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Herzklopfen für Anfänger

Herzklopfen für Anfänger

Titel: Herzklopfen für Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Barrett-Lee
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Mum.«
    »Kate, ich bin beinahe zweiundvierzig. Aber mache ich deswegen schon Makramée? Nein. Du hast keine Eile. Du hast noch so viel Zeit, um die Freuden postalkoholischer Paranoia und Gewissensbisse zu erleben. Wo waren wir stehen geblieben? Noch ein Punkt. Du hast großes Glück, dass du eine verständnisvolle Mutter hast. Wäre dein Vater hier gewesen, wärst du tot.«
    Sie schlurfte ans Spülbecken und riss sich noch ein Blatt von der Küchenrolle ab.
    »Ich weiß«, murmelte sie. »Ich weiß, Mum, ehrlich.« Ihre Unterlippe bebte, und sie legte die Hand auf ihre Stirn. »O Gott, mir ist schon wieder schlecht.«
    Es gab noch Gerechtigkeit.
    Ach, Mist. Ich hatte nur noch fünfundvierzig – nein, vierzig – Minuten Zeit, um mich anzuziehen, mich zu schminken, meine Haare so zu frisieren, dass sie einigermaßen normal aussahen, und mich mit Nick Brown im Meridien zu treffen.
    Und in meinem Auto roch es nach Erbrochenem. Na, toll!
    Nachdem ich Kate in der Nacht zwei große Gläser Wasser aufgezwungen und sie ins Bett gebracht hatte, war ich wieder nach draußen gegangen, um mein Auto innen zu reinigen. Der Beifahrersitz, die Matte, der Fußraum, das Handschuhfach außen, die Tür von innen. Aber es roch immer noch säuerlich, und zwar so schlimm, dass ich die ganze Strecke über mit offenem Fenster fahren musste. Auf dem Parkplatz stellte ich dann fest, dass meine Haare völlig zerzaust waren. Ein schlechter Anfang für den Tag.
    Wenn ich mal in einem Fünf-Sterne-Hotel bin, kommt es mir immer so vor, dass die Foyers etwas Unwirkliches an sich haben. Auch dieses Hotel bildete keine Ausnahme. Ein hoch aufragendes Atrium, riesige Wasserflächen, Empfangsdamen mit Pferdeschwänzen und langen Fingernägeln, die mit irgendwelchen Dokumenten beschäftigt waren. Und es war sehr, sehr still. Obwohl Uhren die Zeit in zehn verschiedenen Ländern anzeigten, kam es mir so vor, als ob sie stehen geblieben wäre. Wenigstens lief eine vergnügte Familie mit einem fröhlichen Kleinkind herum. (Was! Urlauber in unserem grabesstillen Haus!) Aber es hielt lediglich den kleinen Finger ins Wasser und wurde durch einen Schnuller im Mund daran gehindert, vor Begeisterung laut zu quietschen. Deshalb wandten sich alle Köpfe mir zu, als ich atemlos in die Halle gestürmt kam.
    Nick Brown hatte mich zum Glück noch nicht bemerkt. Er saß in der hintersten Ecke auf einer Art Sofa und drückte Tasten seines Handys.
    Das war gut, denn so konnte ich einen Moment verschnaufen, und die Endorphine bändigen, die mich bei seinem Anblick überfluteten. So ganz war er natürlich nie aus meinen Gedanken verschwunden. Doch angesichts der traumatischen Erlebnisse der letzten vierundzwanzig Stunden überraschte es mich, wie überwältigt ich war.
    Lange blieb allerdings mein Erscheinen ihm nicht verborgen, denn ich trug völlig ungeeignetes Schuhwerk. Meine Riemchenpumps mochten auf dem neuen rosa Teppichboden von Drug-U-Like gut funktionieren, aber auf dem spiegelnden Marmorboden hallten meine Schritte laut.
    Er blickte mir entgegen. Mir wurden die Knie weich. Dann sprang er auf. »Du kommst zu spät«, sagte er lächelnd und begrüßte mich mit einem Kuss auf die Wange. Ach, du liebe Güte! »Schon wieder eine Familienkrise?«, fügte er fröhlich hinzu. Hoffentlich roch ich nicht nach Erbrochenem.
    »Äh, ja«, erwiderte ich. »Es tut mir schrecklich leid«, fügte ich hinzu und tat so, als müsste ich meinen rechten Ohrring befestigen, was es mir erlaubte, an meinem linken Ärmel zu riechen. »Meine Tochter … äh … sie macht gerade eine schwierige Phase durch. Sie schreibt heute eine Arbeit. Ach, das Übliche, weißt du.« Es stimmte nicht. Ihre nächste Arbeit war am Freitag, aber als Ausrede würde das schon durchgehen.
    »Da sagst du was«, erwiderte er, legte mir die Hand leicht auf den Rücken und dirigierte mich zum Restaurant. Er hob die Hand, in der er das Handy hielt. »Mein Sohn – Will – ich hatte gerade eine SMS von ihm. Er ist im ersten Jahr in Harvard.« Er strahlte, dann blickte er auf seine Armbanduhr. »Himmel, da ist es zwanzig nach drei. Der Junge sollte längst im Bett liegen. Wahrscheinlich kommt er auf seinen Vater. Na ja, wollen wir mal?«
    Nachsichtig lächelnd führte er mich zu einem dicken Mann mit einem arroganten Lächeln und einer schneeweißen Serviette über dem Arm, der uns zu einem Tisch in der hintersten Ecke des Restaurants geleitete. Es war ziemlich ruhig – ab und zu hustete jemand unterdrückt oder

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