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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greta Schneider
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schob er mich von sich weg und drückte mich auf den Stuhl am Besprechungstisch. Intelligenterweise verzichtete er auf die Frage, wie es mir geht.
    „Haftprüfung ist am Freitag. Bis dahin werden sie die endgültigen Obduktionsergebnisse haben. Einige andere Dinge haben sie inzwischen auch herausgefunden. Wussten Sie zum Beispiel, dass das Messer, mit dem Frau Ilanz erstochen wurde, wahrscheinlich aus ihrer eigenen Küche stammte?“
    „Das heißt, ich stehe noch stärker unter Verdacht als vorher. Wer sonst hätte das Messer da wegnehmen sollen?“ Oh du meine Güte. Was noch alles?
    „Unwahrscheinlich. In ihrer Wohnung konnten sie keine Fingerabdrücke von Ihnen feststellen. Außerdem hätten Sie das alles ja schon vor Wochen erledigen können. Nein, das muss jemand gezielt mitgenommen haben.“
    „Wer soll denn so etwas tun?“, fragte ich. „Ein Messer auf Vorrat mitnehmen, um dann bei Gelegenheit …“ Ich machte eine stechende Bewegung und schüttelte den Kopf. Das Ganze war zu verrückt.
    „Sie glauben gar nicht, wie verrückt manches ist. Bald werden Sie das selbst erleben. Nichts ist bunter als das Leben als Verteidiger. Wahrscheinlich hat die Person das Messer mitgehen lassen, deren Fingerabdrücke sie überall in der Wohnung gefunden haben. Die, die nicht vom Opfer stammten. Könnte eine Lebensgefährtin oder Freundin gewesen sein. Sie wollen auch DNA-Spuren nehmen. Vielleicht ist etwas Brauchbares dabei.“
    Ich seufzte. Solche polizeitechnischen Untersuchungen dauerten. Das wusste ich von Staatsanwalt Hellenberg. Oft genug hatte ich ihn schimpfen hören, wenn es mal wieder keine Rückmeldung von der PTU gab. Oder wenn ein Sachverständiger mal wieder gebummelt hatte.
    Rechtsanwalt Dr. Krawczyk beruhigte mich: „Wenn es zu lange dauert, lässt der Haftrichter Sie raus. Schließlich ist das nicht Ihre Schuld, wenn die Ermittlungen zu lange dauern. Das weiß auch die polizeitechnische Untersuchungsstelle.“
    Er berichtete, dass Heimke dem Taxifahrer Akgün Geld in die Hand gedrückt und ihn dann weggeschickt hatte. Das erklärte allerdings einiges. Die ganze Zeit fürchtete ich um meinen Verstand. Ich hatte das Taxi doch gesehen. Es gab keine Fingerabdrücke von mir auf den Messern. Woher auch? Meine Mütze hatten sie in der Wohnung nicht finden können. Auch sonst nichts.
    „Reicht das nicht, um mich freizulassen?“
    „Für mich würde das vollkommen genügen. Aber es fehlt immer noch das Ergebnis der Obduktion. Sie führen noch einige Tests durch. Wenn sich herausstellt, dass die Kopfverletzung, die sich das Opfer beim Sturz zugezogen hat, tödlich war, dann können wir hoffen.“
    „Wie bitte?“ Das klang dermaßen zynisch, dass ich mich schockiert in meinem Stuhl zurücklehnte.
    „Dann wäre es Notwehr. Und der oder die Messerstecher hätten dann eine Tote zu töten versucht. Nur ist das wenig wahrscheinlich. Die Blutlache, in der sie lag, lässt vermuten, dass sie noch lebte, als man ihr das Messer in die Brust gerammt hat. Tote bluten nicht.“
    Ich schluckte. Wenn es so war, dann war es ein ganz klarer Mord. Heimtückisch. Und ich war eine Mordverdächtige.
    „Gibt es denn keine Ermittlungen nach einem anderen Täter?“ Der noch frei herumlief und nach Belieben weitere Menschen mit Messern traktieren konnte.
    „Selbstverständlich. Der Bekanntenkreis des Opfers ist groß. Sie war kein Kind von Traurigkeit. Da könnte ein Tatmotiv liegen. Verletzte Eitelkeit, Liebeskummer, Eifersucht. Sie wissen schon. Es gibt verlassene Liebhaberinnen, darauf können Sie wetten. KOK Helmers hat einige befragt. Doch die hatten alle ein wasserdichtes Alibi. Viele waren schockiert, als sie von dem Stalking gegen Sie hörten.“
    „Das man mir aber hoffentlich glaubt.“
    „Natürlich. Schließlich ist Ihr Auto abgebrannt. Und Frau Kanther hat das übelriechende Beweismittel in Empfang genommen. Ihre hässlichen SMS und E-Mails hatte Frau Ilanz allerdings weitgehend gelöscht. Die mussten mithilfe ihres Internet-Providers sowie Ihres iPads rekonstruiert werden.“
    Was gab es denn dann noch, was sie dazu veranlasste, mich hier festzuhalten?
    „Sie hatten ein starkes Motiv und die Gelegenheit. Verstehen Sie?“ Mein Verteidiger nahm meine Hände und drückte sie. „Das Motiv: Sie wollen dieses ewige Stalking endlich los sein. Verständlich. Alle Ermittler sind da ganz bei Ihnen. Keiner, der das nicht versteht.“ Er lächelte wieder. „Darum geht es doch in der Kriminalistik: Motiv und Gelegenheit.

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