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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Jahrhundertwendevilla bei Wien! Drei abgeschlossene Wohneinheiten, Orangerie, Kaufpreis 3,2 Millionen! Nein, das ist zu weit weg. Wie soll er denn da hinkommen?
    Was mache ich da bloß, er ist doch gar nicht mein Kunde! Bin ich denn noch bei Trost?!
    Diesen Mann werde ich wohl oder übel seinem Schicksal überlassen müssen. Er ist wirklich nicht mein Problem. Ich habe mich schon genug mit ihm abgegeben.
    Klare Grenzen setzen muss man solchen Leuten.
     
    Als ich nach einer langen Runde um die Salzachseen wieder in den Park zurückkomme, wandert mein Blick automatisch zu meiner Lieblingsbank. Oh, da tut sich was. Zwei Polizisten reden auf den Penner ein. Sie nötigen ihn, sich zu erheben. Mein Magen krampft sich zusammen.
    Mist. Hätte ich ihn doch warnen sollen?
    »Beschwerde von der benachbarten Schule«, höre ich einen Beamten sagen.
    Um nicht blöd aufzufallen, tue ich so, als müsse ich mir den Schuh binden. Wie zufällig stelle ich meinen Fuß auf die Nachbarbank und schüttele einen imaginären Stein aus meinem Turnschuh.
    Täusche ich mich, oder schaut der Penner zu mir herüber? Und was ist das für ein verletzter … Ausdruck in seinen Augen?
    »Ein einstimmiger Beschluss der Eltern. Sie können hier nicht bleiben, die Kinder fühlen sich bedroht.« Der Polizist hört sich richtig sauer an. Ich begegne aus Versehen dem Blick des Mannes auf der Bank, und er schenkt mir ein winziges »Vielen-Dank-auch«-Lächeln.
    Na, das stimmt so nicht. Ich habe nicht aufgezeigt. Ich habe mich enthalten.
    »Ungeziefer in der Klasse …«, höre ich Wortfetzen herüberdringen, »Quarantäne, unhaltbare Zustände …«
    Der Penner schüttelt den Kopf, nimmt seine Mütze ab und hält sie den Polizisten hin. Ich höre einen von ihnen lachen, er hebt abwehrend die Hand.
    Das ist beschämend! Voller Abscheu starre ich sie an. Inzwischen sind einige Passanten neugierig stehen geblieben. Die Polizisten versuchen sie zum Weitergehen zu bewegen. Ich werde mich nicht dazugesellen. Ich habe damit nichts zu tun. Das ist überhaupt nicht meine Baustelle.
    Während ich hastig weitergehe, wirft der Penner mir einen fragenden Blick zu. Ich sehe schuldbewusst zurück, versuche ihm klarzumachen, dass es nicht anders ging, dass es mir wirklich leidtut und die Sache nicht auf meinem Mist gewachsen ist. Bestimmt denkt er, das ist meine Rache für die Dirigentenvilla am Sonnenhang! Dabei hat er sein Versprechen gehalten!
    Über die Schulter blickend sehe ich zu meinem Entsetzen, wie die Polizisten den Penner mitnehmen. Sie führen ihn am Arm zu ihrer grünen Minna und lassen ihn hinten einsteigen. Seinen Einkaufswagen hieven sie ebenfalls hinein. Jetzt sieht der Penner mich aus dem Innern des Wagens durch die Gitterstäbe an, direkt in mein vor Scham prickelndes Gesicht. Mit wackeligen Knien laufe ich weg, wobei ich auf dem Rasen stolpere.
    Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich jetzt tun soll.
    Es ist sicher am besten so.
    Ich meine, dieser Mann geht mich ja überhaupt nichts an .

12
     
    G nädige Frau sehen heute Morgen zum Anbeißen aus«, sagt Stefan Stör, der als Letzter zum Morgenmeeting kommt. Er stellt mit Schwung seine Kaffeetasse ab und zaubert einen Blumenstrauß hinter seinem breiten Rücken hervor, den er mir kokett unter die Nase hält: »Wann sehen wir uns mal privat?«
    Das ist das Einzige, was mich an Stefan Stör wirklich stört. Dass er mich völlig hemmungslos in aller Öffentlichkeit anbaggert. Ich meine, die Trockenpflaume Claudia sitzt schließlich auch dabei. Und er tut so, als wäre sie Luft.
    Ich weiß , dass er mich irgendwie verehrt. Und er weiß ganz genau, wie gut er aussieht. Er ist groß und hat Grübchen, wenn er lacht.
    Aber nach der Katastrophe mit Karsten Korzkamp habe ich mir geschworen , nie wieder etwas mit einem Kollegen anzufangen. Und erst recht nicht, seit ich selbst Chefin bin.
    Die Trockenpflaume springt errötend auf und macht sich daran, eine Vase mit Wasser zu füllen.
    Ich lege den Stift weg und fahre mir über die Stirn. »Stefan, so geht das nicht.« Ich setze einen amtlichen Blick auf und taxiere ihn streng: »Wir sind hier im Dienst!«
    »Deswegen frage ich ja, wann wir uns privat sehen!«
    Ich überhöre die Frage geflissentlich.
    Wie jeden Morgen sitzen wir im rot tapezierten Konferenzraum meiner Büroetage. Der Mahagonitisch ist übersät mit Ausdrucken, Telefonnotizen, Kaffeetassen, Mobiltelefonen und Notebooks. Stefan Stör scheint meine Abfuhr locker wegzustecken. Wir vertiefen uns

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