Herzgrab: Thriller (German Edition)
stapelte. Fliegen surrten herum.
» Weshalb sprechen Sie so gut Deutsch? Stammen Sie aus Deutschland? «
Der alte Mann nickte und reichte ihr die knöcherne Hand. » Felix Lyashenko « , stellte er sich vor. » Aus Dresden. Ich bin achtundachtzig nach Italien gekommen. «
Aus der DDR . Ein Jahr vor dem Mauerfall. Lyashenko war geflohen! In Elenas Kopf schrillten die Alarmglocken. » Kennen Sie einen Mann namens Viktor König? « , fragte sie einem Instinkt folgend. » Er war Stasi-Offizier. «
Der Oberkörper des Mannes wich eine Spur zurück. » Kommen Sie von ihm? «
» Nein « , beruhigte Elena ihn. » Woher kennen Sie ihn? «
Erleichtert ließ Lyashenko die Schultern sinken. Er fuhr sich über die wulstigen Lippen und schluckte. » Ich würde lügen, wenn ich behauptete, ihn nicht zu kennen. König ist der Teufel in Menschengestalt. Was haben Sie mit ihm zu tun? «
» Ich bin ihm bei einer Versteigerung in Wien begegnet. «
» Er war in Wien? Was wollte er dort? «
» Vermutlich das letzte Gemälde kaufen, das Salvatore Del Vecchio geschaffen hat. «
Lyashenko schüttelte abfällig den Kopf. » Ein Mann wie König ist nicht an Gemälden interessiert. Der ist auf anderen Gebieten tätig. «
» Aber in der Kunstbranche ist viel Geld zu machen « , widersprach Elena. » Das Gemälde wurde für siebzehn Millionen Euro versteigert. «
Lyashenko stieß einen Pfiff aus. » Deshalb sind Sie den weiten Weg von Wien hergefahren? Wie kommen Sie darauf, mein Leben sei in Gefahr? «
» Viktor König wird Ihnen möglicherweise schon bald einen Besuch abstatten. «
Eine Gänsehaut überzog Lyashenkos Handrücken. » Warum sollte er das tun? «
» Weil Sie die Ölfarben für Del Vecchios letztes Gemälde hergestellt haben. «
Lyashenko wirkte verwirrt. » Was zum Teufel hat das alles mit König zu tun? «
» Er ist wahrscheinlich auf der Suche nach Salvatore Del Vecchio. «
Lyashenko hob die Schultern. » Ich habe Salvatore persönlich nie kennengelernt und weiß nicht, wo er steckt. «
» Das würde König nicht daran hindern, Sie zu töten. «
Lyashenko musterte sie. » Und Sie wollen mir helfen? «
Nun mischte sich Monica in das Gespräch ein. » Was ist so besonders an den Ölfarben gewesen, die Sie für meinen Vater gemischt haben? «
» Sie waren in der Tat etwas Besonderes. « Lyashenko sperrte die Haustür zweimal ab. » Nur zur Sicherheit. « Er lächelte unbeholfen. Dann öffnete er eine Tür im Vorraum, knipste einen Lichtschalter an und deutete auf eine schmale Treppe, die in den Keller führte.
» Folgen Sie mir in meinen Arbeitsraum. Dort unten habe ich die Farben erzeugt. «
48
Gerink und Scatozza bekamen im obersten Stock der Wachstube der Carabinieri ein Büro zur Verfügung gestellt, allerdings ohne PC . Dafür erhielten sie Handy, iPhone, Laptop sowie ihre Gepäckstücke aus dem Hotel wieder. Scatozza bekam sogar seine Walther mit dem Reservemagazin zurück.
Fochetti instruierte den Maresciallo, ihnen bei den Ermittlungen behilflich zu sein. Sicherheitshalber hörte Scatozza bei dem Gespräch zu, damit hinter ihrem Rücken keine krummen Dinger liefen. Dann verließ Fochetti sie kommentarlos.
Mittlerweile war der Himmel zur Gänze bewölkt, Blitze zuckten am Horizont, Donnerschläge krachten in weiter Ferne, und der Wind drückte die schwüle Hitze durch das gekippte Fenster. Gerink wusch sich und schlüpfte in ein frisches Hemd. Kurz vor elf Uhr vormittags erhielten sie eine Liste aus dem Tintenstrahldrucker mit Namen, Telefonnummern und Anschriften aller Chirurgen, Sanitäter, Krankenpfleger, Tierärzte, Medizinstudenten und Einwanderer mit medizinischer Ausbildung, die zu einer Organentnahme in der Lage gewesen wären.
» Die italienische Polizei hat diese Liste schon mehrmals durchgearbeitet « , kommentierte der Maresciallo.
» Das ist gut möglich. « Scatozza schlug den Computerausdruck auf perforiertem Endlospapier auf. Darauf befanden sich mehrere hundert Namen in blasser Tinte. Gibt es hier keinen Laserdrucker?, schien sein Blick zu sagen.
Der Maresciallo stand steif im Türstock. » Wir haben alle Querverweise untersucht. «
» Erfolglos, nehme ich an « , sagte Gerink.
Der Maresciallo erwiderte nichts, sondern schob bloß die Unterlippe nach vorn.
» Noch was? « , fragte Gerink.
» Ich weiß nicht, wie hart Sie in Ihre Land Vernehmungen durchführen, aber bei einige von diese illegale Einwanderer, Vorbestrafte und asoziale Dreck « – er deutete auf die Liste –
Weitere Kostenlose Bücher