Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
Oder zum Mittagessen. Was immer es ist. Paris liegt unter einer mehrere Zentimeter hohen Schneedecke. Wann ist das passiert? Wie konnte ich den ersten Schneefall verschlafen? Ich muss mir die Hand über die Augen halten, weil das Licht so grell ist.
Zum Glück sitzt Rashmi allein an unserem Tisch, als ich in den Raum stolpere. Ich könnte jetzt niemand anderem gegenübertreten.
»Guten Morgen, meine Liebe.« Sie grinst wegen meiner nassen Haare und meiner verquollenen Augen.
»Ich verstehe nicht, wie die Leute glauben können, es würde Spaß machen, sich zu betrinken.«
»Gestern Abend beim Tanzen hattest du Spaß.«
»Zu blöd, dass ich mich nicht daran erinnern kann.«
Rashmi schiebt einen Teller mit trockenem Toast zu mir herüber. »Iss das. Und trink etwas Wasser, aber nicht zu viel. Sonst musst du dich noch mal übergeben.«
»Schon passiert.«
»Na, dann hast du ja einen guten Start erwischt.«
»Wo ist Josh?« Ich beiße ein kleines Stück Toast ab. Igitt. Ich habe überhaupt keinen Hunger.
»Wenn du das gegessen hast, fühlst du dich besser.« Sie nickt in Richtung Teller. »Er schläft noch. Wir verbringen nicht jede einzelne Minute miteinander, weißt du.«
»Ach ja, stimmt. Deshalb sind du und ich ja auch die ganze Zeit zusammen.«
Ups.
Rashmis bräunliche Haut läuft rot an. »Ich weiß, das wird ein Schock für dich sein, Anna, aber du bist nicht die Einzige mit Problemen. Josh und ich sind im Moment nicht gerade gut aufeinander zu sprechen.«
Ich mache mich ganz klein auf meinem Sitz. »Tut mir leid.«
Sie fummelt an ihrem Saftdeckel herum. »Vergiss es.«
»Was … Was ist denn los?« Ich muss sie kurz anstupsen, doch als sie erst mal angefangen hat, ist es, als wäre ein Damm gebrochen. Es stellt sich heraus, dass sie noch öfter streiten, als ich dachte. Darüber, dass Josh die Schule schwänzt. Darüber, dass sie ihn immer anstachelt. Rashmi glaubt, es macht ihm zu schaffen, dass sie nächstes Jahr die Schule verlässt und er nicht. Wir alle fangen an zu studieren, nur er nicht.
Daran habe ich noch gar nicht gedacht.
Außerdem regt sie sich über ihre jüngere Schwester Sanjita auf, die mit Amandas Clique abhängt, macht sich Sorgen um ihren Bruder Nikhil, der tyrannisiert wird, und ärgert sich über ihre Eltern, weil sie sie ständig mit ihrer älteren Schwester Leela vergleichen, die vor zwei Jahren Jahrgangsbeste an der School of America war. Und Mer ist zu sehr mir ihrem Soccer beschäftigt, um Zeit für sie zu haben, Étienne und ich kleben ständig aneinander und … sie hat ihre beste Freundin verloren.
Ellie hat sie immer noch nicht angerufen.
Und die ganze Zeit, während sie mir ihr Herz ausschüttet, schäme ich mich. Mir war nicht bewusst, dass sie niemanden zum Reden hat. Klar weiß ich, dass Ellie ihre beste Freundin war und dass sie nicht mehr da ist, aber irgendwie habe ich ausgeblendet, dass Rashmi dadurch niemanden mehr hat. Oder vielleicht dachte ich auch, Josh würde ihr reichen.
»Aber wir werden es schon irgendwie durchstehen«, sagt sie auf ihn bezogen. Sie bemüht sich, nicht zu weinen. »Das machen wir immer. Es ist bloß schwer.« Ich reiche ihr eine Serviette und sie putzt sich die Nase. »Danke.«
»Keine Ursache. Danke für den Toast.«
Sie lächelt schwach, aber das Lächeln verschwindet, als sie etwas hinter mir sieht. Ich drehe mich um und folge ihrem starren Blick.
Da ist er.
Sein Haar ist völlig zerzaust und er trägt sein Napoleon-Shirt, das ich noch nie so zerknittert gesehen habe. Er schlurft auf Monsieur Boutin zu und auf seinem Teller ist … trockener Toast. Er sieht aus, als hätte er eine Woche nicht geschlafen. Und trotzdem ist er schön. Mein Herz zerspringt. »Was sage ich bloß? Was soll ich ihm sagen?«
»Luft holen«, rät mir Rashmi. »Hol erst mal tief Luft.«
Ich kann nicht atmen. »Was, wenn er nicht mit mir reden will? Ich hab ihm schließlich gesagt, dass er nicht mehr mit mir reden soll.«
Sie greift über den Tisch und drückt mir die Hand. »Es ist alles okay. Und er kommt jetzt rüber, also lasse ich jetzt los. Sei ganz natürlich. Es ist alles okay.«
Klar. Es ist alles okay. Klar.
Quälend langsam nähert er sich unserem Tisch. Ich schließe die Augen. Ich habe schon Angst, dass er sich nicht zu uns setzen will, dass er wirklich nicht mehr mit mir reden wird, aber da höre ich schon, wie er das Tablett scheppernd absetzt – mir gegenüber. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal nicht
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