro sein.
    „Ich sorge dafür, dass es dir bald wieder besser geht. Schon morgen. Morgen kannst du schon wieder fast alles. Das sagt der Arzt.“ Seine Hände ließen mich nicht los. Sie waren warm und fest. Ein Versprechen lag darin. Alles lag darin. Auch das, was er nicht sagte. Ich versuchte, die Augen aufzuschlagen. Er saß da im Halbdunkel, schwer zu erkennen. Ja, das waren die Umrisse des Mannes, den ich kannte. Seine Locken, seine breiten Schultern.
    Die Tür ging auf. „Ihre fünf Minuten …“ Das war die andere Stimme. Sehr bestimmend, wie Leo. Aber sehr leise.
    „Gleich.“ Leo küsste mich vorsichtig auf die Stirn. O weh. Es war so schön und schmerzte doch.
    „Bitte sprich mit keinem. Nicht, bevor du mit mir gesprochen hast“, flüsterte er zum Abschied.
    „Ich komme morgen wieder. Das darf ich doch?“ Oh Leo. Ja, das darfst du.
    „Ich hab dein Versprechen, dass du mit niemandem sprichst? Drück´ meine Hand, wenn ja …“
    Ja, ja. Ich verspreche es.
    „Dann schlaf´ jetzt, amore mio. Du musst erschöpft sein.“
    Amore mio. Damit konnte ich einschlafen.
     
     
    Der Arzt kam in Begleitung einer wunderhübschen Krankenschwester mit asiatischem Aussehen. Er selbst trug einen gepflegten Vollbart und hatte leuchtend blaue Augen, die gerade forschend mein Gesicht nach Spuren von Gedächtnisverlust und Ähnlichem absuchten.
    Dr. Westhage erkundigte sich, wie es mir ging, und untersuchte meine frisch genähte Platzwunde.
    „Sie befinden sich hier auf der neurologischen Station. Ich muss Sie noch bis morgen früh dabehalten, denke ich. Sie haben gestern ein Beruhigungsmittel bekommen, und wir wollen morgen noch einmal Reflexe und so etwas kontrollieren. Eine Gehirnerschütterung ist nicht ungefährlich.“
    Ich nickte. Brach ich mein Versprechen, wenn ich wenigstens Danke sagte? Vorsichtshalber schwieg ich, lächelte aber so freundlich, wie mein immer noch schmerzhafter Zustand es erlaubte.
    Er beugte sich zu mir und sagte leise und in besorgtem Tonfall: „Die Polizei hat nach Ihnen gefragt. Jemand möchte

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