Herzklopfen in Virgin River (German Edition)
nicht getroffen. Annalee wich ins Schlafzimmer zurück, und Erin folgte ihr. Obwohl ihr selbst das Pfefferspray in den Augen brannte, bewegte sie sich auf die schreiende, blinde Annalee zu. Als sie nahe genug an ihr dran war, hielt sie die Dose ganz fest und zog sie Annalee so fest sie konnte über den Schädel.
Dann hörte sie ein lautes Krachen, und Annalee sackte zu Boden wie ein Stein. Ausgeknockt.
Erin schaute auf die Frau hinunter. Total bewusstlos, wenn nicht sogar tot, lief ihr, Mund und Augen ein bisschen geöffnet,ein kleiner roter Blutfaden aus der Nase. „Uih“, stieß Erin hervor.
„Erin! Erin, ist alles in Ordnung?“, rief ihre Schwester verzweifelt aus dem Nebenraum.
Eilig kehrte Erin zu Marcie zurück. „Ich muss dich ins Krankenhaus bringen.“
Marcie schüttelte den Kopf, unterdessen kullerten ihr Tränen über die Wangen.
„Gib mir das Telefon. Dann wähle ich 911 und achte darauf, dass die Frau da liegen bleibt.“
„Ich habe sie vielleicht umgebracht“, sagte Erin und griff nach dem Hörer. „Sie sieht ziemlich tot aus. Hör zu, ich schaffe dich ins Auto, und wir rufen von unterwegs aus Hilfe, die uns entgegenkommen soll.“
Wieder schüttelte Marcie den Kopf. Sie machte ein erschrockenes Gesicht. Der Schreck war gepaart mit Pein und Gewissensbissen. „Ich glaube nicht, dass wir es packen. Ich fühle mich wie … es fühlt sich an, als hätte ich Felsbrocken in meinem Becken. Ich fühle mich, als ob …“ Sie verstummte und starrte auf ihr Telefon. Und dann ließ sie plötzlich das Telefon sinken, da sie von einer Welle des Schmerzes erfasst wurde, und heulte laut auf.
Erin fiel neben ihr auf die Knie. „Marcie! Liebes! Sag mir, was ich tun soll!“
„Ich weiß nicht“, erwiderte sie atemlos. „Ich weiß es nicht …“
Erin hörte einen Motor und rannte zur Tür, wobei sie sich nicht sicher war, wen sie lieber sehen wollte. Sowie Aiden aus seinem Wagen sprang, schrie sie: „Aiden, beeil dich! Marcie!“
Er ging kurz zurück, um eine Tasche aus dem Kofferraum zu holen. Erst jetzt fiel Erin auf, dass er diese immer dabei hatte. Erin stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sie erkannte, dass es sich vermutlich um einen ärztlichen Notfallkoffer handelte. „Warum hast du mich denn nicht angerufen?“, fragte er, während er zur Haustür rannte.
„Annalee“, erklärte sie knapp. „Mit einem Gewehr.“
Er verharrte mitten in der Bewegung. „Wo ist sie jetzt? Weg?“ „So könnte man es auch sagen. Ich habe sie niedergeschlagen“, erklärte Erin. „Oder umgebracht. Ich habe ihr mit der Bärenpfefferspraydose eins übergezogen. Nachdem ich ihr das Zeug in die Augen gesprüht hatte. Sie liegt im Schlafzimmer.“
Aiden grinste plötzlich, aber er lief schnell weiter und küm-merte sich sofort um Marcie. Er kniete sich neben die Couch. „Hallo“, begrüßte er sie. „Immer sachte! Ich bin jetzt hier. Was ist los?“
Ängstlich schaute Marcie ihn an. „Er sollte nicht so auf die Welt kommen, Aiden, doch anscheinend hat er genau das vor.“ „Manchmal muss man mit dem klarkommen, was man hat, Kleine. Wie lange ist es her, dass die Fruchtblase geplatzt ist?“
„Eine halbe Stunde? Vierzig Minuten?“ Sie stöhnte, als eine weitere Kontraktion ihren Körper erschütterte. „Der Arzt hat gesagt, er wird sterben! Aiden, er wird sterben! Hol ihn bitte richtig herum heraus! Ich schaffe das schon – aber lass ihn bloß nicht …“
„Ruhig, ganz ruhig, er wird nicht sterben. Wir werden alles richtig machen – hol einfach tief Luft und versuche, die Nerven zu behalten. In der wievielten Woche bist du?“
„In der fünfunddreißigsten“, erwiderte sie.
„Gute Arbeit.“ Aiden stand auf und gab Erin zu verstehen, bei Marcie zu bleiben. „Stoppe die Zeit der Kontraktionen, und sie soll nicht pressen. Egal was passiert.“
Aiden war klar, dass er noch vieles vorbereiten musste, bevor er überhaupt die Möglichkeit hatte, einen näheren Blick auf die Patientin zu werfen. Es fing schon mal damit an, dass er wusste, dass dieses Kind, eine Steißgeburt, per Kaiserschnitt das Licht der Welt erblicken sollte. Und dass Marcie einen Blasensprung gehabt hatte – das Baby war gesunken und schon auf dem Weg nach draußen. Die blutigen Flecken in ihrer Hose und die starken Wehen sprachen dafür, dass eine Notgeburt bevorstand.Aiden öffnete seine Tasche und holte ein Paar Latexhandschuhe heraus, um sie sich überzustreifen. Er musste die Patientin untersuchen.
Mit
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