Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
Abend …«
»Vergiss es, das war keine große Sache«, sage ich. »Ich hab alles gut wegbekommen.«
»Was hast du gut wegbekommen?«
Ups. »Nichts.«
»Habe ich was kaputt gemacht?« Er scheint verwirrt.
»Nein! Du hast nichts kaputt gemacht. Du hast bloß, ähm …« Ich zeige es ihm mit einer Geste.
St. Clair lässt seufzend den Kopf hängen. »Tut mir leid, Anna. Ich weiß, wie sauber du dein Zimmer hältst.«
Ich wende den Blick ab, weil es mir peinlich ist, es gesagt zu bekommen. »Ist schon okay. Wirklich.«
»Hab ich wenigstens das Waschbecken getroffen? Oder deine Dusche?«
»Den Fußboden. Und meine Beine. Aber nur ein bisschen!«, füge ich hinzu, als ich sein entsetztes Gesicht bemerke.
»Ich hab dir auf die Beine gekotzt?«
»Ist schon okay! Ich hätte in deiner Situation das Gleiche gemacht.« Bevor ich die Worte aufhalten kann, sind sie mir schon herausgerutscht. Dabei habe ich mir solche Mühe gegeben, nicht davon zu sprechen. Er macht ein gequältes Gesicht, wechselt aber zu einem ähnlich schmerzhaften Thema.
»Hab ich …« St. Clair sieht flüchtig zu den anderen hinüber, um sich zu vergewissern, dass sie noch mit Gesichtsbehaarung beschäftigt sind. Das sind sie. Er rückt seinen Stuhl noch näher zu mir und senkt die Stimme. »Habe ich irgendwas Besonderes zu dir gesagt? An diesem Abend?«
O-oh. »Was Besonderes?«
»Es ist bloß … Ich erinnere mich nur dunkel daran, dass ich in deinem Zimmer war. Aber ich hätte schwören können, wir hätten über … etwas Bestimmtes gesprochen.«
Mein Herz schlägt höher und das Atmen fällt mir schwer. Er erinnert sich. Dunkel. Was bedeutet das? Was soll ich ihm sagen? So sehr ich auch nach Antworten lechze, auf dieses Gespräch bin ich nicht vorbereitet. Ich schinde noch ein wenig Zeit. »Worüber denn?«
Er druckst herum. »Habe ich etwas Komisches über … unsere Freundschaft gesagt?«
Da ist es.
»Oder meine Freundin?«
Und da ist das. Ich sehe ihn mir genau an. Dunkle Augenringe. Ungewaschene Haare. Hängende Schultern. Er ist so unglücklich, so anders als sonst. Ich möchte nicht diejenige sein, die es für ihn noch schlimmer macht, so sehr ich auch die Wahrheit wissen würde. Ich kann ihn nicht danach fragen. Denn falls er mich tatsächlich mag, kann er in diesem Zustand ohnehin keine neue Beziehung anfangen. Oder das Ende seiner momentanen verkraften. Und falls er mich nicht mag, würde ich wahrscheinlich seine Freundschaft verlieren. Dann wäre die ganze Situation einfach zu seltsam.
Und Freundschaft ist genau das, was St. Clair jetzt braucht.
Ich versuche, ein ausdrucksloses, aber aufrichtiges Gesicht zu machen. »Nein. Wir haben nur über deine Mom gesprochen. Sonst nichts.«
Es war die richtige Antwort. Er sieht erleichtert aus.
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Kapitel siebzehn
I n der Pâtisserie gibt es dicke, knarrende Holzdielen und einen Kronleuchter mit klingelnden Topaskristallen. Sie glänzen wie Honigtropfen. Die Verkäuferinnen hinter dem Ladentisch legen kunstvolles Gebäck in braunweiß gestreifte Schachteln und binden jedes Päckchen mit einer türkisfarbenen Schleife und einem silbernen Glöckchen zu. Die Schlange ist lang, aber alle genießen geduldig das wohlige Ambiente.
Mer und ich stehen zwischen mehrstöckigen Auslagen, die so groß sind wie wir selbst, und warten. Die eine Auslage ist ein Baum aus macarons , runden, zusammengeklappten Küchlein mit einer Kruste so zerbrechlich wie Eierschalen und einer Füllung, die so cremig und köstlich ist, dass mir allein beim Anblick die Sinne schwinden. Die andere ist ein Arrangement aus Törtchen, gâteaux , die mit Mandelglasur überzogen und mit gezuckerten Stiefmütterchen garniert sind.
Unser Gespräch ist wieder bei St. Clair gelandet. Wir reden über nichts anderes mehr. »Ich hab nur Angst, sie schmeißen ihn raus«, sage ich auf Zehenspitzen stehend. Ich versuche, einen Blick in den Glaskasten vor der Schlange zu erhaschen, aber ein Mann im Nadelstreifenanzug und mit einem zappelnden Welpen auf dem Arm versperrt mir die Sicht. Es sind heute noch weitere Hunde im Laden, was für Paris nicht ungewöhnlich ist.
Mer schüttelt den Kopf und ihre Locken hüpfen unter ihrer Wollmütze. Anders als St. Clairs Mütze ist ihre türkis und sieht seriös aus.
St. Clairs gefällt mir besser.
»Sie schmeißen ihn schon nicht raus«, sagt sie. »Josh wurde auch nicht von der Schule verwiesen und er schwänzt schon sehr viel länger. Und die Direktorin würde nie jemanden rauswerfen,
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