Herzkurven
Irrenhaus hier!
»Wir können uns keinen neuen Spülkasten leisten!« Mia tanzte den Flur in einem sauberen rosafarbenen Kleid auf und ab, das sich regelmäßig hob und ihren nackten Po freilegte. »Ich kenne alle ABBA -Lieder und habe zu ein paar davon Tänze erfunden.«
»Vielleicht kannst du sie mir später zeigen – im Moment solltest du lieber Unterwäsche anziehen.«
»Oh ja! Hab ich vergessen!« Sie sprang davon, und ihr nackter Po blitzte bei jedem Hüpfer unter dem flatternden Kleid hervor.
Ross richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Toilette. Er hasste es, Dinge so baufällig zu sehen. Er schaute Matt an. »Habt ihr Werkzeug?«
Als der Junge ihm Pats teuren Werkzeugkasten zeigte, lächelte Ross müde. Das war so typisch für seinen Bruder! Er besaß das teuerste und in manchen Fällen auch ausgefallenste Werkzeug, das man für Geld bekommen konnte, und dann war es unter einer Schicht Staub begraben – Staub, nicht Öl oder Schmutz. Ross brauchte nicht lange, um herauszufinden, dass die gesamte Toilette ausgetauscht werden musste.
Er rief Jeff an. »Gibt es eine Möglichkeit, dass du mir einen Klempner findest, der ein paar Stunden arbeiten kann?«
»Du verarschst mich! An einem Samstag? Kurzfristig?«
»Ich zahle ihm das Doppelte.«
*
Jeff fand einen Klempner – den Bruder von einem der Männer an der Krankenhausbaustelle. Er war ein riesiger Maori namens Joe.
»Kauf du den neuen Lokus, Kumpel, und ich fang an, den alten auszubauen«, wies er Ross an, nachdem er die Installation und den Zustand der Toilette überprüft hatte. »Diese Installation ist auch ziemlich alt, Bruder.«
Ross nickte. »Was ist ein Lokus?« Bei den einzigen Loci, die er kannte, handelte es sich um lateinische Ortsangaben.
»Ein Örtchen – ein Klo – eine Toilette.«
Ross war sich nicht sicher, ob er Joe in Dannys Haus allein lassen sollte. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was sie tun würde, wenn sie unerwartet nach Hause kam und feststellte, dass ein Fremder gerade ihre Toilette herausriss. Er war gerade dabei, mit den Kindern aus dem Haus zu gehen, als Matt vorschlug, dass Mia vorher noch einmal aufs Klo gehen sollte.
Sie bestand darauf, dass sie nicht musste. Ross bestand darauf, dass sie doch musste. Mia verschwand widerwillig, während Ross, Matt und Joe im Flur warteten. Joe erwähnte, dass er vier Kinder hatte und schon seit sechs Monaten wegen einer Rückenverletzung nicht arbeiten konnte. Ross las zwischen den Zeilen und nahm an, dass das Geld knapp war.
»Nichts gekommen!«, schrie Mia.
»Bleib länger sitzen!«, rief Ross zurück.
Schweigen.
»Nichts!«
» LÄNGER !«
Schließlich wurden sie mit dem Pinkelgeräusch belohnt, aber Ross’ Erleichterung war nur von kurzer Dauer.
»Das heißt gar nichts«, erklärte Matt. »Sie macht sich oft in die Hosen, zehn Minuten nachdem sie auf dem Topf war.«
Ross sah auf die Uhr. Es war erst elf. Er hatte noch Stunden der Folter vor sich.
Sie fuhren zu dem Badezimmerausstatter, den Joe ihnen empfohlen hatte, und Mia setzte sich auf jede Toilette.
»Du weißt, dass du sie nicht wirklich benutzen kannst, oder, Mia?«
Sie rollte die Augen. »Ich bin nicht dumm, Onkel Ross! Können wir die rosafarbene haben?«
Dann machten sie noch einen Ausflug auf die Toilette des Ladens, nachdem Mia es geschafft hatte, in eins der Ausstellungsstücke zu fallen, aus dem Ross sie herausfischen musste.
»Du setzt dich jetzt nicht mehr auf die verdammten Toiletten! Okay?«
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ja, Onkel Ross.«
Matt setzte seine missbilligende Miene auf.
Ross war durchaus nicht über Bestechung erhaben. »Wie wäre es mit einem Eis?«
»Ein Eis?« Die Tränen trockneten auf wundersame Weise. »Du meinst ein Eis am Stiel?«
»Wenn du willst.« Er nahm Mias Hand. »Hast du je über eine Schauspielerkarriere nachgedacht?«
Sie trottete neben ihm her. »Tante Danny sagt, ich gehöre nach Hollywood.«
Auf dem Weg zurück zu Dannys Haus beobachtete Ross die Kinder im Rückspiegel. Matt hatte seinen iPod aufgesetzt und schwebte in einer anderen Welt. Ross fand, dass er für einen elfjährigen Jungen erstaunlich reif war, ganz anders als Mia, die immer noch ein kleines Mädchen war. Ross hatte kein Interesse an Musik gehabt, bis er dreizehn wurde, und dann auch nur, weil es etwas war, worüber er mit den Mädchen reden konnte, die er plötzlich viel mehr bemerkte.
»Was hörst du da?«, wollte er wissen.
Matt nahm widerwillig die Kopfhörer
Weitere Kostenlose Bücher