Herzkurven
den Zettel in die Hand. »Das Witzige ist, dass Mum erzählt hat, dass schon mal irgend so ein Kerl da war und sich nach den Verwandten deiner Mutter erkundigt hat.«
Danny war es lieber, wenn die Bomben nicht alle gleichzeitig hochgingen. »Hat sie das? Wer war es?«
»Ein Fremder. Sie haben ihn an der Nase rumgeführt. Niemand hat ihm etwas Brauchbares erzählt.«
Ross war die einzige Person, die ihr einfiel, die jemanden losschicken würde, um Fragen über ihre Familie zu stellen. Warum? Weil er nicht wollte, dass sie allein war? Oder weil er einfacher weggehen konnte, wenn er wusste, dass Danny Verwandte hatte, an die sie sich wenden konnte? Sie glaubte das, was Ross darüber gesagt hatte, dass er sich auch für die Kinder verantwortlich fühlte, aber sie glaubte nicht, dass das auch sie einschloss. Er war eher zufällig nach Neuseeland gereist. Hätte jemand anders in seiner Familie die Reise antreten können, dann wäre er nicht hier gewesen. Danny wusste, dass die Kinder den Kontakt zu ihren amerikanischen Verwandten über das Telefon und über E-Mail halten würden, wenn er irgendwann ganz in die Staaten zurückging. Und vielleicht, wenn Matt und Mia einmal älter waren, würde Danny ihnen auch erlauben, in den Schulferien nach Amerika zu fliegen. Sobald Ross weg war, erwartete sie, nur noch von ihm zu hören, falls es ein Problem gab, weil das in seinen Aufgabenbereich als Problemlöser der Familie fiel.
Danny schaute auf den Zettel in ihrer Hand und wünschte sich, es wäre Ross gewesen, der ihn ihr gegeben hätte, weil sie sich dann hätte sicher sein können, dass die darauf enthaltene Information auch korrekt war. Ross würde nachprüfen und noch einmal nachprüfen, bevor er etwas sagte, das Danny Hoffnungen machen konnte. Sie schloss ihre Finger um das Papier. Sie konnte nur hoffen, dass Joe keinen Fehler gemacht hatte. »Bist du dir sicher, dass es die richtige Frau ist? Ich meine, was, wenn sie es nicht ist?«
Joe fragte sich, warum Frauen immer Probleme entdeckten, wo es gar keine gab. »Meine Mum hat deine Mum auf dem Foto erkannt. Sie kennt deine Nan. Wenn du mir nicht glaubst, ruf sie einfach an und finde es selbst raus!«
»Oh, Joe!« Danny drückte das Stück Papier fest an ihre Brust. »Wie kann ich dir nur danken?«
Er warf einen Blick auf den Ofen. »Kauf mir einen Lottoschein!«
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Kapitel 19
D annys Großmutter hieß Pania.
Ihr Großvater hieß Ted.
Sie hatte drei Onkel – Henare, Hemi und Tipene (oder Henry, James und Stephen, wenn man die englischen Namen bevorzugte). Den Jungs, wie ihre Mutter sie nannte, war es egal, wie man sie nannte. Sie reagierten genauso auf ihre Maori-Namen wie auf ihre englischen und dann noch auf ein paar Spitznamen, die Pania nicht verriet. Rose war Teds und Panias einzige Tochter gewesen.
Dannys Anruf bei ihrer Großmutter war unheimlich gewesen: Pania klang wie eine ältere Version ihrer Mutter. Als sie die Stimme hörte, bildete sich in Dannys Kehle ein Kloß. Pania hatte schließlich Mitleid mit Dannys sprachlosen Pausen und sagte: »Wir reden vernünftig, wenn ihr hier seid. Ihr bleibt doch die Woche über, oder?«
Danny räusperte sich. »Ich kann nicht. Ich muss am Montag arbeiten, und die Kinder müssen in die Schule.«
»Oh.« Pania klang enttäuscht. »Na gut, aber das nächste Mal kommt ihr dann für einen Monat.«
»Okay, wenn du das möchtest.«
»Wir würden uns freuen«, erklärte Pania bestimmt.
Sie verabredeten einen Besuch am nächsten Wochenende. Danny schrieb die Adresse und die Wegbeschreibung auf. »Dann bis Samstag.«
»Ja.«
»Ich lege jetzt auf.« Danny wollte nicht auflegen.
»Ja.«
»Also, tschüss.«
»Tschüss.«
Danny wartete darauf, dass Pania auflegte.
»Wie siehst du aus?«
Ihre Schultern sanken nach unten. Pania hoffte wahrscheinlich, dass sie aussah wie Rose. »Ich komme mehr nach meinem Vater als nach meiner Mutter, aber meine Augen sind braun … irgendwie.« Sie hatte die Verzweiflung in ihrer Stimme. »Du wirst vielleicht enttäuscht sein. Joes Mutter liegt womöglich falsch.«
»Kiri liegt nicht falsch.«
»Woher weißt du das?«
»Ist dir je aufgefallen, dass die Männer oder Frauen in einer Familie am Telefon alle ähnlich klingen?«
»Ja.«
»Du klingst genau wie Rose.«
*
Danny hinterließ eine Nachricht auf Ross’ Mailbox, dass sie am Wochenende mit den Kindern nach Rotorua fahren würde. Sie war ein einziges Nervenbündel. Als ihr Handy am Morgen, als sie gerade das Auto für
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