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Herzklopfen für Anfänger

Herzklopfen für Anfänger

Titel: Herzklopfen für Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Barrett-Lee
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schon?«
    »Noch nicht lange. Wenn du denkst …«
    Sie rieb sich die Hände.
    »Oh, glaub mir, ich denke alles Mögliche. Aber so langsam macht alles Sinn. Kein Wunder, dass du so gereizt darauf reagiert hast, als ich ihn mir schnappen wollte.«
    Sie sagte das ohne jede Spitze. Sie grinste sogar.
    »Ruth, es war erst …«
    Sie wedelte mit der Hand.
    »Ach, vergiss es. Über diese Sache bin ich längst hinweg, das kannst du mir glauben. Erst vorgestern habe ich gedacht, wie attraktiv der neue Typ in – na ja. Wir werden sehen. Nein, das ist kein Problem. Du kannst ihn gern haben. Ich denke, du bist diejenige, die ein Problem hat. Oder auch nicht, kommt ganz auf deinen Standpunkt an. Wie seid ihr verblieben?«
    Sie nahm das Glas entgegen, das ich ihr reichte.
    »Ist es etwas Ernstes?«
    Was war das denn für eine Formulierung? Ja, natürlich war es etwas Ernstes. Es war so ernst, wie ein solches Ereignis nur sein konnte. Ich hatte nie mit einem anderen als Jonathan Sex gehabt. Und jetzt schon dreimal. Dreimal! Achtzehn Jahre lang war ich treu gewesen, und dann hatte ich dreimal innerhalb von vierundzwanzig Stunden mit einem anderen Mann geschlafen – zweimal sogar auf dem Fußboden! Genau. Was mir gerade passierte, war äußerst ernst.
    Ob das, was uns passierte, auch ernst war, wusste ich nicht. Ich hatte keinen Zollstock, um die Achterbahn der Gefühle auszumessen, die ich gerade erlebte. Ich hatte Verlangen nach ihm, begehrte ihn, und das erschreckte mich. Aber empfand ich so wegen Nick oder wegen mir? Wegen mir und Jonathan? Weil meine Menopause bevorstand? Weil ich keine Ahnung von Romantik hatte?
    Nein, er war es.
    Der Gedanke ließ mich frösteln, und ich schüttete mir noch einen Wein ein, bevor ich antwortete.
    »Ja«, sagte ich und setzte mich auch. »Es ist äußerst ernst. Ja, ich bin besessen, verliebt, überwältigt – so in etwa. Ja.«
    Ruth schob ihr Glas über den Tisch auf mich zu. Ich füllte es nur bis zur Hälfte, sie musste noch fahren.
    »Wahnsinn, Sally«, sagte sie lächelnd.
    Aber es gab nichts zu lächeln. Jeder perfekte Moment der letzten zweieinhalb Stunden war auf einmal getrübt von meinem Schuldgefühl.
    »Ja«, sagte ich.
    »Und?«
    »Und was?« Ich drückte meine Finger an die Schläfen. »Ich fühle mich schrecklich, so schrecklich wie noch nie. Ich weiß nicht, was ich tun soll, Ruth.«
    Ich war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
    Sie trank einen Schluck Wein und musterte mich aufmerksam. »Hm«, sagte sie. »Na ja, das hängt davon ab, was du von Seitensprüngen hältst, oder? Und offenbar hast du eine andere Einstellung dazu, als ich immer gedacht habe.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Was für eine Wendung. Ich habe wirklich geglaubt, du wärst glücklich verheiratet, Sal. Aber stimmt das überhaupt? Ich meine, lass jetzt mal die anglo-amerikanische Geschichte außen vor. Bist du glücklich verheiratet? Sei ehrlich. Liebst du Jonathan?«
    Seitensprünge. Noch so ein Hasswort. Ich schluckte.
    »Das ist es ja. Ich weiß es nicht. Ich kriege richtig Angst, wenn ich anfange, darüber nachzudenken. Weil irgendwie die Antwort auf der Hand liegt. Nein, ich liebe ihn nicht. Aber wie kann das sein? Kann man sich denn entlieben, ohne dass man es merkt?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Vermutlich genauso, wie du dich verlieben kannst. Es passiert einfach. Es trifft dich unerwartet.«
    Das Telefon klingelte. Es war der Zeltverleiher, der mich daran erinnerte, dass ich als Mutter versagt hatte. Er teilte mir mit, er sei in Horsham aufgehalten worden, und da es fast schon dunkel sei, habe es keinen Zweck mehr, noch vorbeizukommen. Wenn ich einverstanden sei, würde er stattdessen morgen kommen. Ich sagte, ja, es sei in Ordnung, schrieb Zeltverleiher, 19 Uhr 30 Hochzeit in Großbuchstaben auf einen leeren Umschlag und nahm ihn mit in die Küche. Ruth saß erwartungsvoll da. Sie wollte Details hören.
    »Und?«, sagte sie. »Es ist in Wales passiert, richtig? Da hat es gefunkt, oder? Seitdem warst du definitiv ein bisschen merkwürdig. Und in der letzten Zeit hast du so von innen gestrahlt.«
    »Nichts ist in Wales passiert«, sagte ich, besann mich aber sofort eines Besseren. Es hatte doch keinen Zweck, ihr etwas vorzumachen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das stimmt nicht. Da war es schon passiert. Nicht Sex. So nicht. Aber da ist mir auf einmal klar geworden, was ich für ihn empfinde. Es war, als ob ich vorher mit Scheuklappen durchs Leben gelaufen wäre. Es war nichts Bewusstes.

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