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Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch

Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch

Titel: Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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los und er tippt mit dem Buch gegen meinen Arm. »Das ist ja schlimmer, als ich dachte.« Er lacht. »Sieht er immer so aus?«
    »Ja.«
    Er klappt es auf und liest den Schutzumschlag. Ich betrachte besorgt sein Gesicht. Es nimmt einen verwirrten Ausdruck an. Er hält inne und liest etwas noch einmal. Dann sieht er zu mir auf. »Es geht um Krebs«, stellt er fest.
    Ach. Du. Schande.
    »Die Frau darin hat Krebs. Was wird aus ihr?«
    Ich habe einen Kloß im Hals. »Mein Vater ist ein Idiot. Ich hab dir ja gesagt, er ist ein absoluter Vollidiot.«
    Eine qualvolle Pause. »Er verkauft ziemlich viele davon, oder?«
    Ich nicke.
    »Und lesen die Leute das gern? Sie finden es unterhaltsam, stimmt’s?«
    »Es tut mir leid, St. Clair.« Tränen steigen mir in die Augen. Noch nie habe ich meinen Vater so gehasst wie in diesem Moment. Wie konnte er nur? Wie kann er es wagen, mit etwas so Schrecklichem Geld zu verdienen? St. Clair klappt das Buch zu und schiebt es ins Regal zurück. Er nimmt ein anderes, Der Eingang . Der Leukämieroman. Mein Vater trägt ein vornehmes Hemd, dessen oberste Knöpfe leger geöffnet sind. Er hat die Arme verschränkt, aber das gleiche lächerliche Grinsen im Gesicht.
    »Er ist ein Freak«, sage ich. »Ein nerviger, dumpfbackiger Freak.«
    St. Clair schnaubt verächtlich. Er macht den Mund auf, um etwas zu sagen, merkt dann aber, dass ich weine. »Nein, Anna. Anna, es tut mir leid.«
    »Mir tut es leid. Du hättest das nicht sehen sollen.« Ich nehme ihm das Buch weg und stecke es wieder ins Regal. Ein Stoß Romane fällt herunter und kracht zwischen uns zu Boden. Wir bücken uns beide, um sie aufzuheben, und stoßen mit den Köpfen zusammen.
    »Aua!«, sage ich.
    St. Clair reibt sich den Kopf. »Alles okay?«
    Ich reiße ihm die Bücher aus den Händen. »Mir geht’s gut. Richtig gut.« Ich staple sie ins Regal und stolpere in den hinteren Teil des Ladens, so weit weg von ihm und von meinem Vater wie möglich. Aber ein paar Minuten später ist St. Clair wieder bei mir.
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagt er leise. »Man kann sich seine Eltern nicht aussuchen. Ich weiß das besser als jeder andere, Anna.«
    »Ich will nicht darüber reden.«
    »In Ordnung.« Er hält einen Gedichtband hoch. Pablo Neruda. »Hast du das hier gelesen?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Gut. Ich hab es nämlich gerade für dich gekauft.«
    »Was?«
    »Es steht für nächstes Semester auf unserem Englisch-Lehrplan. Du hättest es sowieso kaufen müssen. Mach es auf«, sagt er.
    Verwirrt gehorche ich. Auf der ersten Seite ist ein Stempel. SHAKESPEARE AND COMPANY , Kilometer Zero Paris . Ich mache ein verständnisloses Gesicht. »Kilometer Zero? Ist das das Gleiche wie Point Zéro?« Ich denke an unseren ersten gemeinsamen Spaziergang durch die Stadt zurück.
    »Um der alten Zeiten willen.« St. Clair lächelt. »Komm, der Regen hat aufgehört. Verschwinden wir von hier.«
    Draußen bin ich immer noch schweigsam. Wir gehen über dieselbe Brücke wie an jenem ersten Abend – ich außen, St. Clair innen – und er hält die Unterhaltung für uns beide in Gang. »Hab ich dir schon mal erzählt, dass ich in Amerika zur Schule gegangen bin?«
    »Was? Nein.«
    »Stimmt aber. Ein Jahr lang. Achte Klasse. Es war furchtbar.«
    »Die achte Klasse ist für jeden furchtbar«, entgegne ich.
    »Na, für mich war es noch schlimmer. Meine Eltern hatten sich gerade getrennt und meine Mum zog nach Kalifornien zurück. Ich war nicht mehr dort gewesen, seit ich ein kleines Kind war, bin aber mit ihr mitgezogen und wurde in diese grauenvolle staatliche Schule gesteckt.«
    »O nein.«
    Er stupst mich mit der Schulter an. »Die anderen Kids waren grausam. Sie haben sich über alles an mir lustig gemacht – meine Größe, meinen Akzent, meine Art, mich zu kleiden. Ich habe mir damals geschworen, ich würde niemals dahin zurückgehen.«
    »Aber amerikanische Mädchen lieben einen britischen Akzent.« Ich platze damit heraus, ohne nachzudenken, und hoffe dann inständig, dass er mein Erröten nicht bemerkt.
    St. Clair hebt einen Kiesel auf und wirft ihn in den Fluss. »Nicht in der Middle School, ganz bestimmt nicht. Besonders dann nicht, wenn ihn ein Typ hat, der ihnen gerade mal bis zu den Kniekehlen reicht.«
    Ich muss lachen.
    »Als das Jahr also rum war, suchten meine Eltern eine neue Schule für mich. Ich wollte nach London zurück, wo meine Kumpels waren, aber mein Vater bestand auf Paris, damit er ein Auge auf mich haben konnte. So bin ich in

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