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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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ihrer Stimme schwingt Panik mit.
    Schon wieder hätte ich Gelegenheit zu lügen. Mit einer kleinen Notlüge könnte ich das ganze Thema Georg vom Tisch wischen. »Ja, er lebt jetzt wohl in Kitzbühel«, könnte ich sagen, und schon kämen keine Fragen mehr.
    Ich werde aber nicht mehr lügen.
    »Nein, ich habe ihn heute Morgen wieder mit nach Hause gebracht.«
    »Oh! Dann steht er sicher gleich unter dem Fenster!« Sie will schon aufspringen und den Autoschlüssel holen, als sie sich wieder auf das Bett sinken lässt.
    »Das geht jetzt sicherlich nicht mehr, mit dem Auto?«
    »Nein, Fanny. Das geht jetzt nicht mehr.«
    »Wo … wird er heute Nacht schlafen?«
    »Ich weiß es nicht, Fanny. Aber wir können ihn nicht bei uns aufnehmen.«
    »Warum eigentlich nicht?«, spricht Fanny das aus, was ich noch nicht mal zu denken wagte.
    Mir entfährt ein tiefer Seufzer. Ich stütze mich auf den Ellbogen und schaue Fanny fest in die Augen: »Es ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen.«
    Fanny springt auf, ihr Körper ist gespannt wie ein Flitzebogen.
    »Ihr habt euch verknallt!«
    Als ich schweige, beginnen ihre Augen zu leuchten. »Stimmt’s«, bricht es aus ihr heraus, und sie rüttelt mich begeistert am Oberarm. »Mami! Du kannst es ruhig zugeben! Ich werde bald dreizehn!«
    Ich streichele ihr mit dem Handrücken über die erhitzte Wange und schiebe ihr eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht.
    »Verknallt ist nicht der richtige Ausdruck«, versuche ich die Sache herunterzuspielen.
    »Mama, weißt du, wie es im Englischen heißt? To fall in love!« Fanny schaut mich ernst und wissend an. »Da kann man gar nichts gegen machen! Das passiert einfach! Dafür musst du dich doch nicht schämen!«
    »Ich schäme mich aber«, sage ich mit unterdrückter Stimme.
    »Weil er ein … Penner ist?«
    »Nein. Weil es ein ungleiches Spiel ist. Weil wir nicht in der gleichen Liga spielen.«
    »Du bist dir also zu fein für ihn?!« Fanny verschränkt die Arme vor der Brust.
    Ich schüttele stumm den Kopf.
    »Mama, das ist ein ganz feiner Kerl! Der war früher mal Pilot!«
    »Ich weiß«, flüstere ich schwach.
    »Aber dann ist er abgestürzt, lange im Rollstuhl und so, und jetzt sitzt er auf der Bank. Mama! Das kann doch jedem passieren!«
    »Ich weiß, mein Herz. Du bist so ein hilfsbereiter Mensch.«
    »Mama! Wir können Georg doch jetzt nicht im Stich lassen«, reißt Fanny mich aus meinen trüben Gedanken. »Der hat doch nur uns !«
    Entschlossen setze ich mich auf.
    »Georg ist ein erwachsener Mann«, sage ich, um Festigkeit in der Stimme bemüht. »Ihm sind wirklich schlimme Dinge passiert, und ich habe ihm ein bisschen … also eigentlich eine ganze Menge … Geld gegeben, damit er sich eine Wohnung mieten kann.«
    »Echt? Das hast du gemacht?« Fanny schaut mich erstaunt an und strahlt über das ganze Gesicht. »Wie viel?«
    »Schatz, es ist wirklich eine ganze Menge, und wir sollten über solche Summen nicht reden.«
    »Wie viel?« Sie zerrt neugierig an meinem Arm.
    Sanft mache ich mich los. »Es ist so viel Geld, dass er für die nächsten Jahre über die Runden kommt. Wenn er wirklich wieder ins normale Leben zurückkehren will, kann er es damit schaffen.«
    »O Mami! Du bist die Liebste, Beste, Süßeste, Tollste …« Endlich ist unser Kriegsbeil begraben. Da liegen wir nun, plaudern und kichern und gestehen uns gegenseitig immer mehr kleine Geheimnisse, die sich alle um Georg ranken.
    Aber mein größtes Geheimnis, unsere gemeinsame Nacht in Kitzbühel, behalte ich für mich.

25
     
    W ochen sind vergangen, und ich habe mich in Arbeit vergraben, um Georg zu vergessen.
    Anfangs habe ich den Park gemieden, und irgendwann erwähnte Fanny beiläufig, dass sie Georg seit dem besagten Tag nicht mehr auf der Bank gesehen habe. Sicher habe er sich eine Wohnung gemietet und Arbeit gesucht.
    Trotzdem bin ich daraufhin immer wieder, wie von unsichtbaren Händen geführt, unauffällig durch den Park geradelt oder gejoggt, um einen erwartungsvollen Blick auf die Bank zu werfen.
    Aber sie war und blieb leer.
    Keine Spur mehr von Georg. Keine Spur mehr von seinem Einkaufswagen.
    Sosehr ich ihn auch vermisse: Es ist natürlich für uns alle das Beste so.
    Fanny und ich sind uns wieder näher denn je.
    Nachdem der Salzburger Touristenstrom endlich verebbt war und die letzten Immobilien im herbstlichen Sonnenschein an den Mann gebracht worden sind, habe ich mein längst überfälliges Versprechen gegenüber Fanny wahr

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