Herzgesteuert: Roman (German Edition)
blass! Geht es Ihnen gut?«
»Zehn Jahre?! Das überlebt der nicht!«
»Hat die Tat eine schwerwiegende Körperverletzung oder eine Schwangerschaft der vergewaltigten Person zur Folge oder wird die vergewaltigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt, so ist der Täter mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat die Tat aber den Tod der vergewaltigten Person zur Folge, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.«
»Halt!«, rufe ich entsetzt aus. »Moment!« Mir kommt ein ganz fürchterlicher Gedanke. »Schwangerschaft! Vielleicht ist Vicki schwanger!« Ich fasse mir an die heißen Wangen. »Natürlich! Sie sucht einen Schuldigen! Sie will eine Abtreibung durchsetzen! Nur so kann sie vor ihren Eltern mit der Nummer durchkommen!«
»Das halte ich durchaus für möglich«, bestätigt mich der Anwalt in meinem Verdacht. »Wenn Sie hundertprozentig sicher sind, dass Ihr Mann unschuldig ist …«
»Er ist nicht mein Mann !«, unterbreche ich Falk Huber schnell.
»Natürlich. Ihr … Bekannter.«
»Mein flüchtiger Bekannter«, stelle ich klar. Dieser Anwalt sieht viel zu gut aus, als dass man hier nicht sofort klare Grenzen ziehen sollte.
»Der flüchtige Bekannte, der Ihnen vierhundert Euro Honorar pro Stunde wert ist«, vervollständigt Dr. Falk Huber, um Ernsthaftigkeit bemüht, meine Aussage.
»Ja«, sage ich und trinke schnell einen Schluck Kaffee. »Wie kriegen wir ihn am schnellsten aus dem Knast?«
»Die Aufhebung der Untersuchungshaft kann nur vom Gericht veranlasst werden«, belehrt mich der Anwalt freundlich. »Wie Sie den Fall schildern, hat der Mann keine Arbeit und keinen festen Wohnsitz. Er wurde aufgrund des Beschlusses der Elternschaft aus der Klasse Ihrer Tochter bereits einmal polizeilich von der besagten Parkbank entfernt. Er hat sich nicht an die Auflagen gehalten. Da ist eine Untersuchungshaft gerechtfertigt.« Er schaut mich aus seinen grau-braun gesprenkelten Augen fast mitleidig an. »Man muss jetzt das Ergebnis der DNA abwarten … Was hat sich denn tatsächlich abgespielt …?«
»Das weiß ich natürlich auch nicht. In der Zeitung steht, dass man bisher keine passenden DNA-Spuren gefunden hat.«
»Das heißt aber noch lange nicht, dass das auch stimmt. Die Polizei ist verpflichtet, gewisse Details vor der Presse geheim zu halten.«
»Aha. Aber Georg ist so oder so unschuldig. Glauben Sie mir.«
»Woher wollen Sie das so genau wissen, wenn Sie ihn doch kaum kennen?«
»Ich … ähm … kenne ihn gut genug, um ihn charakterlich einschätzen zu können.«
»So so.« Herr Dr. Huber zieht eine Augenbraue hoch und mustert mich neugierig. »Wie kann man einen Menschen charakterlich einschätzen, wenn man nur an ihm vorbeijoggt?«
Nun fühle ich mich doch arg an die Wand gespielt.
»Wir haben schon mal geplaudert«, versuche ich den Ball flach zu halten. »Und er isst immer die Gurkenbrote meiner Tochter.«
»Also eine gewisse Beziehung ist durchaus entstanden.«
»Ja. Also, nein ! Natürlich ist keine Beziehung entstanden! Es geht um dieses Mädchen, das da immer an der Salzach abhängt. Meine Tochter Fanny hat mir erzählt, was dort so alles abgeht!«
»Dieses Mädchen müsste sich im Krankenhaus einer Untersuchung unterziehen. Ihre Kleidung für Laboruntersuchungen zur Verfügung stellen und so weiter.«
Verdammt, ist das heikel. Mir wird ganz anders. In was für ein Wespennest steche ich denn hier? Noch könnte ich mich heraushalten, dem guten Rechtsanwalt vierhundert Euro überreichen und mich aus dem Staub machen.
Aber ich kann und will jetzt nicht mehr zurück.
Ich habe Georg versprochen, dass ich alles für ihn tun werde.
Nur … wie? Das hört sich so hoffnungslos an. Mir schießen die Tränen in die Augen. Unauffällig blinzle ich sie weg und beuge mich über meine Tasse.
»Das macht die natürlich nicht freiwillig«, murmele ich und rühre in meinem Kaffee. »Die Mutter blockiert, der Klassenlehrer blockiert …«
»Wir müssen an das Mädchen rankommen«, stellt der Anwalt sachlich fest und tut so, als habe er meine Verlegenheit nicht bemerkt. »Wie, haben Sie gesagt, heißt sie?«
»Vicki. Aber sie geht zurzeit nicht zur Schule, und der Lehrer fühlt sich nicht zuständig. Die Eltern gehen nicht ans Telefon.«
»Wenn sie Anklage erhoben hat, kommen wir über die Kripo an sie heran«, sagt Falk Huber,
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