Herzkurven
sehen, Ross. Du bist wirklich in die Haut der zwei Schwestern geschlüpft. Es gibt ein paar interessante Fotos von dir und einem Mädchen mit blauen Haaren auf der Party von Findlays«, fügte sie hinzu. Wenn Wanda die Fotos gesehen hatte, standen die Chancen gut, dass auch seine Mutter und Schwestern sie bald sehen würden. »Was hast du dir dabei gedacht? Ich konnte meinen Augen kaum trauen.«
Wanda hatte schon früher Seiten von Ross zu Gesicht bekommen, die er vor der Öffentlichkeit versteckte. Als ihr vierter Ehemann vor ein paar Jahren unerwartet gestorben war, hatte Ross Wanda durch die schwierigen Tage danach begleitet. Louis war die Liebe ihres Lebens gewesen, der einzige ihrer Ehemänner, mit dem sie wirklich glücklich gewesen war.
»Ich habe überhaupt nicht gedacht. Wenn ich mit Danny zusammen bin, denke ich nicht, ich reagiere nur.«
»Ah.« Wanda wechselte taktvoll das Thema. »Vergiss nicht, dass du Ende November für die Werbetour für
John Doe
und die Premiere hierher zurückkommen musst.«
Endlose Tage voller Interviews in verschiedenen Städten entsprachen nicht gerade Ross’ Vorstellung von Spaß, aber er konnte dem nicht entgehen. Wanda hatte auch Auftritte bei Oprah und David Letterman erwähnt. Er hätte seine Zeit viel lieber damit verbracht, mit Danny zu diskutieren und das Hausdach zu reparieren. Ross machte sich Sorgen, dass er alle Fortschritte, die er gemacht hatte, wieder aufgeben würde, wenn er zu lange verschwand. Aber letztendlich rief er seine Eltern an und informierte sie, dass er nach Hause kommen würde.
»Ich habe diese Fotos in den Zeitschriften gesehen«, sagte Vito. »Auf einem davon habt ihr euch scheinbar prima verstanden – auf dem anderen nicht so sehr. Ist es jetzt besser, wo du in das Haus gezogen bist?«
»Ich reiße gerade das Bad heraus.«
»Gut! Gut! Ich habe deiner Mutter erzählt, dass du alles in Ordnung bringen würdest. Sie ist ein hübsches Mädchen, Ross.«
»Ja«, stimmte er vorsichtig zu.
»Ich konnte es auf diesen Fotos sehen, die du deiner Mutter und mir geschickt hast.«
»Die Fotos, die ich euch geschickt habe, sind von Daniella, der Mutter der Kinder.«
»Das weiß ich, aber es sind passende Zwillinge, oder? Wie Annie und Aoife?« Vito nannte Zwillinge nie eineiig, sondern immer
passend
.
»Ja, aber …«
»Also hat man beide gesehen, wenn man eine gesehen hat. Ja, sie ist ein hübsches Mädchen«, wiederholte Vito. »Blond, wie deine Mutter.«
Nein, im Moment
blau
.
»Deine Mutter will mit dir reden.«
Mit einem Klappern wurde der Telefonhörer abgelegt, und Ross hörte, wie seine Eltern kurz diskutierten.
»Sie ist ein süßes kleines Mädchen, oder, Ross?«, fragte Breda. »Ich habe gerade zu deinem Vater gesagt, als wir die Fotos angeschaut haben: ›Vito, das ist ein süßes kleines Mädchen‹, habe ich gesagt.«
Ross drückte sich Daumen und Zeigefinger auf die Augen. »Wer?«
»Natürlich die kleine Mia«, antwortete Breda unschuldig. »Wen sonst könnte ich meinen?«
Seine Mutter war nicht im Geringsten unschuldig. In einem anderen Leben wäre sie das kriminelle Superhirn einer Gang von Bankräubern geworden.
»Es war eine gute Idee, bei Danny einzuziehen.«
»Ich bin bei Danny und den Kindern eingezogen.«
»Ist sie auch eine Hebamme, Ross?«
»Wer? Mia?«
»Sei mal nicht so frech, wenn du mit deiner Mutter redest! Du wirst mich nicht ewig haben, weißt du.«
Wenn Petrus auch nur ein wenig Verstand besaß, würde er die Himmelspforten in dem Moment schließen, in dem ihm zu Ohren kam, dass Breda Fabello das Zeitliche gesegnet hatte.
*
»Bist du Hebamme?«, fragte er Danny.
»Nein. Warum?«, entgegnete sie. »Bist du schwanger?«
Danny schien mit dem neuen Job ziemlich beschäftigt zu sein. Ein barsch klingender Kerl namens John und ein glatt und ölig klingender Trottel, der Lance Ashburn sein musste, riefen sie manchmal zu Hause an.
»Du solltest dich vor Lance Ashburn in Acht nehmen«, riet Ross ihr.
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Warum?«
»Ihm eilt ein gewisser Ruf voraus.«
»Welcher denn?«
»Frag Christine!«, antwortete Ross angespannt.
»Vielleicht tue ich das. Oder ich frage Lance.«
Ross hätte sich am liebsten in den Hintern getreten, weil er so ein Idiot gewesen war. Wann hatte Danny je auf das gehört, was er sagte? Es war vielmehr ein sicherer Weg, sie in die andere Richtung zu treiben. Später am Nachmittag, als er und Joe über das Dach kletterten, um sich ein Bild vom
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