Herzgrab: Thriller (German Edition)
in den Del-Vecchio-Mordfällen Befangenheit und Amtsmissbrauch vorwerfen. «
Fochettis Kiefer mahlten eine Minute lang, in der sie alle schwiegen. » Also gut, was brauchen Sie? «
» Eine Liste mit Namen und Adressen aller Chirurgen in der Toskana. «
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Auf den ersten Blick glich Florenz einem gigantischen Taubenschlag. Der schwüle Kessel dieser alten etruskischen Stadt strahlte ein mystisches und zugleich düsteres Flair aus. Die gelben, grünen und braunen Häuser hatten nichts Modernes. Türme aus verwaschenem Marmor reihten sich aneinander, unterbrochen von Torbogen und Plätzen mit zahlreichen Skulpturen.
Kurz nach elf Uhr erreichten Elena und Monica das Stadtzentrum und stellten den Wagen auf einem öffentlichen Parkplatz ab. Von hier aus liefen sie zu Fuß. Elena ging voraus, während Monica sich zurückfallen ließ, um mit Dunek zu telefonieren. Elena hörte nur, dass Monica sich nicht mit ihm treffen könne, weil sie zurzeit nicht in Wien sei – der Rest ging im Straßenlärm unter. Schließlich steckte Monica das Handy weg und holte Elena ein.
» Sieht so aus, als hätten Sie sich einen Millionär geangelt. «
» Meine Sorge ist eher, wie ich den wieder loswerde « , antwortete Monica.
Schließlich war sie mittlerweile selbst Millionärin.
Dunkle Wolken zogen über die Spitzen der Glockentürme und spiegelten sich im schwarzen Wasser des Arno wider, der träge unter den wuchtigen Brücken dahinfloss.
Lyashenko wohnte in der Via dei Girolami 5, einem abbruchreifen grauen Haus, eingequetscht zwischen zwei Türmen, mit vorspringenden Erkern und gusseisernen Wappen, die über den Bürgersteig ragten.
Das Blech der Hausnummer rostete auf dem schwarzen Holztor vor sich hin. Der Ponte Vecchio lag in der Nähe. Ein Windhauch trug den beißenden Gestank in die Gasse. Diese Ecke der Stadt wirkte harmlos verlassen, und das Tor sah auch nicht so aus, als wäre es aufgebrochen worden. Elena läutete. Ein blecherner Ton erklang hinter der Holztür.
Sie warteten. In Elenas Hosenbund steckte zur Sicherheit die Glock, auch wenn sie nur noch eine Patrone hatte.
Schließlich krächzte eine großväterliche Stimme in italienischer Sprache aus dem Haus.
Elena warf Monica einen auffordernden Blick zu. Diese stellte sich vor und erklärte, woher sie kamen.
» Sie haben also angerufen « , bemerkte der Alte auf Deutsch. Seine Aussprache hatte keinerlei italienischen Akzent, aber er nuschelte wie jemand mit einem Sprachfehler.
» Ja, wir müssen Sie dringend sprechen. «
» Sind Sie von der Polizei? «
» Nein, ich bin Privatdetektivin und komme aus Wien. Meine Klientin ist Salvatore Del Vecchios Tochter. «
» Was wollen Sie von mir? «
» Uns mit Ihnen über Salvatore Del Vecchio unterhalten. «
» Den kenne ich nicht. «
Elena atmete tief durch. » Sie haben die Farben für sein letztes Gemälde hergestellt. «
» Woher wissen Sie das? «
» Damiano Piroli schickte Ihnen eine Auswahl seiner Pinsel, damit Sie testen konnten, wie gut das Material haften bleibt. «
Der Alte schwieg.
» Ich fürchte, Ihr Leben ist in Gefahr « , fügte sie hinzu.
» Ist es vielleicht, sobald ich diese Tür öffne. «
Elena warf Monica einen auffordernden Blick zu. » Überzeugen Sie ihn, dass Sie Salvatores Tochter sind. «
Monica sprach längere Zeit auf Italienisch auf Lyashenko ein. Schließlich öffnete er die Tür einen Spalt. Der Mann war etwa einen Meter sechzig groß und hatte einen grauen Haarkranz. Sein Gesicht war deformiert. Eine lange tiefe Schnittverletzung, die erst vor wenigen Wochen genäht worden war, zog sich quer über sein Gesicht, weshalb die Augen schräg lagen und die Lippen ebenso leicht nach unten versetzt wirkten. Daher stammte also die undeutliche Aussprache.
Lyashenko betrachtete sie mit ängstlichem Blick durch eine Brille, deren Gläser Aschenbecherböden glichen.
Elena musste sich zwingen, nicht in sein deformiertes Gesicht zu starren. » Danke, dass Sie uns geöffnet haben. Dürfen wir reinkommen? «
Lyashenko zog die Tür auf, und sie traten ein. Er trug einen beigefarbenen Kittel mit Farbspritzern und Sicherheitsschuhe mit Metallkappen. Möglicherweise war ein Bein kürzer, denn der linke Schuhabsatz war um zwei Zentimeter höher.
Im Haus war es dunkel, und es roch muffig. Lyashenko hauste in ziemlich engen Räumen mit niedriger Decke. Durch einen Türspalt erkannte Elena eine Wohnküche mit zerschlissenem Fernsehstuhl und einer Kochzeile, in deren Spüle sich das Geschirr
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