Herzklopfen für Anfänger
willst.«
»Hast du das gemacht? Hast du lange und gründlich nachgedacht, als Dad dir einen Antrag gemacht hat?«
»Ja«, sagte ich. »Ja.«
Ich blickte fest in die Augen des kleinen Mädchens, das damals in meinem Denken eine so große Rolle gespielt hatte. Was auch immer ich bedauern mochte, meine Beziehung zu dieser jungen Frau gehörte nicht dazu. »Hör zu, Morgan«, sagte ich, »ich möchte wirklich nicht darüber reden.«
Aber ich hatte kein Glück. Sie redete einfach weiter.
»Aber ihr seid doch nicht glücklich miteinander, oder?«, sagte sie und zog die Augenbrauen hoch. »Auf der einen Seite erklärst du mir, ich solle gut nachdenken, bevor ich Cody heirate – na gut. Aber auf der anderen Seite sagst du, dass ich wahrscheinlich in ein paar Jahren sowieso unglücklich bin. Du redest Unsinn, Mum!«
Sie hatte recht.
»Morgan«, versuchte ich es noch einmal. »So einfach ist das alles nicht. Manchmal musst du einfach akzeptieren, dass es nicht immer so geht, wie du es dir vorstellst. Manchmal wirst du dich fragen …«
»Und wieso hast du so etwas vor einem halben Jahr noch nicht gesagt? Das beweist doch nur, was ich gesagt habe, Mum. Es ist ernst, oder?« Sie blickte mich eindringlich an. »Willst du Dad verlassen?«
»Ihn verlassen? Wie kommst du denn darauf? Morgan, das ist doch lächerlich. Ich weiß nicht, was dich zu dieser Schlussfolgerung veranlasst hat, aber das ist Unsinn. Okay? Ich habe dir gesagt, dass da nichts läuft. Dein Vater und ich …«
»Aber du würdest es tun, oder? Ich meine, wenn es zum Äußersten käme. Vielleicht nicht für diesen Mann, aber …«
»Was soll das heißen: ›Wenn es zum Äußersten käme?‹ Du redest so, als ob ich nach meinem nächsten Ehemann Ausschau halten würde! Morgan, nur weil ich … nur weil ich ein bisschen durch den Wind bin im Moment, heißt das noch lange nicht …«
»Ich wusste es«, sagte sie kopfschüttelnd. »Es musste ja irgendwann passieren.« Sie zog ihre Serviette vom Schoß und stand auf. »Ich muss aufs Klo.«
Sie ging auf ihren schlanken Beinen zur Toilette, die ihr bewundernde Blicke eintrugen, und ich saß da und starrte blicklos auf meinen halb leeren Teller und wünschte mich meilenweit weg. Der Kellner kam mit dem Wasser und räumte unsere Teller ab. Was hatte ich eigentlich als Hauptgericht bestellt? Bei dem Gedanken ans Essen hätte ich mich beinahe übergeben. Aber das war noch gar nichts im Vergleich zu dem Gefühl, das ich gleich erleben würde. Oh nein.
Morgan kehrte zurück und trank den letzten Rest Wein. Sie hatte ihre Lippen nachgezogen, aber ihre Wangen waren gerötet und ihr Mund fest zusammengepresst. Sie wollte nichts mehr trinken. Das schien mir vernünftig. Sie war sowieso nicht mehr ganz nüchtern.
»Es ist so«, sagte sie. »Es ist so …« Sie rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her. »Also, du hast recht. Es geht mich nichts an, aber es ist so, ich weiß alles.«
»Was weißt du?«
Sie starrte auf die Tischdecke.
»Über dich und Dad. Über das, was passiert ist.«
Passiert? Was meinte sie denn damit?
Hastig fuhr sie fort: »Und ich weiß, wie schrecklich es gewesen sein muss, aber es hat nichts bedeutet. Wirklich nicht. Ich meine, ich weiß zwar, dass es lange gegangen ist. Und ich kann mir vorstellen, wie du dich gefühlt haben musst, aber es hat nicht bedeutet, dass er dich nicht liebt, weißt du. Es war nur eine Affäre, Mum. Nichts Besonderes. Eine Schwärmerei. Ja, genau, dieses Wort hat er benutzt. So etwas passiert eben. Und ich dachte immer – ich dachte immer, wie ich mich in so einer Situation fühlen würde und ob ich mich so verhalten könnte, wie du es getan hast. Ihm einfach verzeihen. Vertrauen. Die Ehe wieder in Ordnung zu bringen. Ihn immer noch zu lieben. Bei ihm zu bleiben. Alles das, was du mir eben gesagt hast. Darum geht es doch eigentlich, oder? Aber ich habe es nie geglaubt. Ich habe nie geglaubt, dass du bei ihm bleibst. Ich habe immer gedacht, dass der Tag kommen würde, an dem du – na ja. Ich meine, du bist viel jünger als er, und hübsch und klug. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich in dieser Situation reagieren würde.«
Der Wein hatte wahrscheinlich mein Denkvermögen beeinträchtigt, denn sonst hätte ich doch wahrscheinlich laut aufgeschrien oder so, aber stattdessen starrte ich sie nur an. Affäre. Affäre. Das Wort vor allem war mir haften geblieben. Auf einmal brach mir der Schweiß aus, so als hätte mein Gehirn endlich begriffen, was meine
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