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Herzhämmern

Titel: Herzhämmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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gewaltsam aus einem Schlammloch ziehe. Mein Zittern sieht keiner, denn im unsteten Licht meiner Lampe zittert alles, der Boden, die Wände, die Decke.
    Shelleys Finger arbeiten. Das Seil, vorher ein Lehmknäuel, liegt in lockeren Schlingen auf dem geröllbedeckten Boden. Shelley befestigt das eine Ende um seine Mitte. »Sichere mich, Ecke.« Er will zur Rutsche gehen, aber sein Fuß hat sich festgesaugt. Er lacht, als er ihn hochreißt. »Die schmierigste Höhle, die wir bisher hatten, Ecke, was?« Er ist jetzt an der Rutsche.
    Mir wird plötzlich klar, dass er verschwinden wird.
    »Shelley … Musst du da runter?«
    »Es ist der einzige Weg«, sagt Shelley. »Vielleicht ist er ganz bequem; ich kann nur leider nicht um die Kurve sehen. Deshalb nehmen wir zur Sicherheit das Seil. Mach dir keine Sorgen.« Sein blitzschnelles Lächeln, nur für mich. Dann wendet er sich an Bonni: »Gib mir deine Lampe.«
    »Spinnst du?«, fährt Bonni auf. »Dann hab ich ja keine mehr!«
    »Du kriegst sie gleich zurück.«
    Bonni zögert. Er schaut meine Lampe an. Als ich nicht reagiere, schreit er: »Wir müssen Licht sparen!«
    »Hey, Shelley, nimm Martinas Lampe«, schlägt Ecke vor. »Ich lasse dich auch ohne Licht ab.«
    Ob ich Licht brauche, interessiert hier anscheinend keinen. Aber ich brauche es! Meine Hände umklammern das Gehäuse.
    »Martina?«
    Ich schaue in Shelleys emporgewandtes Gesicht. Und schlüpfe aus dem Gurt.
    »Danke.«
    Meine Hände sind leer. Mein Licht fährt die Rutsche hinab.
    Es ist kaum um die Biegung verschwunden und sein Schein ist noch schwach sichtbar, da glüht schon Bonnis Lampe auf. Sie beleuchtet Eckes Hände, durch die langsam das Seil gleitet.
    Wir hören Shelleys Stimme hallen.
    »Muss eine Superrutsche sein«, murmelt Ecke erregt.
    Das Seil macht ihm keine Mühe, es gleitet mit wenig Zug. Ich beobachte die lockeren Schlingen auf dem Boden und suche im zuckenden Dämmerlicht nach dem Ende des Seils. Ich habe es! Hastig schaue ich mich nach einer Felsnase oder etwas Ähnlichem um, wo ich es befestigen kann. Nichts scheint geeignet. Da wickle ich mir das schwere, nasse Teil um die Mitte. So. Nun kann Ecke seiner Rutschenschwärmerei frönen, und wenn ihm das Ding durch die Hände flutscht, bin ich auch noch da.
    Dass Shelley möglicherweise mit einem Ruck ins Seil fallen und mich mitreißen könnte, kommt mir flüchtig, aber ich befürchte es nicht wirklich: Shelley tut so etwas nicht, er passt auf. Das Seilende aber, das muss ich um jeden Preis sichern. Unter Bonnis anerkennendem Blick stemme ich Hände und Füße gegen die Wand. So. Und wenn ich die Höhle mit meinem Zittern zum Einsturz bringe.
    Interessanterweise ist jedoch außer einem innerlichen Beben nichts zu bemerken. Martina Schlotterbein schlottert im Augenblick nicht. In einem Augenblick, der das Fürchten lehrt. Martina Schlüter macht die außerordentliche Erfahrung, dass sie offenbar nur dann schlottert, wenn sie sich Panik leisten kann.
    Ich habe wenig Zeit, über diese absolut neue Seite an mir nachzudenken. Vielleicht ist es auch nur Zufall. Denn in Wirklichkeit bin ich fast besinnungslos vor Angst. Ich stemme mich ein und beobachte das Loch. Ecke arbeitet schweigend am Seil, Bonni leuchtet es an. Shelleys Rufe sind verstummt. Wie lange schon? Ich weiß es nicht.
    Auf einmal erschlafft das Seil. Ecke peitscht damit den Höhlenboden, nichts verändert sich, es bleibt vollkommen locker. »Shelley?«
    Als keine Antwort kommt, brüllt auch Bonni: »Shelley? Gib an! Sag was!«
    »Sei doch still!«, herrscht ihn Ecke an. »Ich kann ja nichts hören!«
    Der Hall seiner Worte verebbt und macht einem aufdringlichen Pochen Platz. Das ist mein Herzschlag. Die Angst drückt mir schier die Luft ab.
    Auf einmal kommen Geräusche aus der Tiefe. Shelleys Stimme, die sich an den Wänden bricht. Was er ruft, ist nicht zu verstehen.
    Bonni leistet sich einen Freudensprung, das Licht seiner Lampe hüpft. Ecke holt das schlappe Seil ein und wirft die Schlaufen hinter sich. Dann tanzt Shelleys Lichtschein um die Biegung und erlischt, kaum dass er Bonnis Licht begegnet ist. Ein Helm, zwei Arme, ein Körper, der sich heraufarbeitet, zwei Beine, die sich seitlich in die engen Wände stemmen. Ecke muss gar nicht ziehen, Shelley schafft es aus eigener Kraft. Er lässt sich schnaufend am Rand des Loches nieder und knüpft das Seil los.
    »Und?«, will Ecke wissen. »Wir können weiter. Ist gar nicht schwierig.« Shelleys nähere Erläuterungen gehen in

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