Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
könntet doch dem Veranstalter auch sagen, dass er euch in Kiel oder in Schleswig abholen soll, das liegt doch auf dem Weg.«
»Die Idee ist nicht gut.« Walter sah Inge fast mitleidig an. »Alle steigen doch in Bremen in den Bus und können sich dann fast vier Stunden lang kennenlernen. Da werden bereits die ersten Kontakte und Verbindungen geknüpft. Und jetzt stell dir doch mal vor, dass wir die Einzigen sind, die erst kurz vor dem Ziel dazusteigen. Wir sind dann Außenseiter, Inge, wir kommen überhaupt nicht mehr in den inneren Kreis.«
»Innerer Kreis.« Inge tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Du hast einen Vogel. Aber gut, ihr seid alt genug. Beschwer dich nur nicht, wenn wieder alles schiefgeht.«
»Was soll denn alles schiefgehen?« Heinz verschränkte entrüstet die Arme vor der Brust. »Wir machen einen kleinen, exklusiven Ausflug an die Schlei, für den wir noch nicht einmal etwas bezahlen müssen. Das ist alles. Du bist ja nur neidisch.«
Inge blickte erst ihren Bruder, dann ihren Mann resigniert an. »Wir werden sehen. Ich denke mir mit Charlotte schon mal einen Wetteinsatz aus. Und jetzt kommt, Kaffee trinken.«
I nge und Charlotte sahen dem Autozug so lange nach, bis er endgültig verschwunden war.
»So.« Charlotte drehte sich zu Inge. »Dann wollen wir mal hoffen, dass alles gut geht. Auch, wenn ich mir das nicht vorstellen kann. Wenn die beiden zusammen unterwegs sind, befeuern sie sich mit ihren kruden Ideen immer gegenseitig.«
Inge steckte ihre Hände in die Manteltasche und lächelte. »Da müssen die anderen Gewinner durch. Aus diesem exklusiven Kreis. Übrigens, wenn ich noch einmal das Wort ›exklusiv‹ höre, fange ich an zu schreien. Walter hat sich dermaßen in seine Vorstellung reingesteigert, der sieht lauter Landadelige in diesem Bus sitzen. Er hat seinen dunkelblauen Clubblazer eingepackt, zwei Anzüge und drei weiße Oberhemden. Und ein Paar schwarze Abendschuhe. Die hat er vor fünfzehn Jahren zuletzt getragen. Darin kann er überhaupt nicht mehr laufen.«
»Heinz wollte auch nur gepflegte Garderobe. Genau so hat er sich ausgedrückt. ›Gepflegte Garderobe‹. Das fasst man doch nicht. Dabei ist Heinz doch so farbenblind. Ich muss ihm ja immer Schildchen schreiben, welches Hemd zu welcher Hose, zu welcher Jacke und welchen Socken. Viermal musste ich den Koffer wieder umpacken, weil der Herr es sich anders überlegt hat.«
Langsam setzten sich die beiden in Bewegung und gingen in Richtung Parkplatz, wo Charlottes Auto stand.
Walter hatte darauf bestanden, mit seinem Wagen nach Bremen zu fahren. Schließlich war das ein Mercedes und theoretisch könne es ja passieren, dass man bei der Anoder Abfahrt auf einen anderen Teilnehmer der exklusiven Seniorentour treffe, hatte er gesagt. Da sei man doch mit dem Mercedes auf der sicheren Seite. Heinz war nur einen kleinen Moment beleidigt gewesen, dann überwog die Erleichterung darüber, dass sein garagengepflegter Golf doch nicht drei Tage in einem fremden Parkhaus stehen musste, sondern sicher auf der Insel bleiben konnte.
»Wollen wir zur Feier des Tages zum Essen in die ›Sturmhaube‹ fahren?«, fragte Charlotte, während sie sich anschnallte. »Unsere Männer leisten sich sogar ein Hotel, da können wir uns doch auch was gönnen.«
Inge nickte sofort. »Feine Idee«, sagte sie. »Und ich lade dich ein. Immerhin bin ich die Gattin des Preisträgers. Er hat Heinz als Begleitperson mitgeschleppt, dann ist doch locker eine kleine Scholle für dich drin. Fahr los, Charlotte, wir machen es uns schön.«
Der Autozug fuhr ratternd über den Hindenburgdamm. Walter kontrollierte zum wiederholten Mal die Handbremse, um sich davon zu überzeugen, dass sie wirklich fest angezogen war. Sie standen hinter einem Porsche. Seine Nichte Christine hatte vor einigen Jahren die Handbremse in ihrem Polo nicht angezogen, und bei der Anfahrt des Autozuges war der auf den vor ihr stehenden Wagen gerollt. Auch ein Porsche, über 7000 Euro Schaden. Ihr Vater Heinz hatte sich über so viel Unachtsamkeit damals kaum beruhigen können.
»Ist die Handbremse fest?«, fragte Heinz jetzt. »Christine ist ja mal einem Porsche …«
»Ich weiß«, unterbrach ihn Walter. »Ich habe gerade daran gedacht. Willst du ein Schnittchen? Inge hat genug gemacht. Ich finde, Reisen macht immer so hungrig.«
»Wir sind doch noch nicht einmal eine halbe Stunde unterwegs.« Heinz versuchte, seine Rückenlehne etwas zurückzustellen, fand aber den Hebel nicht.
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