Herzklopfen in Virgin River (German Edition)
sehr ernst.“
„Der kleine Bruder und die Schwester?“, erkundigte er sich.
„Oh, sie sind inzwischen erwachsen, und es geht ihnen gut. Aber ich habe ein paar Mandanten mit ernst zu nehmenden steuerlichen Problemen. Oder andere in schwierigen Familienverhältnissen, die unbedingt Hilfe bei der Anlage ihres Geldes in Fonds und Immobilien benötigen. Es gibt zwar auch noch weitere Anwälte, Kanzleimitarbeiter und eine Heerschar von Rechtsanwaltsgehilfen, die mich unterstützen könnten, doch als einer der Partner kümmere ich mich um fast alles. Ich hatte schon lange keinen Urlaub mehr.“ Eigentlich so gut wie nie . „Diesen Urlaub musste ich bereits ein Jahr im Voraus planen und von langer Hand vorbereiten.“
„Weshalb hatten Sie nie Urlaub?“, fragte er.
„Sie wissen schon. Aus dem gleichen Grund, warum ich mich nur selten verabredete. Zu viel zu tun. Es hängen Menschen von mir ab.“
„Und Sie sind hier, weil Sie nicht so weit von Ihrer Schwester weg sein wollen, falls sie Sie braucht?“
„Natürlich“, sagte sie. „Es ist mein erster Neffe. Das erste Baby in der Familie. Und Marcie und ich stehen uns sehr nahe. Außerdem dachte ich, es wäre sehr entspannend da oben. Ich hatte nicht mit dem Bären gerechnet.“
„Er wird Sie hoffentlich nicht noch einmal belästigen“, meinte Aiden und streckte sich auf der Decke aus.
„Hoffentlich“, stieß sie seufzend aus und legte sich ebenfalls hin. „Aiden, sind Sie eigentlich in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen?“
„Hängt davon ab, wie Sie ärmlich definieren. Es wäre vielleicht passender ausgedrückt, wenn ich sagen würde, dass unser Budget sehr begrenzt war. Meine Mutter weiß tatsächlich, was es bedeutet, einen Dollar zwei Mal umdrehen zu müssen. Bei uns gab es ziemlich häufig Makkaroni mit Käse. Außerdem besaßen wir einen großen Garten, und meine Mutter hat vieles eingeweckt. Was sie nicht selbst angepflanzt hatte, kauftesie auf dem Bauernmarkt. Und die Frau war ein Suppengenie. Wir aßen so oft Suppe, dass ich inzwischen keine Eintöpfe mehr mag.“ Erin kicherte. „Colin war der Einzige in der Familie, der andauernd neue Kleider bekam, denn er wuchs schneller als Luke, obwohl er der Zweitgeborene war. Wir anderen kriegten nur dann neue Jeans, wenn unsere Hosen schon total verschlissen waren. Und ich – als dritter – war der Dumme. Die Sachen hielten immer lange genug für mich, doch wenn es Zeit wurde, sie an Sean oder Patrick weiterzuvererben, waren sie meistens zu abgetragen und mussten ersetzt werden. Das ist vermutlich der Grund, weshalb wir uns alle freiwillig zum Militärdienst gemeldet haben – wir hätten uns niemals das College leisten können. Obwohl …“
„Obwohl was?“
„Es gab ein paar Stipendien und finanzielle Hilfen. Meine Brüder Sean und Patrick besuchten Militärakademien – bei der Air Force und bei der Navy. Ich hatte ein Teilstipendium …“
„Und als Rettungssanitäter gearbeitet“, vervollständigte sie den Satz für ihn. „Und was ist das Wichtigste, das Sie als Rettungssanitäter gelernt haben?“
Er dachte einen Augenblick darüber nach. „Leg sie auf die Trage und dann lauf, lauf, lauf!“
Sie lachte, und er wandte sich zur Seite, um sie anzusehen. „Es stimmt. Es geht nur darum, jemanden so schnell wie möglich ins Krankenhaus zu bringen. Allerdings habe ich auch ein paar Notfallmaßnahmen gelernt – Wiederbelebung, wie man eine Blutung stoppt und solche Sachen.“ Aiden lächelte. „Was man bei einer Kopfwunde beachten sollte. Aber ein Rettungssanitäter ist normalerweise nicht so gut ausgebildet wie ein Rettungsassistent. Kommt jedoch darauf an, wo man arbeitet.“ Er drehte sich wieder auf den Rücken. „Und wie ist das mit Ihnen?“, hakte er nach.
„Ich habe keine Ahnung, wie man Blutungen stoppt …“, sagte sie und gähnte.
„Sind Sie in armen oder reichen Verhältnissen aufgewachsen?“
„Weder noch. Mittelschicht. Mein Vater hatte sogar ein bisschen was fürs College zurückgelegt. Wir hatten … Ich wollte sagen, wir haben ein Haus mit vier Schlafzimmern – für jeden ein eigenes Zimmer. Ich wohne immer noch dort. Das Haus ist nicht mehr neu, aber es wurde regelmäßig saniert, modernisiert und neu eingerichtet. Es ist sehr schön.“ Sie gähnte erneut. „Große Küche.“
Dann schwiegen sie eine Zeit lang, bis Erin fragte: „Aiden? Sind Sie eigentlich zum Abschlussball gegangen? Auf der Highschool?“
„Hm, das letzte Schuljahr. Ich hatte eine
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