Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
wieder gegenübertreten. Wie könnte ich das? Ich will nach Atlanta zurück, zu meiner Mom. Der Gedanke beschämt mich. Achtzehnjährige sollten ihre Mutter nicht so sehr brauchen. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich schon hier sitze, aber plötzlich bemerke ich genervte Geräusche auf dem Flur. Jemand hämmert gegen die Tür.
»Verdammt, willst du noch die ganze Nacht da drinnen hocken?«
Amanda Spitterton-Watts. Als könnte es noch schlimmer werden.
Ich checke mein Spiegelbild. Meine Augen sehen aus, als hätte ich Preiselbeersaft mit Augentropfen verwechselt, und meine Lippen sind so geschwollen, als hätte eine Wespe hineingestochen. Ich drehe den Hahn mit der Aufschrift froid auf und spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht. Ein kratziges Papiertuch zum Abtrocknen und dann verberge ich mein Gesicht hinter meiner Hand und flüchte in mein Zimmer.
»Hallo, Bulimikerin «, sagt Amanda. »Ich hab dich gehört, weißt du.«
Mir sträuben sich die Nackenhaare. Ich drehe mich um und ihre hellen Augen weiten sich unschuldig über ihrer Hakennase. Nicole ist auch da und Rashmis Schwester Sanjita und … Isla Martin, die zierliche Rothaarige aus der Stufe unter mir. Isla bleibt ein Stück hinter den anderen. Sie gehört nicht zu ihrer Clique, sondern steht einfach nur in der Schlange zu den Toiletten.
»Sie hat ja so was von ihr Abendessen ausgekotzt. Seht euch ihr Gesicht an. Ekelhaft .«
Nicole kichert hämisch. »Anna sieht immer ekelhaft aus.«
Mein Gesicht glüht, aber ich reagiere nicht, denn genau das bezweckt Nicole. Aber ihre Freundin kann ich nicht ignorieren. »Du hast gar nichts gehört, Amanda. Ich bin keine Bulimikerin.«
»Habt ihr gehört, dass mich la mouffette gerade eine Lügnerin genannt hat?«
Sanjita hebt ihre manikürte Hand. »Ich hab’s gehört.«
Am liebsten hätte ich Rashmis Schwester eine Ohrfeige verpasst, aber ich drehe mich nur um. Einfach nicht beachten. Amanda räuspert sich. »Was läuft da zwischen dir und St. Clair?«
Ich erstarre.
»Während du gekotzt hast, hab ich nämlich gehört, wie Rashmi mit der Lesbe durch ihre Tür gesprochen hat.«
Ich wirble herum. Das KANN sie gerade nicht gesagt haben.
Ihre Stimme ist wie ein vergiftetes Bonbon, zuckersüß, aber tödlich. »Irgendwas darüber, dass ihr zwei rumgemacht habt, und jetzt weint sich die dicke durchgeknallte Lesbe die Augen aus.«
Mir entgleisen alle Gesichtszüge. Ich bin sprachlos.
»Sie hätte sowieso nicht bei ihm landen können«, sagt Nicole.
»Ich bin mir nur nicht sicher, warum Anna hier glaubt, bei ihm landen zu können. Dave hatte recht. Du bist wirklich eine Schlampe. Du warst nicht gut genug für ihn und du bist definitiv nicht gut genug für St. Clair.« Amanda wirft ihre Haare zurück. »Er gehört zur Crème de la Crème . Du solltest ihm nicht mal die Füße küssen dürfen.«
Ich schaffe es nicht mal ansatzweise, diese Information zu verarbeiten. Meine Stimme zittert. »Nenn Meredith nie wieder so.«
»Was denn, Lesbe ? Meredith Chevalier ist eine DICKE DURCHGEKNALLTE LESBE !«
Ich verpasse ihr einen so kräftigen Schlag, dass wir durch die Badezimmertür fliegen. Nicole brüllt etwas und Sanjita lacht und Isla fleht uns an aufzuhören. Andere Bewohner kommen aus ihren Zimmern gerannt, stellen sich um uns herum auf und feuern uns an. Und dann zieht mich jemand von ihr weg.
»Was zum Teufel ist hier los?«, fragt Nate und hält mich fest. Irgendwas tropft mir vom Kinn herunter. Ich wische es weg und stelle fest, dass es Blut ist.
»Anna hat Amanda angegriffen!«, sagt Sanjita.
Isla meldet sich zu Wort. »Amanda hat sie provoziert …«
»Amanda hat sich verteidigt!«, sagt Nicole.
Amanda fasst sich an die Nase und zuckt zusammen. »Ich glaube, sie hat sie gebrochen. Anna hat mir die Nase gebrochen.«
Habe ich das wirklich? Die Tränen brennen mir auf der Wange. Der blutige Kratzer muss von Amandas Fingernägeln kommen.
»Wir warten, Mademoiselle Oliphant«, sagt Nate.
Ich schüttle den Kopf, als Amanda eine Tirade von Anschuldigungen loslässt. »Es reicht!«, sagt Nate. Sie verstummt. Er ist bisher noch nie laut geworden. »Verdammt, Anna, was ist passiert?«
»Amanda hat Mer…«, flüstere ich.
Er ist wütend. »Ich kann dich nicht verstehen.«
»Amanda hat …« Aber ich verstumme, als ich Meredith’ blonde Locken über allen anderen Köpfen in der Menge entdecke. Ich kann es nicht aussprechen. Nicht nach all dem, was ich ihr heute schon angetan habe. Ich blicke auf meine
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