Herzgrab: Thriller (German Edition)
Schranktüren und Kommodenschubladen klappern. Entweder suchte er eine Taschenlampe oder eine Ersatzbirne.
Sie ritzte weiter. Immer öfter glitt ihr die Scherbe aus den Fingern, und sie musste sie wieder in die richtige Position bringen. Als sich Blut und Schweiß vermengten, konnte sie die Scherbe nicht mehr ruhig halten und schnitt sich mehrmals in den Finger. Dennoch ritzte sie weiter. Aber die Schneidefläche war schon so schmierig und stumpf, dass nichts mehr ging. Außerdem schnitt sie sich immer öfter ins Handgelenk.
» Verflucht « , heulte sie. Warum konnte das jetzt nicht klappen?
Nun kam doch die Panik.
Oben hörte sie, wie ein Lampengestell schepperte.
» Mach schon « , flehte sie. Hastig bewegte sie die Finger und ignorierte die Schmerzen – aber dann brach die Scherbe entzwei.
» Scheiße! «
Tränen traten in ihre Augen. Warum ausgerechnet jetzt, wo ein kleiner Hoffnungsschimmer auf Flucht ihr Kämpferherz beseelt hatte? Zornig zerrte sie an der Lederfessel.
Sie hörte, wie Lyashenko ein Riesending die Treppe herunterzerrte. Vermutlich brachte er eine Stehlampe in ihr Verlies. Nur noch wenige Sekunden. Sie bäumte sich auf, biss die Zähne zusammen und zerrte an der Lederfessel. Sie gab nach, hing womöglich nur noch an einem Strang, riss aber nicht vollends durch.
Kraftlos sank Teresa auf die Pritsche. Ihre Bemühungen hatten keinen Sinn. Es wäre auch zu schön gewesen, hätten sie funktioniert. Lyashenko kam immer näher, mit einem Deckenfluter oder einer Neonlampe, was auch immer er mit sich trug. Damit würde er den Raum ausleuchten und sie langsam bei lebendigem Leib ausweiden und in Stücke schneiden.
» Schätzchen! « , rief er, als könnte er ihre Gedanken lesen. » Bald machen wir weiter. «
Wut flammte in ihr auf. Doch diesmal versuchte sie nicht, die Lederfessel zu zerreißen, sondern presste den Daumen in die Handfläche und machte die Hand so schlank wie möglich. Sie versuchte, aus der eingerissenen Fessel zu rutschen. Schweiß und Blut hatten sich zu einer Schmiere vermengt, und schließlich glitt sie mit der Hand durch.
Sie konnte es nicht fassen. Ihre Hand war frei! Nach so vielen Tagen. Lyashenko war nur noch wenige Stufen vom Eingang der Kammer entfernt. Rasch griff sie an ihren Kopf und versuchte, den Riemen zu lösen, der ihre Stirn fixierte. Sie tastete über das Leder. Die Bänder funktionierten wie Hosengürtel mit Dornen und Löchern. Augenblicklich ließ der Druck nach. Sie beugte sich auf die rechte Seite und löste die rechte Handfessel.
Weiter! Nicht schlappmachen, schärfte sie sich ein. Mit einem Ruck setzte sie sich auf und beugte sich vor, um an die Beinfesseln zu gelangen. Da wurde ihr schwarz vor Augen. Der Raum drehte sich um sie, und sie hatte das Gefühl, von der Pritsche zu fallen und sich übergeben zu müssen. Ihr Magen stülpte sich um.
Wozu das alles? In ihrem Zustand hatte sie doch ohnehin keine Chance gegen Lyashenko. Sie fingerte blindlings an den Fußfesseln und löste die Lederbänder. Langsam, um nicht bewusstlos von der Pritsche zu sinken, schob sie die Beine vom Tisch und berührte den Boden. Mit den nackten Füßen spürte sie das Salzwasser, das Lyashenko erbrochen hatte. Instinktiv presste sie eine Hand auf die Schnittwunde in ihrem Unterbauch. Blut sickerte zwischen ihren Fingern durch. Sie blickte zur offenen Tür. Ein feiner rötlicher Lichtschimmer fiel vom oberen Stockwerk in den Kellerabgang.
Sie tastete mit den Fingern nach der Kanüle, die in ihrem Arm steckte, und zog sie aus der Vene. Das Heftpflaster, das die Nadel fixiert hatte, klebte sie auf die Wunde, dann presste sie den Finger darauf. Viel würde das nicht helfen – aber immerhin.
Da fiel ein langer Schatten in den Raum. Lyashenko stand im Türrahmen. Sie hörte, wie er eine gusseiserne Stehlampe über den Boden schob.
» Schätz… « Er verstummte.
Sie stürzte zur Sicherheitstür und stemmte sich mit aller Kraft dagegen. Die Metallkante quetschte den Brustkorb des Mannes ein. Er ließ die Lampe fallen und ging in die Knie.
» Du verfluchte, kleine Schlam… «
Teresa wusste nicht, woher sie die Energie nahm, doch sie zog die Tür auf und schlug damit erneut gegen Lyashenko. Die scharfe Kante traf seinen Kopf. Sie hatte den Eindruck, sein Gesicht, eingequetscht zwischen Stahlrahmen und Tür, platze in der Mitte auseinander. Seine Nase brach, die Lippe sprang auf. Reglos blieb er auf dem Boden liegen.
Teresa stützte sich an der Tür ab. Sie konnte ihr
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