Herzgesteuert: Roman (German Edition)
fahre, gebe ich die Adresse des besagten Objektes in mein Navigationssystem ein.
»Das wird der fetteste Fang meines Lebens«, sage ich triumphierend. »Korzkamp, du wirst schielen vor Wut. Wie deine Tochter Schiela Natascha«, kichere ich gemein. »Diesmal gewinne ich !«
15
E ine Viertelstunde später sind die Scheiben frei, und ich düse voller Kampfeslust über die Autobahn Richtung Villach. Wegen der Baustelle bei Lofer und dem angesagten Stau habe ich mich entschlossen, über Zell am See zu fahren. Wie gut, dass ich so früh unterwegs bin. Der Berufsverkehr beginnt erst in einer Stunde. Im Radio spielen sie meine Lieblingslieder, und ich singe laut und siegessicher mit.
Zwischendurch nippe ich an dem Kaffee, den ich mir bei einem Drive-in in Golling kurz vor dem langen Tunnel gekauft habe. Diese tiefen, feuchtkalten Schluchten hier sind irgendwie unheimlich. Kein Mensch weit und breit, nur Adler und Gämsen. Eine warme Apfeltasche liegt auch noch zum Verzehr bereit. Das wird mein Tag! Ich spüre es genau!
»Karsten wird ganz schön blöd aus der Wäsche schauen, wenn ich dem Prinzen von Zamunda die Villa vom maulfaulen Tennisspieler verkaufe!«, jubiliere ich laut. »Jetzt fahr doch rechts, du Trottel! He! Lass mich vorbei, du Bauer!«
Wenn ich übermütig bin, fahre ich Auto wie ein Weltmeister. Eine selbstzufriedene Vorfreude macht sich breit, wenn ich mir vorstelle, dass ich heute das Kitzbüheler Tennisspielerhaus an den Scheich bringen werde. Und Korzkamp guckt in die Röhre! Allein sein Gesicht , wenn er nächsten Sonntag wieder bei mir Kaffee trinkt! Ich übe schon mal das überhebliche Lächeln, das ich mir für ihn reserviert habe. Tja, Pech gehabt, Karsten Kotzbrock, was? Ein kleiner Tipp von deiner ehemaligen Angestellten: Beziehungen sind alles!
»Los da! Aus dem Weg! Siehst du nicht, dass ich 180 Sachen draufhabe?!«
Ich zeige dem Opa mit dem Vöcklabrucker Kennzeichen, der wütend die Lichthupe betätigt, einen Vogel.
»Führerschein wohl im Lotto gewonnen, was?!«
Der Duft der warmen Apfeltasche zieht mir in die Nase, und ich beiße lustvoll hinein. Hm, köstlich. Ich schlecke und lecke, und ein Klecks heißer Apfelbrei mit Zimt tropft mir auf den Blusenkragen.
»Verdammt, das musste ja passieren«, schimpfe ich laut, greife nach einem Feuchttuch aus dem Spender und tupfe mir den Kragen ab.
»Na also, geht doch. Für alle Eventualitäten bestens ausgerüstet«, lobe ich mich selbst. »Von einer bekleckerten Schmuddelliese wäre der Prinz von Zamunda not impressed «, sage ich affektiert, während ich selbstzufrieden weiteresse.
»Davon könnte ich drei verdrücken«, seufze ich genüsslich. »Aber da ich heute nicht jogge … Jedes Pfund geht durch den Mund.«
So, Zahncheck. Ich recke mich zum Rückspiegel hoch und blecke die Zähne. Nicht, dass ich nachher bei dem Termin … Ich schürze die Lippen und verteile etwas Lipgloss darauf. Im Mundwinkel sitzt noch ein kleiner Krümel, den tupfe ich mir schnell weg … Da bemerke ich etwas im Rückspiegel, etwas … Dunkles, Fremdes, etwas Unheimliches. Wir sind zwar mitten im dunklen Tunnel, und es ist nur der Bruchteil einer Sekunde, dann ist dieses Etwas auch schon wieder weg, aber mein Herz fängt an zu rasen. Plötzlich ist mir bewusst, dass ich nicht allein in meinem Auto bin.
Da war ein Schatten! Ein … Kopf!
Ich zwinge mich, weiter nach vorn zu schauen, und atme ganz tief durch.
Juliane, du hast dir das eingebildet, komm, fahr nicht so schnell, du siehst schon Gespenster. Aber dann schaue ich noch einmal in den Rückspiegel, zucke fürchterlich zusammen, reiße den Kopf herum und schaue direkt in ein … Gesicht !!!
Mein Herz hämmert. Mir wird schlecht. Alles Blut weicht mir aus dem Körper. Ich ringe panisch nach Luft, die Lungen stechen, die Knie sind weich.
Es ist ein unrasiertes, finsteres Männergesicht! Dicht hinter mir!
Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so in Panik.
Ein fremdes, dunkles Männergesicht !
»Hilfe!«, kreische ich und reiße reflexartig das Lenkrad herum.
Mein Herz schlägt einen Rückwärtspurzelbaum, der Wagen schlingert völlig unkontrolliert auf die rechte Spur und kommt der Tunnelwand gefährlich nahe, als ich in Panik auf die Bremsen trete, sodass der Wagen zu schleudern beginnt. Eine fremde Männerhand in einem zerlöcherten Handschuh greift von hinten in das Lenkrad und bringt es wieder in Position. Ein Arm streift dabei meine Schulter, und ich schreie !!! Tod im Tunnel, das
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