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Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch

Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch

Titel: Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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Keine Opernsängerin, aber es ist ja auch erst Nachmittag. Heute Abend wird sie wieder da sein. Bei dem Gedanken muss ich lächeln.
    Ich rufe St. Clair an. Er ist gestern Abend zurückgekommen. Das Wetter ist ziemlich warm für die Jahreszeit und er und Josh nutzen das aus. Sie sitzen auf der Treppe vom Panthéon und St. Clair sagt, ich soll auch kommen. Natürlich mache ich das.
    Ich weiß nicht, wieso, aber als ich unsere Straße entlangschlendere, werde ich plötzlich nervös. Warum zittere ich? Es waren doch nur zwei Wochen. Aber sehr merkwürdige zwei Wochen! St. Clair hat sich von diesem verwirrenden Etwas zu meinem engsten Freund verwandelt. Und ihm geht es genauso. Ich brauche ihn nicht zu fragen; ich weiß es, wie ich meinen Namen weiß.
    Ich schinde Zeit und gehe auf dem langen Weg zum Panthéon. Die Stadt ist so schön. Die prächtige Kirche Saint Étienne du Mont taucht vor mir auf und ich muss an St. Clairs Mutter denken, die Picknickessen eingepackt und Tauben gemalt hat. Ich versuche, ihn mir vorzustellen, wie er in einer Schuluniform für kleine Jungs, mit kurzer Hose und schorfigen Knien hier herumgerannt ist, doch es gelingt mir nicht. Ich sehe ihn immer nur so vor mir, wie ich ihn jetzt kenne – gelassen und selbstbewusst, die Hände in den Taschen und mit stolzem Gang. Die Art von Mensch, die von einem natürlichen Magnetfeld umgeben ist, zu der sich jeder hingezogen fühlt und von der jeder geblendet wird.
    Die Januarsonne blinzelt hervor und wärmt mir die Wangen. Zwei Männer, die etwas tragen, das man nur als Männerhandtaschen bezeichnen kann, bleiben stehen und schauen bewundernd in den Himmel. Eine herausgeputzte Frau mit Stöckelschuhen hält staunend inne. Ich gehe lächelnd an ihnen vorbei. Dann biege ich um eine weitere Ecke und mein Brustkorb zieht sich so eng, so schmerzhaft zusammen, dass ich keine Luft mehr kriege.
    Denn da ist er.
    Er ist in ein großformatiges Buch vertieft, nach vorn gebeugt und scheint nichts von dem mitzubekommen, was um ihn herum passiert. Ein leichter Wind zerzaust ihm das dunkle Haar und er kaut an den Fingernägeln. Josh sitzt etwa einen Meter von ihm entfernt, hat das schwarze Skizzenbuch aufgeschlagen und zeichnet etwas mit seinem Pinselstift. Mehrere andere Leute aalen sich im seltenen Sonnenschein, aber sobald ich sie bemerkt habe, habe ich sie auch schon wieder vergessen. Seinetwegen.
    Ich halte mich am Tisch eines Straßencafés fest, um nicht umzukippen. Die Gäste starren mich beunruhigt an, aber das ist mir egal. Alles dreht sich und ich schnappe nach Luft.
    Wie konnte ich nur so dumm sein?
    Wie konnte ich auch nur einen Moment lang annehmen, dass ich nicht in ihn verliebt bin?


    Kapitel einunddreißig
    I ch sehe ihn mir genau an. Er kaut am Nagel seines linken kleinen Fingers, also muss das Buch gut sein. Kleiner Finger bedeutet aufgeregt oder glücklich, Daumen bedeutet nachdenklich oder besorgt. Ich bin überrascht, dass ich die Bedeutung solch winziger Gesten kenne. Wie viel Aufmerksamkeit schenke ich ihm eigentlich?
    Zwei ältere Frauen in Pelzmänteln und passenden Hüten schlendern an mir vorbei. Eine von ihnen bleibt stehen und dreht sich zu mir um. Sie fragt mich etwas auf Französisch. Ich kann die Frage nicht eins zu eins übersetzen, aber ich verstehe, dass sie sich Sorgen macht, ob es mir gut geht. Ich nicke und bedanke mich. Sie wirft mir noch einen ängstlichen Blick zu, schlendert aber weiter.
    Ich kann nicht gehen. Was soll ich bloß sagen? Zwei Wochen lang haben wir jeden Tag miteinander telefoniert und jetzt, da er vor mir sitzt, weiß ich nicht, ob ich auch nur ein »Hallo« zustande bringe. Einer der Cafégäste steht auf, um mir zu helfen. Ich lasse den runden Tisch los und stolpere über die Straße. Meine Knie sind weich. Je näher ich ihm komme, desto überwältigter bin ich. Das Panthéon ist riesig. Die Treppe scheint ewig weit weg zu sein.
    Er blickt auf.
    Unsere Blicke treffen sich und ganz allmählich zeigt sich ein Lächeln auf seinem Gesicht. Mein Herz schlägt immer schneller. Gleich bin ich da. Er legt sein Buch ab und steht auf. Und dann kommt der Moment, in dem er meinen Namen ruft und in dem sich alles verändert.
    Er ist nicht mehr St. Clair, jedermanns Kumpel, jedermanns Freund.
    Er ist Étienne. Étienne, wie an dem Abend, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Er ist Étienne und er ist mein Freund.
    Er ist so viel mehr.
    Étienne. Meine Füße stolpern in drei Silben. É-ti-enne, É-ti-enne,

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