Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
kaufen.«
»Hallo, Tante Finchen.« Johanna ging ein bisschen in die Knie, um ihre Tante auf die Wangen zu küssen. »Wir fahren mit dem Bus an die Schlei und nicht nach Monte Carlo ins Casino. Ich glaube, du bist eher etwas overdressed. Aber du kannst es dir leisten. Geht es dir so gut, wie du aussiehst?«
»Lenk nicht ab.« Finchen trug sogar grüne Ohrringe. »Ich habe es dir doch gesagt. Das ist nicht irgendeine Busfahrt, sondern eine Art Geschäftstreffen. Es gibt Vorträge und Besichtigungen und der Kreis der Teilnehmer ist gründlich ausgewählt und sehr erlesen.«
»Dein Wort in Gottes Ohr.« Johanna legte den Riemen ihrer Reisetasche über die Schulter und drehte sich zur Treppe. »Wir haben noch zwei Stunden Zeit, bis der Bus fährt. Gehen wir jetzt frühstücken?«
Johanna stand schon auf der zweiten Stufe, musste sichaber umdrehen, weil Finchen einfach stehen geblieben war. »Was ist denn?«
Mit zusammengepressten Lippen feuerte Josefine Jäger böse Blicke auf ihre Nichte, die seufzend zurückkam und die Tasche wieder absetzte.
»Also?«
»Johanna, du hast mir die Frage nach der entsprechenden Kleidung nicht beantwortet. Ich setze mich nicht mit dir in den Bus, wenn du das ganze Wochenende wie eine Dauercamperin aus Klein Kleckersdorf herumläufst. Ich will mich nicht blamieren. Ich habe dich als meine Begleiterin eingesetzt, da kann ich doch wohl eine gewisse Kleiderordnung erwarten. Was hast du eingepackt?«
Johanna riss sich zusammen, um nicht zu sagen, was sie gerade dachte, und bemühte sich um einen freundlichen Ton. »Jeans, eine helle Hose, T-Shirts und zwei Strickjacken. Finchen, ich bin übrigens vierzig.«
»Umso schlimmer.« Ihre Tante kam jetzt in Form. »In der Nähe vom Bahnhof gibt es eine sehr schöne Boutique, da gehen wir beide jetzt hin und du probierst einen Hosenanzug oder was anderes Schickes an. Und wenn du mir diesen Gefallen nicht tun willst, dann …«
In diesem Moment hörte Johanna ihren Handyton, der eine eingegangene SMS meldete. Ohne ihren Blick von Finchens entschlossenem Gesicht abzuwenden, zog sie das Handy aus der Tasche und las die Mitteilung.
»Guten Morgen, J., stell dich besser unter einem anderen Namen vor, nicht dass dich jemand aus dem Radio erkennt. Denk dran, dass du nur deine Tante begleitest. Mach am besten, was sie will. Pass auf dich auf, lG Max.«
Johanna schob das Telefon langsam in ihre Jackentasche und schloss für einen Moment die Augen.
»Ich halte das für völlig albern, Finchen. Wo ist denn eigentlich dein Gepäck?«
Finchen sah sie neugierig an. »Wer war das?«
Mit hochgezogenen Augenbrauen hielt Johanna ihrem Blick stand. »Daniel. Er wünscht eine schöne Reise. Und? Dein Gepäck?«
»Im Schließfach am Busbahnhof. Der Taxifahrer war so nett, es für mich da einzuschließen. Ich kann es doch nicht durch die Gegend schleppen, wenn ich dich auch noch abholen muss. Und jetzt gehen wir in die Boutique. Du hast ja nur diese kleine Tasche.«
Johanna dachte an die Reportage und atmete tief durch.
»Eine Stunde, Tante Finchen, hörst du? Höchstens eine Stunde. Wenn wir nichts finden, dann lässt du mich in Ruhe. Ich will noch frühstücken, bevor ich in den Bus steige, wo mit ziemlicher Sicherheit niemand so angezogen ist wie du. Wir können wetten: Es gibt mindestens zehn beigefarbene Windjacken.«
»Unsinn.« Mit schräg gelegtem Kopf und sehr viel Charme lächelte Finchen ihre Nichte an. »Du hast doch den Brief von Dr. von Alsterstätten gelesen. Hast du den eigentlich dabei? Falls ihn jemand von der Reiseleitung sehen will.«
Johanna nickte.
»Gut«, sagte Finchen. »Dann solltest du ja alles wissen. Es ist eine sehr exklusive Gruppe, die sich gleich trifft, und du tust so, als gingen wir auf Butterfahrt. Du wirst staunen, Liebes, und du wirst mir dankbar sein, dass ich dich nicht in diesen Lotterklamotten aufs gesellschaftliche Parkett lasse. Komm, wir gehen.«
Mit triumphierendem Gesichtsausdruck und einer eleganten Tüte am Arm verließ Finchen eine halbe Stunde später höchst erfolgreich den Laden. Johanna hatte ihr die Tür aufgehalten und folgte ihr langsam. Sie hatte tatsächlich einen traumhaften braunen Hosenanzug gefunden. Eigentlich hatte Finchen ihn entdeckt. Sie war hoch konzentriert an den Kleiderstangen entlanggeschritten, hatte Bügel hin und her geschoben, Stoffe befühlt, plötzlich diesen Anzug gesehen, ihn Johanna in die Umkleidekabine gebracht und gesagt: »Das ist er. Der passt auch zu deinem Haar.
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