Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
für Französisch einen Aufsatz über mein Meerschweinchen zu schreiben. Sie trägt eine kurze Fußballhose und dazu einen Kaschmirpullover, und obwohl das total bescheuert aussieht, ist es auch irgendwie süß und passt zu Meredith. Außerdem macht sie Sit-ups. Nur so zum Spaß.
»Gut, aber das ist Präsens«, erklärt sie. »Du gibst Captain Jack ja nicht in diesem Moment Möhren zu fressen.«
»Oh. Klar.« Ich kritzle etwas hin, ohne einen Gedanken an Verben zu verschwenden. Stattdessen überlege ich, wie ich ganz beiläufig auf das Thema Étienne zu sprechen kommen kann.
»Lies es mir noch mal vor. Oh, am besten mit dieser komischen Stimme! Diesem falschen französischen Akzent, mit dem du letztens café crème bestellt hast, in dem neuen Café mit St. Clair.«
Meine schlechte französische Aussprache war zwar keine Absicht, aber diese Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen. »Weißt du, da ist etwas, ähm, das ich mich schon die ganze Zeit frage.« Ich bin mir bewusst, dass da ein Leuchtschild über meinem Kopf schwebt, auf dem das Offensichtliche – I CH! LIEBE! ÉTIENNE ! – aufblinkt, aber ich traue mich trotzdem. »Warum sind er und Ellie eigentlich noch zusammen? Ich meine, sie sehen sich doch kaum noch, oder?«
Mer hält mitten in einem Sit-up inne und … hat mich durchschaut. Sie weiß, dass ich auch in ihn verliebt bin.
Doch dann erkenne ich, wie sie um eine Antwort ringt, und mir wird klar, dass sie ebenso in dem Drama gefangen ist wie ich. Sie hat nicht einmal meinen sonderbaren Tonfall bemerkt. »Ja.« Sie lässt sich langsam auf den Boden zurücksinken. »Aber so einfach ist es nicht. Sie sind schon ewig zusammen. Sie sind fast so was wie ein altes Ehepaar. Außerdem sind sie beide echt … vorsichtig.«
»Vorsichtig?«
»Ja. Du weißt schon. St. Clair ist niemand, der für Unruhe sorgt. Und Ellie ist genauso. Sie hat so lange gebraucht, um sich für eine Uni zu entscheiden, und dann war es trotzdem eine, die nicht weit von hier entfernt ist. Ich meine, Parsons ist zwar eine renommierte Schule und so, aber Ellie hat sie ausgesucht, weil sie sie kannte. Sie wird jetzt ganz bestimmt nicht mit St. Clair Schluss machen, nicht solange seine Mutter Krebs hat. Und er ebenso wenig, er hat sicher Angst, noch jemanden zu verlieren. Auch wenn es keine gute Beziehung mehr ist.«
Ich drücke auf dem Klickknopf am Ende meines Kugelschreibers herum. Klickklickklickklick . »Also denkst du, dass sie unglücklich sind?«
Sie seufzt. »Nicht unglücklich, aber … auch nicht glücklich. Relativ glücklich, nehme ich an. Klingt das irgendwie logisch?«
Das tut es. Und es gefällt mir ganz und gar nicht. Klickklickklickklick .
Es bedeutet nämlich, dass ich ihm nichts sagen kann, weil ich sonst unsere Freundschaft aufs Spiel setze. Ich muss weiterhin so tun, als hätte sich nichts verändert, als würde ich für ihn nicht mehr empfinden als für Josh. Der sich – am nächsten Tag – zum x-ten Mal hintereinander aus unserer Geschichtsstunde ausklinkt. Er ist zwar körperlich anwesend, hat aber einen Comicroman, Craig Thompsons Good-bye, Chunky Rice , auf dem Schoß versteckt. Josh kritzelt etwas in das Skizzenbuch, das darunter liegt. Er macht sich Notizen, aber nicht über den Sturm auf die Bastille.
Josh und Rashmi haben sich beim Mittagessen wieder mal gestritten. Niemand macht sich mehr Sorgen, wenn Étienne nicht am Unterricht teilnimmt, aber Josh schwänzt beunruhigend oft. Hausaufgaben macht er überhaupt keine mehr. Und je mehr Rashmi ihn drängt, desto mehr entzieht er sich ihr.
Professeur Hansen schreitet vorn im Klassenzimmer auf und ab. Er ist ziemlich klein und trägt eine dicke Brille. Sein flaumiges Haar fliegt hoch, wenn er auf unsere Tische haut, weil er etwas besonders betonen will. Er bringt uns die schmutzigen Seiten der Geschichte bei und lässt uns keine Daten auswendig lernen. Ich kann gut verstehen, dass sich Étienne so sehr für das Fach interessiert, wenn er die letzten vier Jahre so einen Lehrer hatte.
Ich wünschte, ich könnte aufhören, alles mit Étienne in Verbindung zu bringen.
Ich lasse den Blick über die ein Jahr jüngeren Schüler um mich herum schweifen und stelle fest, dass nicht nur mir die Hormone zu schaffen machen. Emily Middlestone bückt sich, um einen heruntergefallenen Radiergummi aufzuheben, und Mike Reynard glotzt ihr auf die Brüste. Pfui. Zu blöd, dass sie auf seinen besten Freund, Dave, steht. Den Radiergummi hat sie absichtlich fallen lassen,
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