Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
der School of America gelandet.«
»Wie oft fährst du denn zurück? Nach London?«
»Nicht so oft, wie ich gern würde. Ich habe immer noch Freunde in England. Und meine Großeltern – die Eltern meines Vaters – leben dort, also habe ich meine Ferien immer halb in London und halb in San Francisco verbra–«
»Deine Großeltern sind Engländer?«
»Mein Großvater ja, aber Grandmère ist Französin. Und meine anderen Großeltern sind natürlich Amerikaner.«
»Wow. Du bist wirklich ein Mischling.«
St. Clair lächelt. »Angeblich komme ich am meisten nach meinem englischen Großvater, aber das liegt nur an dem Akzent.«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Ich finde dich englischer als alles andere. Und du klingst nicht nur so, du siehst auch so aus.«
»Ach ja?« Er ist überrascht.
Ich lächle. »Ja, wegen dieser … käsigen Gesichtsfarbe. Das ist natürlich ganz und gar nicht negativ gemeint«, füge ich hinzu, als ich sein erschrockenes Gesicht bemerke. »Ehrlich.«
»Soso.« St. Clair sieht mich von der Seite an. »Jedenfalls konnte ich es letzten Sommer nicht ertragen, meinem Vater entgegenzutreten, also habe ich zum ersten Mal die ganzen Ferien bei meiner Mutter verbracht.«
»Und wie war das? Ich wette, jetzt ziehen dich die Mädchen nicht mehr mit deinem Akzent auf.«
Er lacht. »Nein, das nicht. Aber an meiner Größe kann ich nichts ändern. Ich werde immer klein bleiben.«
»Und ich werde immer ein Freak wie mein Dad sein. Alle sagen, ich komme nach ihm. Er ist irgendwie … ordentlich, so wie ich.«
Er scheint aufrichtig überrascht zu sein. »Was ist falsch daran, ordentlich zu sein? Ich wünschte, ich wäre etwas organisierter. Und, Anna, ich bin deinem Vater zwar nie begegnet, aber ich kann dir versichern, dass du ihm kein bisschen ähnlich bist.«
»Woher willst du das wissen?«
»Tja, erstens mal sieht er aus wie Ken nur ohne Barbie. Und du bist hübsch.«
Ich stolpere und falle auf den Gehweg.
»Alles in Ordnung?« Seine Augen sehen besorgt aus.
Ich wende den Blick ab, als er meine Hand nimmt und mir aufhilft. »Mir geht’s gut. Sehr gut!«, sage ich und wische mir den Kies von den Handflächen. O Gott, ich bin wirklich ein Freak.
»Du hast doch bestimmt gemerkt, wie Männer dich ansehen, oder?«, fährt er fort.
»Wenn sie mich ansehen, dann nur, weil ich mich ständig zum Affen mache.« Ich halte meine aufgeschürften Hände hoch.
»Der Typ da drüben checkt dich genau in diesem Moment ab.«
»Was?« Ich drehe mich um und entdecke einen jungen Mann mit langem, dunklem Haar, der mich anstarrt. »Warum guckt der mich an?«
»Wahrscheinlich gefällt ihm, was er sieht.«
Ich laufe rot an und er redet weiter. »In Paris ist es üblich, jemand Attraktives zur Kenntnis zu nehmen. Die Franzosen wenden nicht den Blick ab so wie es andere Kulturen tun. Ist dir das noch nicht aufgefallen?«
St. Clair hält mich für attraktiv. Er hat mich hübsch genannt.
»Ähm, nein«, antworte ich. »Ist mir noch nicht aufgefallen.«
»Dann mach mal die Augen auf.«
Aber ich schaue auf die kahlen Äste der Bäume, auf die Kinder mit ihren Ballons und auf die japanische Reisegruppe. Nur nicht auf ihn. Wir sind wieder vor Notre-Dame stehen geblieben. Ich zeige auf den vertrauten Stern und räuspere mich. »Möchtest du dir was wünschen?«
»Du als Erstes.« St. Clair beobachtet mich verwirrt, so als versuche er, etwas herauszubekommen. Er knabbert am Daumennagel.
Diesmal kann ich mich nicht wehren. Den ganzen Tag habe ich schon darüber nachgedacht. Über ihn. Über unser Geheimnis.
Ich wünsche mir, St. Clair würde noch einmal die Nacht mit mir verbringen .
Er stellt sich nach mir auf den kupfrig-bronzenen Stern und schließt die Augen. Mir fällt ein, dass sein Wunsch vermutlich seiner Mutter gilt, und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil sie mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen ist. Meine Gedanken gelten nur St. Clair.
Warum ist er bloß vergeben? Würden die Dinge anders liegen, wenn er mir vor Ellie begegnet wäre? Wäre alles anders, wenn seine Mom nicht krank wäre?
Er hat gesagt, ich sei hübsch, aber ich weiß nicht, ob das der ewig flirtende, sich mit allen gut verstehende St. Clair war oder ob das eine persönliche, vertrauliche Seite von ihm war. Sehe ich denselben St. Clair wie alle anderen? Nein. Das glaube ich nicht. Aber ich könnte unsere Freundschaft mit etwas anderem, etwas Stärkerem verwechseln, und zwar nur deshalb, weil ich es damit verwechseln möchte
Weitere Kostenlose Bücher