Herzklopfen für Anfänger
Ohren gehört hatten. »Morgan, welche Situation?«
Sie lehnte sich ein wenig zurück, während der Kellner die Teller vor uns hinstellte. Ja, genau, das hatte ich bestellt. Ziegenkäse und Spargeltörtchen. Warum ausgerechnet das? Das Gericht sah aus, als hätte jemand Reste zusammengekratzt. Der Kellner ging. Mir war schwindlig.
Morgan ergriff ihr Besteck. »Mum, tu doch nicht so. Ich weiß über Constance Bescheid, okay? Daddy hat es mir erzählt. Ich meine, das brauchte er natürlich nicht, aber …«
»Du weißt es?«
»Ja«, sagte sie. »Ich wusste es die ganze Zeit, Mum. Na ja, also nicht die ganze Zeit natürlich, aber seit ich …« Sie verstummte. Und dann keuchte sie: »O Gott!«, und schlug sich die Hand vor den Mund. Bestürzt blickte sie mich an. Entsetzt. »Mum, um Himmels willen, du wusstest es nicht!«
Ich pikte mit dem Messer in den Matsch auf meinem Teller. »Du hast recht. Ich wusste es nicht«, sagte ich.
Und dann musste sie es mir erzählen.
Es war eine bemerkenswert kurze und unspektakuläre Geschichte. Constance Perkins schien eine halbwegs prominente Schauspielerin zu sein. Dass ich sie nicht kannte, lag wahrscheinlich daran, dass ich mir keine Vorabendserien im Fernsehen ansah. Anscheinend spielte sie im Moment die Inhaberin eines Friseursalons in einer Seifenoper, die in London spielte, und die meine Mutter sich, aus was für Gründen auch immer, bevorzugt ansah. Damals jedoch, denn das Ganze war vier Jahre her, hatte sie die Hauptrolle in einer Westend-Produktion, die zwar viele gute Kritiken bekommen, aber nur geringe Zuschauerquoten aufzuweisen hatte. Das war ungefähr um die Zeit, als Jonathan in die Praxis seines Kollegen eintrat.
Kurz darauf richtete er ihr die Zähne, und die Gute entlohnte ihn in Naturalien.
Die Sache war zweieinhalb Jahre gegangen. Ein einfaches Arrangement. Er traf sich montagsabends mit ihr – manchmal auch sonntags, wenn er in London arbeitete. Das war alles. Sie war nur seine Geliebte. Bis ihr das anscheinend nicht mehr reichte und sie ihn verlassen hatte, um ihren dritten Ehemann zu heiraten, den schmierigen Moderator einer zweitklassigen Quiz-Sendung. Und ich hatte nichts davon gewusst. Rein gar nichts.
Morgan war außer Atem, nachdem sie es mir erzählt hatte.
»Ich dachte, du wüsstest es«, schloss sie unglücklich. »Ich dachte wirklich, du wüsstest es.«
Möglicherweise lag es an meinem dritten Glas Wein, aber ich fühlte mich auf einmal merkwürdig distanziert. »Wie hast du es überhaupt herausgefunden?«, fragte ich.
»Ich habe sie gesehen.« Ich nickte. Sie war ein aufmerksames Mädchen. »Ich bin eines Abends nach der Arbeit bei ihm vorbeigegangen, und da stiegen sie gerade in sein Auto. Nichts Besonderes, aber es war mir ein bisschen zu gefühlvoll, weißt du?«
Sie zögerte. Errötete.
»Auf jeden Fall«, fuhr sie fort, »rief ich ihn am nächsten Tag in der Praxis an und fragte ihn, wer sie sei.« Sie lächelte ein wenig. »Er ist sogar ein noch schlechterer Lügner als du. Er stammelte ein bisschen herum, erzählte mir eine Menge Blödsinn, dass er ihr eine Krone angepasst habe oder so etwas in der Art. Ich habe ihm kein Wort geglaubt, aber es blieb mir nichts anderes übrig, als es zu akzeptieren. Da ich jedoch eine misstrauische Seele bin, behielt ich ihn im Auge. Ich habe damals am Cavendish Square gearbeitet, weißt du noch?«
Ich nickte. Ich hatte damals gedacht, wie nett es doch war, dass Jonathan – das arme, einsame Lämmchen in London – Morgan in der Nähe hatte. Sie konnten sich zum Mittagessen treffen. Sie konnten zusammen zu Abend essen. Wie nett, hatte ich gedacht. Dann brauchte er nicht allein zu sein. Der Mistkerl!
»Auf jeden Fall«, schloss Morgan, »sah ich sie ein paar Wochen später wieder zusammen. Und da hat er es zugegeben. Mehr gibt es nicht zu erzählen. Ich sagte, ich würde es dir nicht sagen, und er meinte, das würde er tun. Er hat immer behauptet, dass es nichts Ernstes sei, Mum. Er fühle sich nur sehr zu ihr hingezogen, und das Gefühl sei gegenseitig, und so sei es einfach passiert.«
Kurz dachte ich an mich und Nick und jenen Moment am Aufzug. Diese Dinge passierten nicht »einfach so«. Nicht, wenn man glücklich war.
»Und woher soll ich wissen, dass es nicht immer noch passiert?«, fragte ich. »Woher soll ich das wissen?«
„Nein, nein, Mum. Es ist schon lange vorbei. Ehrlich.«
»Wie kommt das?«, fragte ich.
Sie wirkte gequält. Wie war die zwanzigjährige Morgan bloß mit all
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