Herzgesteuert: Roman (German Edition)
mein Haus zu lassen.«
»Und? Hat sie ihr Versprechen gehalten?«
»Ja.«
»Und habe ich mein Versprechen gehalten? Bin ich jemals wieder in einer Ihrer leer stehenden Villen aufgetaucht?«
»Ähm, ja, ich meine nein ! Aber Sie können sich doch nicht einfach in mein Auto legen und da … gemütlich pennen !«
»Nein. Natürlich nicht. Das ist im Allgemeinen nicht üblich.«
Der bringt mich um den Verstand.
Mein Gott ! Was muss ich dem Mann denn noch für Versprechen abnehmen, damit er ein für alle Mal aus meinem Leben verschwindet!
»Müssen wir hier jedes No Go für Sie einzeln auflisten?«, steigere ich mich in grenzenlose Empörung hinein und zähle an meinen Fingern auf: »Also! Hören Sie mir gut zu: In folgenden Bereichen werden Sie sich nie wieder aufhalten !
1. Badezimmer
2. Schlafzimmer
3. Kinderzimmer
4. begehbare Garderobe meines Exmannes
5. leer stehende Villa
6. Auto
7. Parkbank vor der Schule meiner Tochter
8. Hundert Meter Umkreis von uns beiden!«
Er zuckt schuldbewusst die Schultern. »Ich weiß, dass es nicht erlaubt ist, in fremden Autos zu übernachten. Aber da habe ich wenigstens meine Ruhe.«
»Aha«, sage ich und höre nicht auf, ihn mit offenem Mund anzustarren.
»Entschuldigung«, sagt er zum wiederholten Male. »Ich stehe nicht so auf den Lärm der Welt. Ich bin mehr so der Klassik-Fan.«
Ich meine, Sie können sich auch gerne das Radio anmachen, und wenn Sie wollen, trage ich Ihnen auch eine Stereoanlage hinein. Oder ich parke mein Auto demnächst vor dem Festspielhaus. Dann haben Sie etwas Musik.
»Es gibt zwei Obdachlosenunterkünfte in der Stadt«, fährt der Mann mit seinen aberwitzigen Erklärungen fort, »und dort hat mich die Polizei vor ein paar Monaten auch hingebracht. Sie erinnern sich bestimmt.«
Ungern.
Wenn du wüsstest, was für einen grauenvollen Streit ich deswegen mit Fanny hatte.
»Damit habe ich nichts zu tun«, sage ich. »Ich habe nicht mit abgestimmt auf diesem verdammten Elternabend. Ich war nur dabei . Sonst nichts. Nur dabei .« Abwehrend hebe ich die Hände.
»Na ja, da bringen sie alle Landstreicher hin, von denen sich die Bevölkerung gestört fühlt«, erklärt der Penner, »aber da wird oft randaliert und gestritten, und immer läuft diese aggressive, laute Musik. Außerdem sind die Penner da alle betrunken.«
»Klar«, sage ich schließlich. »Das ist ja wirklich unzumutbar.«
Moment mal. Er redet von »Pennern« und ist selber einer?
»Tja«, sagt er und zieht langsam eine Augenbraue hoch, »und nachdem ich Ihre Tochter Fanny schon eine ganze Weile kenne und wir ein sehr … sagen wir, freundschaftliches Verhältnis aufgebaut haben …«
»Bitte?« Mir verschlägt es fast die Sprache. »Ein freundschaftliches Verhältnis? Was darf ich mir denn darunter vorstellen?« Ich sitze auf dem Beifahrersitz und schwitze vor Empörung. Jetzt trete ich ihm bald wirklich in die Weichteile. Die Löwenmutter in meinem Gangsterfilm lässt es nämlich nicht zu, dass der Gangster ihrer Tochter auch nur ein Haar krümmt! Geschweige denn, eine einzige Laus da reinspringen lässt!
»Fanny ist ein tolles, blitzgescheites Mädel«, sagt er sachlich. »Anfangs gab sie mir immer diese aufgeweichten Vollwertgurkenbrote, und so kamen wir ins Gespräch.« Er schmunzelt. »Die halten sich nicht besonders lange. Das Brot saugt sich mit der Zeit mit dem Gurkensaft voll, und dann schmeckt es nicht mehr.«
Ich bin fassungslos.
»Sie essen also meine Gurkenbrote?!«, schreie ich empört. »Ach, darum verlangt Fanny immer zwei oder drei! Und ich hatte mich schon gefreut, dass sie so einen gesegneten Appetit hat in letzter Zeit!«
»Nein, nein, sie steht nicht auf Gurkenbrote.« Er lächelt mich entwaffnend an: »Aber ich. Besonders wenn ich weiß, dass Sie sie gemacht haben.«
»Also das ist ja wohl … Ich mache doch meine Gurken-Vollwertaufstrich-Biobrote nicht für einen P...?!« Jetzt höre ich mich wieder genauso an wie Christiane. Dass wir aber auch so ähnliche Stimmen haben müssen!
»Die schmecken absolut köstlich. Das heißt, wenn sie frisch sind. Fanny bringt sie mir immer vor der Schule. Das beste Frühstück, das man sich denken kann. Ich habe mich richtig dran gewöhnt.«
»Das ist das Biovollwertkorn aus der Frischetheke von Billa«, sagte ich automatisch wie im Werbefernsehen und muss mich zwingen, ein selbstzufriedenes Grinsen zu unterdrücken. »Da stehe ich jeden Tag in der Schlange, nur damit ich noch ein Warmes bekomme.«
Damals,
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