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Herzklopfen für Anfänger

Herzklopfen für Anfänger

Titel: Herzklopfen für Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Barrett-Lee
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nicht vorstellen.
    Er atmete wieder aus. Seine Stimme wurde leise. »Weil ich nicht gedacht habe, dass du verheiratet bist.«
    Was? Wie kam er denn darauf? »Tja«, sagte ich. »Nun ja, das bin ich.«
    »Ich meine … ich hätte es mir wahrscheinlich denken können. Warum sollst du nicht verheiratet sein? Aber ich bin einfach davon ausgegangen, dass du getrennt oder geschieden oder sonst was bist. Ich meine, du trägst keinen Ring.«
    Das war ihm aufgefallen? Darauf hatte er geachtet? Ich hielt das Handy ans andere Ohr und blickte auf meine Hand.
    »Nein«, sagte ich. »Ich habe ihn im Meer verloren. In Worthing. Vor etwa fünf Jahren. Und dann hat Jonathan …« Der Name fühlte sich auf einmal unangenehm auf meiner Zunge an. »Tja, mein Mann, also, er hat mir dann einen Memoire-Ring gekauft, doch der passte nicht, er war zu groß. Und ich wollte den natürlich nicht auch noch verlieren. Haha. Deshalb, na ja, ich wollte ihn enger machen lassen, aber du weißt ja, wie das ist, man kommt einfach nie dazu, und deshalb trage ich ihn am Mittelfinger, und … äh … ja. Du hast recht, ich bin verheiratet.«
    Wieder entstand eine Pause. Sollte ich noch etwas sagen? Aber was?
    »Ja«, sagte er. »Auf jeden Fall hoffe ich, dass du nicht denkst … ich meine, ich hoffe, ich habe dir nicht … ich meine, ich hoffe, du …«
    Dabei hatte ich eigentlich gedacht, dass Amerikaner wortgewandt seien. Ich trank noch einen Schluck Pimm’s.
    »Was hattest du gehofft?«
    »Du weißt schon. Dass du nicht beleidigt bist. Ich meine, es ist dir doch bestimmt aufgefallen, dass …« Erneut hielt er inne. Warum sagte er es nicht einfach? »Na ja, du weißt schon … aber wenn ich gewusst hätte, dass du verheiratet bist, dann hätte ich mich nicht so an dich herangemacht. Der Typ Mann bin ich nämlich eigentlich nicht.«
    »Augenblick«, sagte ich und fuhr mit der Zunge über meine Lippen, die plötzlich ganz trocken waren. »Du hast dich nicht an mich herangemacht. Nicht wirklich. Ich meine, ja schon, ein bisschen, aber nicht wirklich. Ich hatte zwar den Eindruck, dass du es gern getan hättest.« Ich wurde rot. »Das wäre auch in Ordnung gewesen, aber ich dachte … na ja, ich nahm an, du würdest es nicht tun, weil ich verheiratet bin.«
    Was hatte ich mir gedacht? Was in Gottes Namen dachte ich mir jetzt? Und was noch wichtiger war: Was dachte er, dass ich dachte?
    Warum hatte ich bloß gesagt: »Das wäre auch in Ordnung gewesen?«
    »Keineswegs«, sagte er. »Es war nur wegen meiner Situation und der Arbeit. Ich meine, es ist nicht wirklich angemessen für mich …«
    Wieder dieses Wort.
    »Ach nein?«, erwiderte ich und konnte es nicht verhindern, dass ich pikiert klang. »Du bist ja schließlich nicht mein Chef oder so.« Um Gottes willen, was redete ich bloß? »Nein«, fügte ich eilig hinzu. »Nicht deswegen. Es ist nur, ich dachte eben … Na ja.«
    »Ja.«
    »Genau.«
    Er hustete wieder. »Na, es ist ja kein Schaden entstanden.«
    »Nein«, stimmte ich ihm zu. »Es ist kein Schaden entstanden.«
    Kein Schaden entstanden? Kein Schaden entstanden? Das Gespräch nahm ein unbehagliches Ende.
    Mit zitternden Fingern drückte ich auf die Taste zum Beenden und stand auf, um wütend über den Rasen zu stampfen. Kein Schaden entstanden? Was dachte er sich bloß? Ich fühlte mich sehr beschädigt. Als ob ich aufgehoben, durchgeschüttelt und wieder weggeworfen worden wäre. In mir klirrte alles. Am liebsten hätte ich ihn sofort wieder angerufen, um ihm zu sagen, dass er recht hatte. Er hatte sich wirklich an mich herangemacht. Ja, das hatte er. Dieses Szenario war zwar die männliche Sicht der Dinge und Heranmachen der völlig falsche Ausdruck unter den besonderen Umständen. Schließlich hatten wir im Mondschein auf einer Sanddüne gesessen, über die Sterne geredet und das atemberaubende Erlebnis einer Sternschnuppe miteinander geteilt. Ich wusste aber nicht, welcher weibliche Ausdruck in diesem Zusammenhang besser gepasst hätte.
    Ich fühlte mich nämlich tatsächlich »angemacht«. Es war für mich sehr wichtig, dass er begriff, dass das Ganze keine Einbahnstraße war. In mir tobten alle möglichen Gefühle und Emotionen, weil er sich an mich herangemacht hatte. Kein einziges davon war angemessen, weil ich ihn ebenfalls sehr, sehr mochte. Ich hätte ihm am liebsten eine SMS geschickt, dass ich in jeder Minute des Tages an ihn dachte und wilde, unpassende Gedanken hegte: ihn zu küssen, mit ihm zu schlafen, mich in ihn zu

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