Herzgrab: Thriller (German Edition)

dem richtigen Weg. Als er in den Rückspiegel blickte, sah er einen grünen Fiat, der ihm bekannt vorkam.
    » Falls es dich interessiert, unser Freund ist wieder da. «
    Scatozza sah in den Seitenspiegel. » Wie einfallslos « , murmelte er. » Dasselbe klapprige Auto, mit dem er uns gestern zum Familiensitz der Del Vecchios geleitet hat. Und er ist allein. «
    » Meinst du, die Carabinieri haben bloß ein ziviles Dienstfahrzeug? «
    » Sieht so aus. « Scatozza sah kurz vom Laptop auf. » Aber vielleicht arbeitet Vito nebenbei auch für die Familie oder die Mafia. «
    Gerink trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. » Ich glaube nicht, dass die Del Vecchios etwas mit der Mafia zu tun haben. Die sind eher mit der Polizei, der Justiz oder dem Innenministerium verstrickt. «
    Scatozza nickte. » Dafür, dass die Carabinieri so lustlos nach Teresa suchen, investieren sie erstaunlich viel Zeit, um uns auf Schritt und Tritt zu überwachen. «
    Kurz bevor sie das Haus von Matteo Del Vecchios Witwe erreichten und Scatozza endlich seine Versteigerung beendete, steckten sie plötzlich im Stau.
    Gerink öffnete das Fenster und ließ den Arm heraushängen. Kurz vor 16.00 Uhr. Die Nachmittagssonne stand über den Dachgiebeln und brannte in die enge Gasse. Die Wagen vor ihnen standen dicht gedrängt, und die Autofahrer hupten. Ein dicker Brummer der Müllabfuhr blockierte die Straße.
    » Erfolgreich? « , fragte Gerink.
    » Na ja, ich hab sie gekauft, aber ein Schnäppchen war es nicht gerade. «
    Sie? Eine aufblasbare Puppe vielleicht? Gerink fragte nicht weiter nach. Aus dem Sizilianer war sowieso nichts herauszubekommen.
    » Versuch mal, was über Fochetti zu erfahren. «
    » Ich muss Akku sparen « , entgegnete Scatozza.
    » Hast du kein Ladegerät mitgenommen? «
    » Liegt im Zimmer. «
    » Komm schon! Francesco Fochetti, Florenz, Staatsanwalt. «
    Missmutig googelte Scatozza eine Weile. Als sie endlich weiterfahren konnten, hatte er einige Details über den Knaben herausgefunden . Fochetti war siebenundsechzig Jahre alt und verheiratet, ein sogenanntes Urgestein der italienischen Justiz, das sich nicht pensionieren lassen wollte. Als Jugendrichter hatte er Erfahrung im Umgang mit Jugendbanden gesammelt, später übernahm er als Staatsanwalt hauptsächlich Mordfälle, die im Zusammenhang mit Drogen- und Menschenhandel standen und meist mit der Ostmafia zu tun hatten. Seit drei Jahren arbeitete er in der Dienstaufsicht der Staatsanwaltschaft. Möglicherweise war er ein Saubermann, vielleicht stand er aber auf der Gehaltsliste der bösen Jungs.
    Gerink stellte sich die Frage, weshalb eine Koryphäe wie Fochetti den Fall einer in San Michele vermissten Wienerin auf den Tisch bekam. Die Art und Weise, wie in Teresas Fall ermittelt wurde, passte von vorn bis hinten nicht zusammen.
    Plötzlich begann Scatozza lauthals zu lachen. » Ich sage es ja immer: der Fluch der modernen Technik! «
    » Ausgerechnet du! «
    » Stell dir vor, ich habe Fochettis Enkeltochter auf Facebook entdeckt. Unglaublich! Sie führt einen Blog und schreibt ziemlich fleißig. Hin und wieder auch über ihren nonno, ihren Großvater. «
    » Und? Kennt sie die Hintergründe zu Teresas Verschwinden? «
    » Blödmann! « , brummte Scatozza. » Ihr Opa sammelt Oldtimer, nimmt sie manchmal auf Spritztouren mit, steckt ihr ab und zu ein paar Euro zu, falls er im Kasino gewinnt, und hier … Einer ihrer Schulkollegen soll ihn mit einer anderen Frau gesehen haben. Nun weiß sie nicht, ob sie mit ihrer Oma darüber reden soll oder nicht. «
    » Woher wissen wir, dass dieser Großvater tatsächlich Fochetti ist? «
    Scatozza grinste. » Sie nennt ihn fochi-nonno. Ihr anderer Opa ist schon lange tot. Hier ist das Foto, das der Schulfreund mit dem Handy aufgenommen hat. « Er drehte den Laptop.
    Fochetti hatte den Arm um die Hüfte einer Frau gelegt. » Okay, der Alte hat möglicherweise ein Verhältnis « , murmelte Gerink. » Aber wie bringt uns das weiter? Außerdem ist die Frau nur von hinten zu sehen. Das könnte alles Mögliche bedeuten. «
    Der Müllwagen war verschwunden. Endlich ging es weiter. Gerink versicherte sich mit einem Blick in den Spiegel, dass Vito ihnen noch folgte.
    » Steht Fochetti in irgendeinem Zusammenhang mit der Schmiergeldaffäre der Borromeo-Bank, den Immobilienfirmen, dem Speedboot-Hersteller in Livorno, den toskanischen Zeitungen oder …? «
    » Ja, ja, ich weiß, worauf du hinauswillst « , unterbrach Scatozza ihn. » Nein, keine