Herzklopfen für Anfänger
beschäftigte ich mich gerade, als das Geräusch eines Autos Kates Rückkehr von den Proben ankündigte. Als sie in die Küche kam, kramte ich gerade hektisch in meiner Tasche, um mein Handy zu suchen.
»Alles in Ordnung?«, fragte sie. Stirnrunzelnd zog sie ihr Sweatshirt aus. In der letzten Zeit schien sie ständig die Stirn zu runzeln.
»Ja, alles in Ordnung, Schatz.« Schuldbewusst zog ich die Hand aus der Tasche. »War die Probe gut? Geht es voran mit der Aufführung?«
Sie zuckte mit den Schultern und trat an den Kühlschrank. »So gut wie zu erwarten«, sagte sie ernst. »Die Hälfte der Darsteller bewegt sich so geschmeidig wie Stabheuschrecken.«
Sie schniefte hochmütig. Das konnte sie gut. Dann nahm sie eine Packung Orangensaft heraus und setzte sie an die Lippen.
»Möchtest du etwas essen?«, fragte ich. »Im Backofen ist eine Pastete, die ich …«
»Igitt, ich kann nichts essen, Mum. Ich habe absolut keinen Appetit.«
Sie rannte die Treppe hinauf, um in ihrem Zimmer ohne jeden Appetit ein Twix und eine Tüte Chips zu verzehren, und ich konnte endlich mein Handy aus der Tasche nehmen. Dann setzte ich mich auf die Gartenbank und schickte Nick Brown eine SMS.
Dnke für gstrn. Shr ntt. Und dnke wgn Mars. Wr atmbrbnd. Hte Ncht ist ncht vl ls. SM. P.S. Wie ght es dnr Rppe?
Dann schickte ich sie los. Das SMS gefiel mir besonders gut. Nicht so vertraut. Nicht zu anmaßend. Nicht zu …
»Bbbbbbssssswwwwwbbbbsssswwwbbbsss!«
Mein Klingelton hörte sich an wie eine wild gewordene Tsetsefliege. Anders wie ein Festnetzklingelton, sodass ich es auch mitbekam, wenn das Handy klingelte. Eine Art hohes, quietschendes Summen. So als ob ein kleines, geflügeltes Insekt in eine leere Blechdose geraten wäre und daraus zu entkommen versuchte. Ich hielt das Handy ans Ohr.
»Sally?«
Es war Nick Brown. »Oh«, sagte ich. »Oh.«
Im Hintergrund hörte ich Geräusche. »Ich habe gerade deine SMS bekommen«, sagte er. »Danke.«
»Oh«, sagte ich wieder. Es war mir gar nicht in den Sinn gekommen, dass er mich tatsächlich anrufen würde.
»Ich konnte sie allerdings kaum entziffern. Werden bei dir die Vokale unterdrückt oder was?«
»Äh«, sagte ich. Mir wurde plötzlich klar, dass es in meinem Alter vielleicht nicht mehr so klug war, von einer Sechzehnjährigen zu lernen, wie man SMS schreibt. »Äh nein«, antwortete ich. »Ich wollte mich nur kurz fassen.«
»Ach so«, sagte er. »Na ja. Die Rippe heilt, danke. Und deine Krise ist ausgestanden?«
»Ja, alles ausgestanden. Danke, dass du mich hast gehen lassen.«
»Kein Problem«, erwiderte er. »Gut. Jedenfalls, nett von dir zu hören.« Er schwieg. »Du fandst es also nicht schlimm?«
»Schlimm?«
»Dass ich dir die SMS geschickt habe. Ich war mir nicht sicher, ob es angebracht war, aber ich wollte unbedingt, dass du es siehst, deshalb dachte ich … und dann hast du aber nicht geantwortet, und ich dachte, ich hätte besser nicht …«
Angebracht. Wie meinte er das? »Nein, nein«, erwiderte ich beruhigend. »Es war überhaupt nicht schlimm. Ich bin sofort hinaus in den Garten gegangen und habe es mir angesehen. Und das sah großartig aus, nicht? Beinahe hätte ich dir auch eine SMS zurückgeschickt, aber dann …« Was dann? »… na ja. Nein, es war sehr nett von dir. Danke.«
»Aber bitte.« Er hustete. »Ich fand es ganz schön, dass ich das Erlebnis mit jemand anderem teilen konnte. Jedenfalls …«
»Jedenfalls?«
»Ich lege dann lieber auf.« Ich hörte Stimmen im Hintergrund. Wahrscheinlich war er in einer Bar oder einem Restaurant. So spät war es ja noch nicht. »Ich dachte nur, ich rufe dich schnell an und bedanke mich für deine SMS. Ist es draußen immer noch bewölkt?«
Oder er war in einer Höhle. »Ja, immer noch bewölkt. Aber ich sitze gerade im Garten. Ich sage dir Bescheid, wenn in kosmischer Hinsicht etwas passiert.«
Er lachte. »Das wäre nett.«
»Kein Problem«, erwiderte ich und suchte krampfhaft nach irgendetwas Interessantem, was ich sagen könnte, bevor er auflegte. »Ich werde besonderen Wert auf …«
»Ich bin froh, dass du die SMS geschickt hast, Sally«, sagte er plötzlich. »Ich wollte dich sowieso anrufen.«
»Ach ja?«
Ich wappnete mich. Er klang so ernst. Oh, oh. Ich trank einen großen Schluck.
»Ja«, fuhr er fort, »um mich zu entschuldigen.«
»Entschuldigen?«, fragte ich verwirrt. »Warum? Weswegen?«
Ich hörte, wie er einatmete. Was mochte er wohl meinen? Ich konnte es mir beim besten Willen
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